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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Salami, Roastbeef und Truthahn, ganz zu schweigen von Kartoffelsalat, Bohnensalat, Brötchen und verschiedenen Saucen und anderen Zutaten.
    Seltsamerweise kam Alexander Blaney trotz der Erniedrigung, die seine Verhaftung für ihn bedeutet hatte, oder vielleicht auch gerade deswegen und aufgrund des überwältigenden Schuldgefühls, das sie in ihm hervorgerufen hatte, immer wieder in den MacArthur Park zurück, um von nun an homosexuellen Kontakt regelrecht zu suchen. Seit er von der Existenz der Sittenpolizei, der Gerichte und der unpersönlichen Vergeltung durch das Gesetz wußte, übte das Ganze nur noch stärkeren Reiz auf ihn aus.
    Und so gab es für Alexander Blaney – achtzehneinhalb Jahre alt und voller ehrlicher Zuneigung für Polizisten, ein Überrest seiner zahlreichen Besuche im Rampart-Revier und durch seine Verhaftung durch einen Rampart-Beamten keineswegs beeinträchtigt – nichts Schöneres, als nachts im Schutz der kühlen Dunkelheit am Ententeich zu sitzen, die Enten zu füttern, den Spaßen der Chorknaben zu lauschen und sich zu fragen, ob Calvin Potts der einzige Schwarze unter ihnen war und ob Francis Tanaguchi auch so komisch aussah, wie er daherredete. Und außerdem hoffte er, daß Wasmeinstdu-Dean nie so werden würde wie sein Partner Roscoe Rules.
    Er hatte immer sorgsam darauf geachtet, daß die Chorknaben ihn nicht zu Gesicht bekamen, aber an diesem Abend, an dem noch Schüsse die Stille durchbrechen sollten, zeigte er sich Ora Lee Tingle und Carolina Moon. Von ihrem gelben Buick, den sie immer in der Park View Street parkten, wenn sie von der Arbeit kamen, trotteten die zwei pummeligen Bedienungen über den Rasen.
    Alexander war ganz still im Gras gelegen, hatte dem Zirpen der Grillen gelauscht und nach Jupiter Ausschau gehalten, dem einzigen Stern, den man bei starkem Smog über Los Angeles sehen konnte. Alexander hielt immer nach ihm Ausschau, seit er gehört hatte, wie ein Polizist namens Baxter den anderen gegenüber erklärte, es wäre irgendwie ermutigend, daß zumindest ein Stern den Smog über der Stadt zu durchdringen vermochte. Und ohne diesen einen Stern hätte Baxter den Himmel unerträglich einsam gefunden.
    Als sich ihm nun die munter schwatzenden Mädchen näherten, fürchtete Alexander, er könnte sie erschrecken, wenn er so allein im Gras saß, so daß er ihnen, als sie noch etwa zehn Meter von ihm entfernt waren, freundlich zurief: »Schöner Abend heute, nicht?«
    »Ja, wirklich schön«, antwortete Carolina Moon und ging etwas langsamer, bis sie den schlanken, harmlos aussehenden Jungen neben drei Enten im Gras liegen sah.
    »Was treibst du denn hier um diese Zeit noch im Dunkeln, Kleiner?« wollte Ora Lee Tingle wissen, während Alexander zu ihrer umfangreichen Oberweite, ihren ausladenden Hüften und ihrem auftoupierten, blonden Haar aufblickte und sich dachte, daß sie genauso aussah, wie er sie sich vorgestellt hatte. »Ich füttere nur die Enten«, entgegnete Alexander. »Dann paß mal lieber auf dich auf, Kleiner«, warnte Carolina. »Hier treiben sich einige Triebverbrecher rum.«
    »Allerdings«, kicherte Ora Lee Tingle. »Und wir treffen uns gerade mit ein paar.« Als sie dann im Dunkeln verschwanden, hörte Alexander Carolina noch sagen: »Klar, die Enten füttern.« In dieser Nacht waren alle zehn Chorknaben anwesend, und es gab keinen, der nicht schon eine Stunde nach Beginn der Singstunde betrunken gewesen wäre. Sie trugen die übliche Kleidung für diesen Anlaß: Safarijacken, Sweatshirts, Tank Tops, LAPC-Baseball- und Basketballtrikots, alte Jeans und Turnschuhe. Jedenfalls trugen sie nichts, um das es schade gewesen wäre, wenn jemand, falls es einmal hoch herging, in den Ententeich geworfen wurde oder von selbst hineinfiel. Und alle Chorknaben waren ausnahmslos entzückt, als Ora Lee Tingle und Carolina Moon gegen ein Uhr über das Gras auf sie zugehopst kamen. Die beiden Mädchen trugen immer noch ihre Netzstrümpfe und die kurzen Röcke, die ihnen kaum über ihre rot gerüschten Höschen reichten. Oben trugen sie einfache Blusen mit Spitzeneinsätzen, die ihre enormen Brüste besonders zur Geltung brachten und dafür sorgten, daß die Kunden der Bar, in der sie arbeiteten, aus dem Häuschen gerieten und ihre Drinks trotz der stolzen Preise nur so in sich hineinschütteten.
    »Stellt euch vor! Der Boß hat uns heute früher gehenlassen!« verkündete Carolina, und die beiden üppigen Damen stürzten sich buchstäblich in die Festivität, indem sie

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