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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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zuverlässige Informationen, daß Sie dabei waren.« Spermwhale sah die beiden jungen Sergeants in Zivil an und erwiderte: »Wenn Sie so viel wissen, weshalb fragen Sie dann mich diesen ganzen Blödsinn?«
    »Jetzt hören Sie mal gut zu, Whalen.« Der andere Sergeant beugte sich über den Tisch. »Nicht weit von der Leiche haben wir mehrere leere Schnapsflaschen gefunden. Leider haben Sie an diesem Abend nicht gut genug aufgeräumt. Außerdem sind wir auf die Reifenspuren eines Lasters gestoßen, von denen Abdrücke angefertigt worden sind. Einer von Ihnen hatte seinen Wagen in der Nähe geparkt.«
    »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß ich gestern nacht sofort nach Dienstschluß nach Hause bin. Ich weiß nicht, was das Ganze eigentlich soll, und abgesehen davon finde ich es eine Unverschämtheit, daß Sie mich hierhergeschafft haben.« Der Sergeant, welcher den Bösen spielte, stand angewidert auf und stürmte aus dem Raum, so daß sein Partner nun den Guten heraushängen lassen konnte, worauf Spermwhale allerdings nicht hereinfiel.
    »Hat er irgend etwas gesagt?« fragte Lieutenant Grimsley, der draußen auf dem Flur zusammen mit Commander Hector Moss und Deputy Chief Adrian Lynch wartete. Letzterer hatte mit seiner leidenschaftlichen Sekretärin Theda Günther eine heiße Nacht in irgendeinem Motel hinter sich, weshalb sein Toupet wieder einmal etwas verrutscht war.
    »Whalen ist ein guter Schauspieler, Lieutenant«, meinte der Sergeant. »Es sei denn, er sagt die Wahrheit. Vielleicht lügt Bloomguard ja wirklich nicht. Vielleicht stimmt diese verrückte Geschichte tatsächlich.«
    »Quatsch!« unterbrach ihn Lieutenant Grimsley. »Ich weiß, daß Bloomguard lügt. Diese Bierdosen und Flaschen …«
    »Wir können nicht beweisen, daß sie von ihnen sind«, hielt ihm der Sergeant entgegen.
    »Und was ist mit dem BH, den Sie gefunden haben?« fragte Lieutenant Grimsley.
    »Er sah so aus, als hätte er schon ein paar Tage dort herumgelegen. Er war mit Blättern und allem möglichen Abfall bedeckt.«
    »Was für eine Größe war es?«
    »Riesig. Vierundvierzig, mit D-Schalen.«
    »Gibt es irgendwelche Polizeigroupies mit so großen Titten?« überlegte Lieutenant Grimsley laut, wobei er den liebestollen Deputy Chief mit einem unbewußten Seitenblick bedachte.
    »Was sehen Sie mich denn so an, Lieutenant?«
    »Oh, entschuldigen Sie bitte vielmals, Sir«, stotterte ›Hardass‹ Grimsley.
    »Warum versuchen Sie es denn nicht mal mit diesem Burschen, Lieutenant?« schlug Commander Moss vor, und Lieutenant Grimsley lächelte nervös, während er sich bereits die Szene vorstellte, in der Spermwhale Whalen von der Schwarzen aus Philadelphia erzählen würde, mit der er Grimsley erwischt hatte, als er noch Nachtschichtleiter der Wilshire-Station gewesen war.
    »Ich mische mich nicht gern in die Ermittlungen meiner Leute ein«, entgegnete Lieutenant Grimsley und hoffte, Spermwhale Whalen würde ihn nicht zu Gesicht bekommen und ihm zuzwinkern und das Haar zerzausen.
    »Ich habe mir erlaubt, mir in Ihrem Büro seine Personalakte durchzusehen, Lieutenant«, meldete sich Chief Lynch zu Wort. »Hätten Sie was dagegen, wenn ich einen kleinen Versuch wagen würde?«
    »Aber keineswegs, Sir; selbstverständlich«, entgegnete Lieutenant Grimsley, enorm erleichtert. »Schließlich sind Sie ja auch ein alter IAD-Mann.« Chief Lynch war tatsächlich ein alter Kopfjäger vom IAD, zumal allgemein bekannt war, daß eine gewisse Zeit bei der Abteilung für interne Angelegenheiten das beste Sprungbrett für eine spätere Beförderung darstellte. Die Kopfjäger hatten insgesamt die besten Beförderungschancen, während zum Beispiel die Tätigkeit auf einer normalen Polizeiwache mehr oder weniger eine Sackgasse darstellte.
    Seine drei Jahre als Kopfjäger waren die angenehmste Zeit in Chief Lynchs gesamter Laufbahn gewesen. Er wußte nämlich sehr gut, wie es in einem Polizisten aussah. Er wußte zum Beispiel auch, daß Lügendetektoren wegen ihrer enormen, berufsbedingten Schuldgefühle bei ihnen hervorragende Ergebnisse erbrachten, wohingegen sie bei soziopathischen Kriminellen ohne Schuldgefühle praktisch nutzlos waren. Außerdem wußte er, daß alle Menschen vor irgend etwas Angst haben, und er konnte sich unschwer vorstellen, wovor ein zweiundfünfzig Jahre alter Streifenpolizist wie Spermwhale Whalen vermutlich am meisten Angst hatte.
    Jedenfalls saß Deputy Chief Lynch fünf Minuten später, kaffeetrinkend, Spermwhale Whalen

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