Die Chorknaben
vor dem Sergeanten der Jugendabteilung erschien und behauptete, ein gutaussehender junger Mann hätte ihn in die Büsche gezerrt und gezwungen, oral mit ihm zu verkehren, und dann hatte er dieselbe Handlung an ihm, Alexander Blaney, vorgenommen. Als der Junge mit seinem Bericht fertig war, fragte ihn der Sergeant: »War das das erste Mal, Alexander?« Und Alexander Blaney begann zu weinen und sagte ja und verlangte, daß die Polizei den jungen Mann verhafte; aber er wußte seinen Namen nicht. Der Sergeant kaufte Alexander ein Es, als er ihn zum Ausgang brachte und sagte ihm, er würde mit seinen Eltern sprechen.
Als der Junge weg war, sagte der Sergeant: »Tja, jetzt ist Alexander also endlich aus dem Ei geschlüpft. Aber jetzt werden wir ihn hier nicht mehr zu sehen bekommen.« Und der Sergeant sollte recht behalten. Alexander Blaney war auf den Geschmack gekommen und wurde auch prompt von einem Klassenkameraden blutig geschlagen, mit dem er bis dahin eng befreundet gewesen war, dem er aber dann eines Tages dummerweise einen Antrag machte.
Alexander, der sowieso schon immer ein sensibler, nervöser junger Bursche gewesen war, wurde nun noch dünner. Außerdem litt er an Schlaflosigkeit und verbrachte viele tränenreiche Abende mit seiner Mutter und seinem Vater, wobei er immer wieder jammerte: »Aber ich weiß wirklich nicht, warum ich schwul bin. Ich bin es einfach.« Seine Mutter weinte, und sein Vater flehte ihn an, nicht zu sein, was zu sein er nun einmal nicht umhin konnte. Schließlich wurde Alexander nach zahlreichen homosexuellen Begegnungen, die hauptsächlich im MacArthur Park stattfanden und den Jungen erschreckten, erregten, demütigten und verwirrten, von einem Beamten der Rampart-Division verhaftet. Der Polizist erinnerte Alexander Blaney etwas an den ersten jungen Mann, den er damals noch bei der Polizei angezeigt hatte, weil er ihn gegen seinen Willen in die Büsche gezerrt hatte. Der Polizist war groß und gepflegt, und Alexander, der nicht wußte, daß der Mann von der Sitte war, konnte kaum das Zittern seiner Stimme unter Kontrolle halten, als sich ihre Blicke trafen. Sie saßen nicht weit voneinander entfernt im Gras. Alexander Blaney fütterte die Enten mit Popcorn. Er kannte einige davon so gut, daß er sie voneinander unterscheiden konnte.
Der Polizist war nicht sonderlich scharf darauf, Schwule einzusacken, und war deshalb darauf erpicht, daß Alexander Blaney sein Angebot möglichst rasch machte, damit er ihn verhaften und dann in eine seiner Lieblingsbars gehen konnte, wo er für den Rest des Tages Billard spielen wollte.
Als deshalb Alexander schüchtern anfing: »Man trifft ja nicht allzuviele Leute hier«, antwortete der Polizist kurz angebunden: »Willst du nun was, oder nicht?« Und Alexander, durch die Direktheit des jungen Mannes etwas aus der Fassung gebracht, wollte schon fast sagen: »Nein, ich will nichts.« Aber andererseits lag ihm viel an diesem jungen Mann, der einen so anständigen und gepflegten Eindruck machte.
Also antwortete Alexander: »Wir könnten uns ja gemeinsam einen Film ansehen, damit wir uns näher kennenlernen.« Der Mann von der Sitte seufzte ungeduldig und wollte wissen: »Ich will nur wissen, ob du lutschst oder nicht.« Alexander war zum Heulen zumute, weil dieser Mann keinen Deut besser sein würde als die meisten anderen. Aber er antwortete mit aufgesetzter Arroganz: »Ja, ich mache das. Wenn das alles ist, was du willst. Ich schätze schon, daß ich das machen kann.« Daraufhin pfiff der Polizist seinem Partner, der sich hinter ein paar Bäumen versteckt hatte, und zeigte Alexander Blaney sein Dienstabzeichen. Als Alexander schluchzend seinen Kopf senkte, wandte er sich angewidert ab.
Später schrieb der Beamte in seinen Bericht: »Der Angeklagte erklärte: ›Ich werde dich lutschen oder tun, was du sonst willst. Ich schätze schon, daß ich das machen kann.‹« Alexander wurde eines geringfügigen Vergehens für schuldig befunden und verurteilt, womit er vorbestraft war. Was ihn jedoch wirklich getroffen hatte, und was er nicht vergessen konnte, war die Tatsache, daß es dem Polizisten, der ihn verhaftet hatte, völlig gleichgültig zu sein schien, was mit ihm geschah. Hätte der Beamte Homosexuelle gehaßt und ihn verprügelt, hätte Alexander das erträglicher gefunden. Aber so war er in den Augen dieses Polizisten einfach ein Nichts. Vor Gericht schien ihn der Beamte nicht zu erkennen, und als der Staatsanwalt ihn fragte, ob er gegen eine
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