Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
Höhle, um die anderen zu wecken.
Trotz des Feuers war die Höhle eisig und düster. Goldmond und Tolpan bereiteten das Frühstück. Flußwind stand im hinteren Teil der Höhle und schüttelte Goldmonds Fellumhang aus.
Tanis sah zu ihm. Der Barbar war gerade im Begriff gewesen, Goldmond etwas zu sagen, als Tanis eintrat. Er blieb stumm und begnügte sich damit, sie bedeutungsvoll anzusehen, während er mit seiner Arbeit fortfuhr. Goldmond hielt ihre Augen gesenkt, ihr Gesicht war blaß, und sie sah beunruhigt aus. Der Barbar bereute sein Verhalten vom Vortag, kam Tanis zum Bewußtsein.
»Leider gibt es nicht viel zu essen«, sagte Goldmond.
»Tikas Speisekammer war nicht gerade üppig bestückt«, fügte Tolpan entschuldigend hinzu. »Wir haben nur ein Brot, etwas Trockenfleisch, Käse und Weizenmehl. Tika muß immer auswärts essen.«
»Flußwind und ich haben überhaupt nichts dabei«, sagte Goldmond. »Wir waren nicht auf diese Reise vorbereitet.«
Tanis wollte sie nach dem Stab fragen, aber die anderen wurden gerade wach, als sie den Essensduft rochen. Caramon gähnte, streckte sich und erhob sich. Er ging zum Kochtopf hinüber und grunzte dann: »Mehlbrei? Ist das alles?«
»Zum Abendessen wird es noch weniger geben.« Tolpan grinste. »Schnallt eure Gürtel enger. Du nimmst doch sowieso von jedem Körnchen zu.«
Der schwere Mann seufzte ergeben.
Das spärliche Frühstück wurde in der kalten Dämmerung lustlos verspeist. Sturm, der alle Essensangebote ablehnte, hielt wieder draußen Wache. Caramon aß schnell seinen Anteil, verschlang noch die Portion seines Bruders und machte sich dann über Sturms Essen her, als der Ritter einmal hinausgegangen war. Der große Mann sah den anderen sehnsüchtig beim Essen zu.
»Willst du das essen?« fragte er, auf Flints Brot deutend. Der Zwerg knurrte. Tolpan, der die Augen des Kämpfers über seinen Teller streifen sah, stopfte sein Brot in den Mund und erstickte fast daran. Zumindest hält es ihn ruhig, dachte Tanis. Tolpan hatte Flint den ganzen Morgen lang unbarmherzig gehänselt, ihn »Herrscher der Meere« und »Schiffskamerad« genannt, ihn nach dem Fischpreis gefragt und wieviel er verlangen
würde, sie wieder über den See zu rudern. Flint hatte schließlich einen Stein nach ihm geworfen, und Tanis hatte Tolpan zum Ufer geschickt, um die Töpfe zu spülen.
Der Halb-Elf ging zum hinteren Teil der Höhle.
»Wie geht es dir heute, Raistlin?« fragte er. »Wir müssen uns bald auf den Weg machen.«
»Mir geht es viel besser«, erwiderte der Magier mit seiner leisen, wispernden Stimme. Er trank einen selbstgebrauten Kräutertee.
Tolpan kam zur Höhle zurück und klapperte laut mit den Töpfen und Blechtellern.Tanis biß die Zähne bei dem Krach zusammen und wollte den Kender rügen, änderte dann aber seine Meinung. Es würde keinen Sinn haben.
Flint, der die Anspannung in Tanis’ Gesicht sah, nahm dem Kender das Zeug ab und verstaute es. »Reiß dich mal zusammen«, zischte der Zwerg Tolpan zu. »Oder ich fasse dich am Schopf und häng’ dich an einen Baum als Warnung für alle Kender...«
Tolpan zog etwas aus dem Bart des Zwergen. »Schau mal!« Der Kender hielt es schadenfroh hoch. »Algen!« Flint brüllte auf und wollte nach dem Kender greifen, aber Tolpan war flink ausgewichen.
Es raschelte, als Sturm das Gesträuch im Eingang wegschob. Sein Gesicht war dunkel und nachdenklich.
»Hört endlich auf!« fuhr er Flint und Tolpan an. Sein Schnurrbart zitterte. Sein mürrischer Blick richtete sich auf Tanis. »Ich kann diese zwei deutlich bis zum See hören. Sie werden jeden Goblin auf Krynn auf uns aufmerksam machen.Wir müssen hier verschwinden. Nun, welchen Weg nehmen wir?«
Ein ungemütliches Schweigen entstand. Alle, außer Raistlin, hielten in ihrer Tätigkeit inne und sahen auf Tanis. Der Magier wischte seinen Becher mit einem weißen Tuch aus. Er säuberte ihn weiter mit gesenkten Augen, als hätte Sturm nichts gefragt.
Dann seufzte er und kratzte sich am Bart. »Wir wissen nun, daß der Theokrat von Solace bestechlich ist. Er benutzt diesen
Goblinabschaum, um die Kontrolle über alles zu haben. Wenn er den Stab bekommen würde, würde er ihn zu seinem eigenen Gewinn einsetzen. Seit Jahren suchen wir nach einem Zeichen der wahren Götter. Anscheinend haben wir es gefunden. Ich habe nicht vor, diesen Stab diesem Betrüger in Solace zu überlassen. Tika sagte, sie sei überzeugt, daß die Sucherfürsten in Haven immer noch an der Wahrheit
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