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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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hier alle schön im Kreis und sehen dir dann die ganze Nacht zu, wie du die Hasen garrotierst.« Und Roscoe, der schon sehr früh betrunken war, erwiderte: »Du weißt ja, Slate, daß ich dich noch nie gemocht habe.« Jetzt schaltete sich Spermwhale Whalen ein: »Wir wissen ja alle, daß du Stil hast, Roscoe; den Stil einer Hyäne.« Da Roscoe Rules vor Spermwhale Whalen eine Heidenangst hatte, erwiderte er nur schmollend: »Na gut. Wenn das so ist, dann könnt ihr ja sehen, ob ich noch mal zur Singstunde komme. Wie würde es euch denn gefallen, wenn ihr in Zukunft euren Schnaps kaufen müßtet, anstatt daß ich ihn so mitbringe, hm?«
    »Halt, nicht so schnell.« Clavin Potts sprang von seiner Decke auf. »Nur nichts überstürzen, Roscoe!« Und auch Spermwhale beeilte sich hinzuzufügen: »Ganz richtig; ich habe doch nur Spaß gemacht, Roscoe.«
    »Du bist doch ein prima Kerl, Roscoe«, tätschelte Sam Niles Roscoe die Wange, während dieser die Sympathiebekundungen mit einem großzügigen Lächern entgegennahm.
    Wasmeinstdu-Dean, der vom Bourbon noch nicht ganz hinüber war, versuchte indessen, Pater Willie zu trösten, der wieder einmal nach Keine-Eier-Hadley schmachtete. Der Pater hatte sie an diesem Abend auf dem Weg zu einer Verabredung mit einem Neurochirurgen an der Wache vorbeifahren sehen. Pater Willie hatte ihr hoffnungsvoll zugewinkt, aber Keine-Eier-Hadley, die inzwischen während der Tagschicht in der Central Station arbeitete, hatte als Antwort darauf nur eine Obszönität zwischen den Lippen hervorgestoßen und Pater Willie den erhobenen Mittelfinger entgegengestreckt.
    »Mein Gott, sie ist so schön, Dean!« schwärmte Pater Willie.
    »Ich schwöre dir, ich würde ihretwegen glatt meine Frau verlassen.«
    »Ich weiß, wie das ist, Padre«, stimmte ihm Wasmeinstdu-Dean zu. »Du würdest sogar die Erdnüsse aus ihrer Scheiße fressen. Ich weiß wie das ist.«
    »Sie ist so schön!«
    »Ganz im Vertrauen, Father, wie hat eigentlich ihre Muschi ausgesehen?«
    »Dean, sie war einfach vollkommen«, verkündete Pater Willie begeistert, ohne sich wirklich erinnern zu können.
    »Wow! Sogar ihr Arschloch?«
    »Eine Perle«, schwärmte der Chorknabenkaplan und nahm einen ordentlichen Schluck Scotch.
    »Stell dir das mal vor!!« meinte Wasmeinstdu-Dean, sichtlich beeindruckt. »Ein Arschloch wie 'ne Perle!« Und während in der Singstunde die Stimmung wuchs, saß auf der anderen Seite des Teichs ein schlanker Junge im Gras und fütterte aus einem Beutel mit altem Brot, den er mitgebracht hatte, die Enten. Alexander Blaney spürte, daß dies eine denkwürdige Singstunde werden würde, daß schon um zwei Uhr früh sechs Chorknaben sinnlos betrunken waren und die restlichen vier ihnen in kaum etwas nachstanden.
    Und daher drang auch hin und wieder der Lärm eines wütenden Streits über das stille Wasser des Ententeichs.
    »Du hast doch nicht den geringsten Beweis dafür, daß ich es war, der die Drachenlady diesmal dich hat anrufen lassen«, verteidigte sich Francis Tanaguchi, der seinen Kopf in Carolinas Schoß und seine Füße in den von Ora Lee gebettet hatte. »Ich habe keine Beweise dafür, aber ich weiß, daß du es warst«, schimpfte Pater Willie, dem die Erinnerung an Keine-Eier-Hadleys erhobenen Mittelfinger zu einem seiner seltenen Wutausbrüche verhalf.
    »Aber bevor du jemanden beschuldigst, solltest du zumindest Beweise haben«, wies ihn Francis zurecht, wobei seine schmalen Augen im Mondlicht wild glitzerten.
    »Du klingst ja genauso wie diese Arschlöcher von der Straße«, schaltete sich Calvin Potts ein. »Beweise. Beweise. Scheiße!«
    »Und du klingst wie Roscoe Rules, als er mich erwürgen wollte, weil ihn die Drachenlady angerufen hatte. Du bist mir ein sauberer Partner!«
    »Ich glaube jedenfalls, daß diese Anrufe auf dein Konto gehen, wenn du's genau wissen willst. Und ich würde nur zu gern mal die Drachenlady kennenlernen, um das zu beweisen«, forderte Calvin Potts seinen Partner heraus. Doch dann ließ er sich wieder ins Gras zurücksinken, nuckelte an seinem Scotch und träumte von der Drachenlady, die in seinen Gedanken auffallende Ähnlichkeit mit diesem Miststück von Martha Twogood Potts hatte.
    »Das war nicht gerade nett, was du eben gesagt hast, Spencer! Ich hab's genau gehört!« brüllte Carolina Moon plötzlich zu Spencer van Moot hinüber, der sich mit Harold Bloomguard unterhielt.
    »Ich hab' doch gar nicht über dich gesprochen.«
    »Natürlich hast du das. Ich habe

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