Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
um andere. Genau in diesem Moment kam er zu der Überzeugung, daß er lieber sterben würde, als jemanden zu verlieren, den er liebte.
Du hast dich für den dunklen Weg entschieden, aber du hast den Mut, auf ihm zu gehen, hatte Fizban gesagt.
Stimmte das, fragte sich Tolpan. Seufzend vergrub er seinen Kopf in seinen Händen.
»Nein, Tolpan!« rief Tika und schüttelte ihn. »Tu uns das nicht an! Wir brauchen dich!«
Mühsam hob Tolpan seinen Kopf. »Mir geht es gut«, sagte er benommen. »Wo sind Caramon und Berem?«
»Dort drüben.« Tika zeigte zum anderen Ende der Zelle. »Die Wachen haben uns in eine Zelle gesteckt, bis sie jemanden gefunden haben, der über uns entscheidet. Caramon war einfach toll«, fügte sie mit einem stolzen Lächeln und einem liebevollen Blick auf den großen Mann hinzu, der sich offensichtlich mürrisch in eine Ecke, so weit wie möglich von seinen »Gefangenen« entfernt, verkrümelt hatte. Dann wurde Tikas Gesicht ängstlich. Sie rückte näher zu Tolpan. »Aber ich mache mir Sorgen um Berem! Ich glaube, er wird verrückt!«
Tolpan sah schnell zu Berem. Der Mann saß auf dem kalten, schmutzigen Steinboden, sein Blick abwesend, der Kopf erhoben, als ob er etwas hören würde. Der falsche weiße Bart, den Tika aus Ziegenhaaren gemacht hatte, war zerrissen und verdreckt. Er würde gleich abfallen, stellte Tolpan beunruhigt fest und sah schnell zur Zellentür.
Die Verliese waren ein Labyrinth aus Korridoren, die durch den soliden Fels unter dem Tempel gebrochen worden waren. Sie schienen von einem zentralen Wachraum aus in alle Richtungen abzuzweigen, einem kleinen, runden, offenen Raum am Fuße einer schmalen Wendeltreppe, die direkt zur untersten Ebene des Tempels führte. Im Wachraum saß ein großer Hobgoblin an einem abgenutzten Tisch und kaute gelassen ein Stück Brot. Ein Schlüsselbund, das an einem Nagel über seinem Kopf hing, wies ihn als den Obergefängniswärter aus. Er ignorierte die Gefährten; wahrscheinlich konnte er sie bei dem spärlichen Licht sowieso nicht deutlich erkennen, vermutete Tolpan, da ihre Zelle ungefähr hundert Schritte weit entfernt an einem düsteren Korridor lag.
Tolpan kroch zur Zellentür und spähte in die andere Richtung des Korridors. Er befeuchtete einen Finger und hielt ihn in die Luft. Dieser Weg führte in nördliche Richtung, fand er heraus. Qualmende, übelriechende Fackeln flackerten in der dumpfen Luft. Etwas weiter weg war eine große Zelle, überfüllt mit Drakoniern und Goblins, die ihren Rausch ausschliefen. Hinter dieser Zelle am Ende des Korridors befand sich eine massive, nur angelehnte Eisentür. Tolpan lauschte aufmerksam und konnte Geräusche hören, die von der Tür kamen: Stimmen, leises Stöhnen. Das ist ein weiterer Bereich des Verlieses, entschied Tolpan aufgrund früherer Erfahrungen. Der Gefängniswärter ließ vermutlich die Tür geöffnet, um seine Runden zu machen und Störungen mitzukriegen.
»Du hast recht, Tika«, flüsterte Tolpan. »Wir sind wohl in eine Art Untersuchungszelle eingesperrt, bis sie Anweisungen erhalten.« Tika nickte. Caramon konnte die Wachen zwar nicht völlig täuschen, zwang sie aber zumindest, zweimal nachzudenken und nicht übereilig zu handeln.
»Ich werde mit Berem reden«, sagte Tolpan.
»Nein,Tolpan«,Tika blickte unbehaglich zu dem Mann. »Ich glaube nicht...«
Aber Tolpan hörte nicht zu. Er warf dem Gefängniswärter einen letzten Blick zu, ignorierte Tikas leise Einwände und kroch auf Berem zu, um seinen falschen Bart wieder zu befestigen. Er hatte ihn fast erreicht und streckte seine kleine Hand aus, als dieser plötzlich aufbrüllte und auf den Kender zusprang.
Erschrocken kreischend wich Tolpan zurück. Aber Berem sah ihn überhaupt nicht. Wirres schreiend, sprang er über Tolpan hinweg und warf sich mit seinem Körper gegen die Zellentür.
Caramon war jetzt auf den Füßen – wie auch der Hobgoblin.
Der Krieger warf dem auf dem Boden liegenden Kender einen strengen Blick zu.
»Was hast du mit ihm angestellt?« knurrte Caramon.
»N ...nichts, Caramon, ehrlich!« keuchte Tolpan. »Er...er ist verrückt!«
Berem schien in der Tat den Verstand verloren zu haben. Den Schmerz nicht beachtend, warf er sich gegen die Eisenstangen, um sie aufzubrechen. Als das nicht funktionierte, griff er mit seinen Händen an die Stangen und versuchte, sie auseinanderzubiegen.
»Ich komme, Jasla!« schrie er. »Geh nicht! Vergib...«
Der Gefängniswärter lief beunruhigt und mit
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