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Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Gedanken kamen und den Fang stibitzten. Die beiden Raben waren recht geschickt darin, die Angelschnüre mit den Schnäbeln einzuholen.
    Anschließend machte er einen Rundgang um den See. Obwohl alles leer und verlassen wirkte, verriet ihm sein Jägerauge das Gegenteil. Auf der Schneedecke war der Abdruck gespreizter Flügel zu erkennen. Sie stammten von einer Graueule, die auf der Jagd nach einem Lemming etwas überstürzt gelandet war. Ein Stück weiter fanden sich dicht beieinander flache Kuhlen, in denen kleine gefrorene Kotkügelchen lagen. Sie stammten von Moorhühnern, die sich dort zusammengedrängt hatten. Er entdeckte auch Schneehuhnspuren, allerdings keine Hinweise auf Nester. Schneehühner lassen sich gern aus großer Höhe tief in den Schnee fallen, wo sie sich ein behagliches, beinahe unsichtbares Nest scharren.
    Die Hühner hatten auch eine Schwäche für kleine Birkenzweige. Torak brach einige knöchelhohe Zweige von einer Zwergbirke ab. Er kratzte das Eis herunter, steckte sie in verlockendem Muster in den Schnee und verbarg dazwischen Schlingenfallen. Genau dasselbe wiederholte er bei den Moorhuhnmulden.
    Oben an der Böschung entdeckte er eine Hasenspur. Er folgte ihr bis zu einem windigen Grat. Dort, wo der Hase das Gestrüpp verlassen und freies Gelände überqueren musste, legte er eine Falle aus. Das verschreckte, seinen natürlichen Feinden preisgegebene Tier, war abgelenkt und würde die Falle nicht so schnell bemerken.
    Inzwischen war Torak schwindlig vor Hunger. Am Lager erwartete ihn nur ein karges, aus einer Handvoll Haselnüssen bestehendes Nachtmahl. Der abendliche, sternenbedeckte Himmel war tiefblau. Noch war der Mond nicht aufgegangen, aber in der Ferne zeichneten sich die Berggipfel wie schwarze Reißzähne ab – und hoch über ihnen, schwach und weit entfernt, glühte der rote Stern des Winters. Das rote Auge des Großen Auerochsen.
    » Wenn das rote Auge am höchsten steht« , hatte Fa im Sterben gesagt, »sind die Dämonen am mächtigsten.«
    Torak sah die Adlereulenschamanin und ihre Helfer deutlich vor sich, nur Fas Gesicht war seltsam verschwommen. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie sehr er sich seit dem Tod seines Vaters verändert hatte. Vielleicht würde Fa ihn nicht einmal erkennen. Vielleicht war sein Geist aus diesem Grund aus dem Lager der Raben vor ihm geflohen.
    »Fa«, sagte er in die Dunkelheit hinein. »Ich bin es, Torak. Wo bist du? Wie kann ich dich finden?«
    Bis auf das Zischen des Schnees, den der Wind vor sich herscheuchte, blieb alles stumm.
     
    Renn lag in ihrem Schlafsack und lauschte dem flüsternden Schnee.
    Trotz Hunger und Erschöpfung würde sie nicht einschlafen können. Die Beschwörungsgesänge hatten sich als völliger Misserfolg erwiesen, schlimmer noch, es war, als hätte plötzlich eine Eiswand ihren Geist verschlossen. Kehr um , rasselte die Stimme der Adlereulenschamanin. Niemand kann Eostra aufhalten.
    Benommen hatte Renn ihren pochenden Kopf umklammert. Sie fühlte sich so elend, dass sie Torak bei ihrer Rückkehr bat, Erdblut um ihren Unterschlupf im Schnee zu verteilen. Das waren zwar keine Schutzlinien, so etwas vermochte nur ein Schamane, aber es war besser als nichts. Vielleicht half ihnen der Torfmann und hielt die Tokoroths fern.
    Renn lag zusammengerollt auf der Seite und spähte durch den Sehschlitz in den Himmel. Was Eostra wohl vorhatte?
    Die Adlereulenschamanin verlangte es nach Toraks besonderer Begabung. Sie wollte sie sich einverleiben und selbst zum Seelenwanderer werden. Wie aber wollte sie sie Torak entreißen? Und wann?
    Torak kam in den Unterschlupf gekrochen. Renn hörte, wie er seine Stiefel auszog, sie zu einem Kissen zurechtlegte und in seinen Schlafsack kroch. Er fragte, ob es ihr besser gehe, was sie verneinte. Daraufhin sagte er, das tue ihm leid. Wenig später vernahm sie bereits seine regelmäßigen Atemzüge. Nach Art der Wölfe besaß auch Torak die Gabe, von einer Sekunde zur anderen wie ein Stein zu schlafen.
    Um die Mittnacht herum ging der halb aufgefressene Mond auf und Renn bat ihn um Hilfe. Seit jeher hatte sie sich dem Mond verbunden gefühlt. Wenn der Himmelsbär ihn fraß, war sie jedes Mal traurig, schöpfte aber auch jedes Mal Kraft daraus, dass der Mond immer wieder aufs Neue erschien.
    Der Mond .
    Mit einem Schlag war sie hellwach. Warum habe ich das nicht schon längst begriffen? Der Mond ist der Schlüssel zu allem!
    Bald schon, in einigen Tagen, würde sich der Mond verdunkeln. Das war

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