Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
Ritter oder versteckt sie nicht wie der Barbar. Tanis weiß, daß ein Führer manchmal mit dem Herzen denken muß und nicht mit dem Kopf.« Raistlin warf ihr einen kurzen Blick zu. »Denk daran.«
Laurana war einen Moment verwirrt, dann spürte sie eine Spur von Überheblichkeit bei dem Magier, die sie wütend machte, und sie sagte hochmütig: »Mir ist aufgefallen, daß du in der Aufzählung nicht vorkamst. Wenn du so intelligent und mächtig bist, wie du behauptest, warum folgst du dann Tanis?«
Raistlins Stundenglasaugen verdunkelten sich, und er kniff sie zu. Caramon brachte ihm einen Becher und goß vorsichtig Wasser hinein. Der Krieger warf Laurana einen Blick zu, er wirkte wie immer verlegen und unruhig, wenn sein Bruder sich so benahm.
Raistlin schien es nicht zu bemerken. Er zog einen Beutel aus seinem Gepäck und streute einige grüne Blätter in das heiße Wasser. Beißender Geruch erfüllte den Raum. »Ich folge ihm nicht.« Der junge Magier blickte Laurana an. »Zur Zeit reisen Tanis und ich zufälligerweise in dieselbe Richtung.«
»Die Ritter von Solamnia sind in unserer Stadt nicht willkommen«, sagte der Lord streng. Sein düsterer Blick wanderte über den Rest der Gruppe. »Noch Elfen, Kender und Zwerge und alle, die mit ihnen reisen. Wie ich verstanden habe, gehört auch ein Magier zu euch, einer mit roten Gewändern. Ihr tragt Rüstungen. Eure Waffen sind blutverklebt und schnell und sicher zur Hand. Offensichtlich seid ihr erfahrene Krieger.«
»Zweifellos Söldner, mein Herr«, bemerkte der Wachtmeister.
»Wir sind keine Söldner«, entgegnete Sturm stolz. »Wir kommen von den nördlichen Ebenen Abanasinias. Wir haben achthundert Männer, Frauen und Kinder aus der Gewalt des Drachenfürsten Verminaard in Pax Tharkas befreit. Wir flohen vor dem Zorn der Drachenarmeen und ließen die Leute in einem Tal im Gebirge zurück und reisten weiter südlich in der Hoffnung, Schiffe in der legendären Stadt Tarsis zu finden. Wir wußten nicht, daß sie inzwischen landumschlossen ist, sonst wären wir nicht gekommen.«
Der Lord runzelte die Stirn. »Du sagst, ihr kommt aus dem Norden? Das ist unmöglich. Niemand ist je ungeschoren durch das Bergkönigreich der Zwerge in Thorbadin gekommen.«
»Wenn du irgend etwas über die Ritter von Solamnia weißt, dann müßtest du auch wissen, daß wir eher sterben würden, als zu lügen – selbst unseren Feinden gegenüber«, sagte Sturm. »Wir haben das Zwergenreich betreten und konnten sicher passieren,
da wir als Gegenleistung den verlorenen Streitkolben von Kharas gefunden und übergeben haben.«
Der Lord bewegte sich unruhig und warf dem hinter ihm sitzenden Drakonier einen Blick zu. »Ich weiß einiges über die Ritter«, sagte er widerstrebend. »Und darum muß ich deine Geschichte glauben, obwohl sie eher wie ein Märchen klingt als...«
Plötzlich wurden die Türen aufgestoßen, und zwei Wachen traten ein und zogen einen Gefangenen hinter sich her. Sie schoben die Gefährten beiseite, als sie ihren Gefangenen auf den Boden warfen. Es war eine Frau. Sie war fast völlig verschleiert und trug einen langen Rock und einen dicken Umhang. Einen Moment blieb sie auf dem Boden liegen, als ob sie zu müde oder zu geschwächt wäre, sich zu erheben. Dann schien sie mit äußerster Willensanstrengung zu versuchen, hochzukommen. Niemand wollte ihr offenbar helfen. Der Lord starrte sie mit grimmigem und drohendem Gesicht an. Der Drakonier war aufgestanden und sah interessiert zu ihr hin.
Dann war Sturm an ihrer Seite.
Der Ritter hatte voller Entsetzen zugesehen, erschreckt über diese gefühllose Behandlung einer Frau. Er blickte zu Tanis, sah den immer vorsichtigen Halb-Elf den Kopf schütteln, aber der Anblick der Frau, die sich mühte, aufzustehen, war zuviel für den Ritter. Er trat einen Schritt nach vorn. Vor ihm tauchte ein Speer auf.
»Töte mich, wenn du willst«, sagte der Ritter zu der Wache, »trotzdem werde ich dieser Dame helfen.«
Die Wache blinzelte und trat zurück, seine Augen wandten sich dem Lord zu. Dieser schüttelte leicht den Kopf. Tanis hielt den Atem an, als er ihn beobachtete. Dann schien es ihm, als würde der Lord lächeln, der gleich darauf schnell seine Hand auf den Mund legte.
»Meine Dame, erlaubt mir, Euch zu helfen«, sagte Sturm mit seiner altmodischen Höflichkeit. Seine starken Hände hoben sie sanft auf die Füße.
»Du hättst mich lieber liegenlassen sollen, Ritter«, sagte die
Frau, ihre Worte waren hinter
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