Die Chorknaben
Herabsetzung des Strafmaßes etwas einzuwenden hätte, zuckte er nur teilnahmslos mit den Schultern.
Die zwei Wochen bei der Sitte endeten für die drei Chorknaben mit einem kleinen Mißerfolg. Ein Callgirl, dem sie auflauerten, biß nämlich nicht auf den Köder an, welcher die Form eines Anrufs von Seiten Baxter Slates hatte, der sich dabei als ein gewisser Gaylord Bottomley ausgab. Nach Angaben eines Spitzels gehörte dieser Name einem einflußreichen Kredithai, der dem exotischen Callgirl eine Reihe von Freunden vorgestellt hatte.
Der Spitzel war ein zuverlässiger, bezahlter Informant, der für Pete Zooney arbeitete. Im Gegensatz zu den Polizisten im Film hüten Polizisten im wirklichen Leben ihre Informanten wie ihren eigenen Augapfel, und so war auch Pete Zoony sorgfältig darauf bedacht, die Anonymität seines Informanten zu wahren. Spitzel mußten nicht nur bestochen und umschmeichelt werden; sie mußten auch gedeckt werden. Und so kam es nicht selten vor, daß manche Polizsten die Identität ihres Informanten sogar vor ihrem Partner geheimhielten.
Petes Informant erzählte ihnen von einer gewissen Gina Summers, die in einem sündteuren Apartment in der Nähe des Wilshire Boulevard wohnte. Angeblich war sie darauf spezialisiert, genau das erwünschte Maß einfallsreicher Bestrafung an ihre gut situierten, aber geilen Kunden zu erteilen, die ihr für ihre einzigartigen Dienste zwischen fünfzig und fünfhundert Dollar zahlten.
Sam und Baxter hatten mehrere Male einen oder zwei Männer in die Wohnung gehen sehen, und natürlich war ihnen auch die üppige Brünette verschiedentlich zu Gesicht gekommen. Bislang war es noch keinem gelungen, sie aufs Kreuz zu legen. Der Informant hatte unter anderem behauptet, daß die energische Dame in ihrem Schlafzimmerschrank ein regelrechtes Horrorkabinett hatte, mit alten Daumenschrauben, Brandeisen, Peitschen und ähnlichen Sammlerstücken. Die meisten fanden jedoch angeblich kaum Verwendung. In der Regel ließen sich die Kunden durch weniger peinvolle Maßnahmen zufriedenstellen, wie zum Beispiel durch eine Urindusche. Und auch eine ganz gewöhnliche Tracht Prügel mit einem Ledergürtel war für manchen schon das höchste der Gefühle. Da das Mädchen in einer ganz speziellen Sparte ihres Gewerbes arbeitete, wollten die Leute von der Sitte sie natürlich nur zu gern schnappen. Aber trotz stundenlangen Wache-Schiebens hatten sie keinen Erfolg.
An einem schwülen Augustabend beobachtete Baxter Slate die resolute Dame durch seinen Feldstecher, wie sie sich im sechsten Stock des Wohnblocks vor dem offenen Fenster entkleidete; er bemerkte zu Sam: »Wenn dieses Miststück nicht brünett wäre, würde sie mich ganz verdammt an 'ne Nackttänzerin erinnern, die ich mal gekannt habe.«
»Tatsächlich?« meinte Sam, dem die zwei Wochen bei der Sitte gründlich zum Hals heraushingen. »Hat die wirklich auch so gut ausgesehen?«
»Ich könnte nicht behaupten, daß sie genau gleich aussehen. Aber im Herzen sind sich die beiden sicher sehr nahe verwandt.« Sam Niles machte sich nicht die Mühe, hinsichtlich dieser Bemerkung weiter in Baxter zu dringen. Er war nur froh, daß dies ihr letzter Abend bei der Sitte war und daß die für später geplante Singstunde ein denkwürdiges Ereignis werden sollte. Die Singstunde, mit der die Rückkehr dreier Chorknaben von ihrem zweiwöchigen Dienst bei der Sitte gefeiert werden sollte, war geradezu dazu bestimmt, in die Annalen der Polizeigeschichte einzugehen. Schließlich hatte Roscoe Rules sich selbst übertroffen, indem er an einem einzigen Abend in den verschiedenen Schnapsläden der Wilshire-Division fünfzehn Flaschen Schnaps zusammenschnorrte.
»Ich kann ihnen sagen, der Captain gibt 'ne Riesenparty«, teilte er den Zauderern unter den Ladeninhabern mit, wenn sie Roscoe, der sich mit seinen schwarzen Handschuhen drohend vor ihnen aufgepflanzt hatte, nur eine einzige Flasche über die Theke schoben.
Und was Roscoe nicht mit Drohungen erreichte, das besorgte Spencer van Moot auf seine unvergleichliche Art. Die Geschäftsleute, bei denen er seine günstigen Einkäufe machte, sagten alle, sie könnten es kaum erwarten, bis er bei der Polizei aufhöre und selbst einen Großhandel aufmachte, damit seine merkantilen Fähigkeiten ihnen allen zugute kämen.
Deshalb gab es genügend Schnaps, Wein und Bier, um für jeden einen Vollrausch zu garantieren, und es fehlte auch nicht an allen möglichen Leckereien wie Barbecue-Fleisch in Folie,
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