Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
Hände der Elfen fallen. Darum habe ich sie weggeschickt. Darum habe ich euch bei eurer Flucht geholfen!« Sie blickte sich um, schien wie ein Tier in der Luft zu schnüffeln. »Kommt! Wir haben uns hier zu lange aufgehalten.«
»Falls wir überhaupt noch mit dir gehen!« sagte Gilthanas barsch. »Was weißt du über die Kugel?«
»Frag mich nicht!« Silvaras Stimme war plötzlich leise und voller Trauer. Ihre blauen Augen starrten Gilthanas mit solch einer Liebe an, daß er ihren Blick nicht mehr ertragen konnte. Er schüttelte den Kopf und wich ihren Augen aus. Silvara faßte ihn am Arm. »Bitte, shalori, Geliebter, vertrau mir! Erinnerst du dich, worüber wir gestern gesprochen haben – am Becken. Du hast gesagt, du mußt diese Dinge tun – dich über dein Volk hinwegsetzen, ein Ausgestoßener werden, weil du in deinem Herzen einen Glauben hast. Ich sagte, daß ich das verstehe, daß ich das gleiche tun müßte. Hast du mir nicht geglaubt?«
Gilthanas stand einen Moment mit gesenktem Kopf da. »Ich habe dir geglaubt«, sagte er leise. Er streckte seine Hand aus, zog sie an sich und küßte ihr silbernes Haar. »Wir gehen mit dir. Komm, Laurana.« Arm in Arm stapften die beiden durch den Schnee.
Laurana blickte die anderen verständnislos an. Sie vermieden ihren Blick. Dann ging Theros zu ihr.
»Ich lebe in dieser Welt seit fast fünfzig Jahren, junge Frau«, sagte er sanft. »Nicht lang für euch Elfen, das weiß ich.Aber wir Menschen leben diese Jahre – wir lassen sie nicht einfach an uns vorbeitreiben. Und ich sage dir – dieses Mädchen liebt deinen Bruder aufrichtig. Und er liebt sie. Diese Liebe kann nicht zum Bösen werden. Allein um ihrer Liebe willen würde ich ihnen in eine Drachenhöhle folgen.«
Der Schmied ging hinter den beiden her.
»Um meiner kalten Füße willen würde auch ich ihnen in eine Drachenhöhle folgen, falls sie meine Zehen wärmt!« Flint stampfte auf den Boden. »Kommt schon, laßt uns gehen.« Er packte den Kender und zog ihn hinter dem Schmied her.
Laurana stand allein da. Daß sie folgen würde, war klar. Ihr blieb keine andere Wahl. Sie wollte Theros’ Worten vertrauen. Sie hatte einst geglaubt, daß die Welt diesen Weg ging.Aber jetzt wußte sie, daß ihr Glaube falsch gewesen war. Warum nicht auch Liebe?
Alles, was sie vor ihrem geistigen Auge sah, waren die wirbelnden Farben der Drachenkugel.
Die Gefährten zogen weiter nach Osten, bis die Nacht anbrach. Als sie den hohen Gebirgspaß hinabstiegen, konnten sie wieder leichter atmen. Die vereisten Felsen blieben hinter dürren Kiefern zurück, dann waren sie in einem Wald. Silvara führte sie schließlich in ein nebelumhangenes Tal.
Die Wild-Elfe schien sich nicht länger um das Verwischen ihrer Spuren zu kümmern. Sie sorgte sich nur noch um das Tempo. Sie trieb die Gruppe an, als ob sie ein Wettrennen gegen die Sonne am Himmel lief. Als die Nacht anbrach, ließen sie sich in der baumumrandeten Dunkelheit niedersinken, selbst zum Essen zu müde. Aber Silvara ließ sie nur einige wenige Stunden unruhig schlafen. Als die Monde aufgingen, die bald auf Vollmond zugingen, drängte sie die Gefährten weiter.
Wenn jemand erschöpft fragte, warum sie sich so beeilen mußten, antwortete sie nur: »Sie sind in der Nähe. Sie sind sehr nahe.«
Alle nahmen an, sie meinte die Elfen, obwohl Laurana schon seit langem das Gefühl hatte, daß sie nicht mehr von dunklen Schatten verfolgt wurden.
Die Dämmerung brach an, aber das Licht filterte durch solch einen dichten Nebel, daß Tolpan dachte, er könnte eine Handvoll davon in einem seiner Beutel verstauen. Die Gefährten gingen dicht nebeneinander, hielten sich sogar an den Händen, um sich nicht zu verlieren. Es wurde wärmer. Sie zogen ihre nassen und schweren Umhänge aus, als sie auf einen Pfad stolperten, der sich unter ihren Füßen aus dem Nebel heraus zu materialisieren schien. Silvara ging vorn. Das blasse Licht, das von ihrem silbernen Haar ausging, war ihr einziger Anhaltspunkt.
Schließlich wurde der Boden unter ihnen eben, die Bäume lichteten sich, und sie wanderten auf weichem Gras. Obwohl keiner im grauen Nebel mehr als ein paar Meter weit sehen konnte, hatten sie den Eindruck, sich auf einer weiten Lichtung zu befinden.
»Das ist das Nebelhafen-Tal«, erklärte Silvara auf ihre Fragen. »Vor vielen Jahren, vor der Umwälzung, war es einer der schönsten Plätze auf Krynn . . . so sagt es mein Volk.«
»Er könnte immer noch schön sein«, murrte
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