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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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Geräusche und Erich hörte, dass es zwei Stimmen waren, die dieses seltsame Zwiegespräch aufführten: Eine tiefe, die vom Halken stammen musste und eine hohe, die einer Frau gehörte.
    Schlagartig war Erich wach, als er begriff, was er da zu hören bekam. Er fragte sich kurz, ob Sirr die Frau im Zelt des Halken war, verwarf den Gedanken aber so schnell wieder, wie er aufgetaucht war. Schon allein die Vorstellung bereitete ihm Widerwillen. Er konnte sich aber auch nicht so recht vorstellen, dass eine der Frauen aus dem Dorf freiwillig bereit war ihr Lager mit dem Ork zu teilen. Aber das war die einzige Erklärung. Oder hatte der Ork eine Frau gezwungen? So hörte es sich aber nicht an. Erich wollte sich gerade wieder mit klopfendem Herzen hinlegen, als er eine Bewegung am Eingang zu seinem Zelt wahrnahm. Vorsichtig wurde die geflochtene Rindenplatte, die die Türöffnung verschloss, zur Seite geschoben und im spärlichen Licht, das von außen herein drang, konnte er eine schlanke Silhouette erkennen, die von silbernem Haar umgeben war. Bevor er vollends begriff, wer sich da in sein Zelt schlich, drang ein herber und doch leicht süßer Geruch in seine Nase, der ihn an ein Kaninchen oder ein anderes kleines Tier erinnerte. Erich mochte den Geruch. Er rief etwas in ihm wach, wofür er noch kein Wort hatte, das aber ebenso selbstverständlich war wie Hunger oder das Bedürfnis nach Wärme.
    „Hallo? Bist du wach?“, flüsterte die Stimme einer jungen Frau. Sie hatte die Tür von innen wieder verschlossen und tastete sich nun vorsichtig näher an Erich heran.
    „ Ich … ja, ich bin wach. Was ist los? Stimmt etwas nicht?“
    „ Ich komme zu Austausch und Verbindung. Bei dieser Musik ist es nicht leicht einzuschlafen, was?“, kicherte die junge Frau und Erich hörte etwas rascheln. Ich war über das seltsame Verhalten des Mädchens anfangs ebenso alarmiert wie Erich, aber im Gegensatz zu ihm konnte ich dank des Kristallgefüges in der Dunkelheit dabei zusehen, wie sie sich aus ihrer Kleidung schälte und dann ohne zu zögern zu Erich unter die Decke schlüpfte. Es war die gleiche junge Frau, die uns einige Stunden zuvor mit dem Dolchtanz unterhalten hatte. Es war das Albinomädchen.
    Erich erstarrte, als er ihre warme Haut an seiner spürte. Er konnte nicht wissen, dass sie überhaupt nichts mehr an hatte, aber es hätte auch keinen großen Unterschied gemacht, wenn er sich darüber im Klaren gewesen wäre. Er war auch so in Panik und ganz starr vor Schreck.
    Sein Herz schlug wie im Takt zu den wilden Schreien, die der Halken und seine Gespielin immer noch ausstießen und auch wenn er keinen Ton herausbrachte, konnte ich spüren, wie er mich anflehte irgendetwas zu unternehmen, was ihn aus dieser peinlichen Situation retten würde. Aber als ich erkannte, was hier vor sich ging, fand ich, dass es eigentlich keinen Grund zum Eingreifen gab. Ganz im Gegenteil: Die Absichten des Mädchens waren eindeutig freundlich gesinnt und Erich konnte nur von ihnen profitieren.
    Ich entfernte mich so weit der Pakt es zuließ von meinem Herrn, um zu sehen, ob Erich und der Halken die einzigen waren, die heute Nacht Gesellschaft hatten und es überraschte mich nicht, dass sich bei allen Männern Besucherinnen aufhielten, beim Halken sogar zwei Frauen gleichzeitig. Ich wunderte mich auch nicht, dass Sirr in ihrem Zelt allein blieb und dass am Stamm des Baumes, auf dem die Hürnin untergebracht waren ,weitere Frauen warteten. Das war also mit Austausch und Verbindung gemeint. Die Waldbewohner hatten ja erzählt, dass nur ein paar der Familien im Dorf Nachwuchs bekommen hatten. Die anderen schienen dazu nicht in der Lage zu sein. Zusammen mit den vielen Hürnin des Waldes, die ohne Verstand oder mit körperlichen Missbildungen auf die Welt gekommen waren, ließ das nur den Schluss zu, dass man hier schon so lange von der Außenwelt abgeschnitten war, dass unweigerlich immer mehr Verwandte miteinander Kinder gezeugt hatten. So lange bis die Männer unfruchtbar waren oder die Kinder Zeichen von Inzest trugen. Da war es nur logisch, dass man sich die Chance nicht entgehen lassen konnte, sich vorbeiziehende Männer zum Freund zu machen und sie für einige Zeit festzuhalten um etwas Abwechslung in die Abstammungslinien zu bringen. Wahrscheinlich wussten die Ältesten längst um die Ursachen des Problems, waren bisher aber nicht verzweifelt genug, in Hornhus oder andernorts Hilfe zu suchen. Da kamen ihnen Sarn und die anderen gerade

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