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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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passiert.“
    Erich schniefte. „Ich will nicht, dass so etwas passiert. Vor allem will ich nicht, dass es mir passiert.“
    Sarn war nicht in der Stimmung tröstende Worte auszusprechen. Er drehte sich nur brummend um und zog die Decke fester um seine Schultern. „Wir sind Hürnin. Wir sind nicht dafür geschaffen in unseren Betten zu sterben.Wir sind wahrscheinlich noch nicht mal dafür geschaffen Betten zu besitzen.“
     

Kapitel 8 – Wurzel allen Übels
     
    Auch wenn wir wussten, dass es nichts mehr gab, was wir für Sirr tun konnten, gingen wir am nächsten Morgen doch noch einmal zurück zum Hügel mit den Spinnwebbäumen, der sie verschluckt hatte. Wir schuldeten ihr diese letzte Ehrbekundung und den Hügel noch einmal zu sehen, half zu akzeptieren, was in der Nacht passiert war.
    Die Felsen hatten sich wieder unter die Erde zurückgezogen und die Bäume waren nun so dicht mit Spinnweben verhüllt, dass sie kaum noch zu erkennen waren. Der ganze Hügel sah aus, wie ein Kokon, den Spinnen dazu benutzen um ihre Eier darin abzulegen. Erich bekam eine Gänsehaut, wenn er sich vorstellte, dass irgendwo im Innern der leblose Körper von Sirr hing. Oder was davon übrig war.
    „ Lasst uns weitergehen.“, sagte Sarn nach einer Weile.
    „ Kommt Sirr nicht mit?“, wollte Kern wissen und deutete verwundert zum Hügel hinüber.
    Sarn schüttelte stumm den Kopf.
    „Warum nicht?“, fragte Kern weiter.
    „ Sie ist tot, Kern.“
    Der Alte legte verwirrt die Stirn in Falten, dachte eine Weile angestrengt über etwas nach und murmelte dann: „So nennt man das also.“
    Was auch immer für ein Wesen im oder auf dem Hügel hauste, es verbarg sich im Kristallgefüge so wie es sich vor den Augen der Hürnin verbarg. Ich konnte nicht erkennen, was hinter den Spinnweben vor sich ging und so setzten wir uns niedergeschlagen wieder in Bewegung. Auch wenn keiner der Hürnin Sirr leiden konnte, war sie doch zu einem Teil der Gruppe geworden und ihr Fehlen hinterließ eine merkliche Lücke. Sie fühlten sich verwundbarer denn je.
    Der Halken wurde von Zeit zu Zeit wieder von Hustenanfällen geschüttelt, aber nicht mehr so heftig wie kurz nach dem Angriff durch den Hügel. Was auch immer er in der Nacht mit diesen kleinen Tieren gemacht hatte, es schien geholfen zu haben.
    „Aber sie wird nachkommen.“, rief Kern plötzlich nach einiger Zeit des Schweigens aus und ließ die Hürnin vor Schreck zusammenfahren. „Ihr werdet schon sehen.“
    Sarn blickte ihn eine Weile an, bevor er darauf erwiderte: „Wir werden ihr folgen, mein alter Freund, nicht anders herum“.
    Nach der Ebene des Sommerfeldes, die dem Auge keine Abwechslung geboten hatte, wurde das Land langsam wieder hügeliger, je weiter wir vorankamen. Noch immer wuchs hier nicht viel, das größer war als Flechten, Moos und etwas zähes Gras. An manchen Stellen bestand das Land nur aus Rissen im trockenen Boden. Aber die Hürnin lernten das bald zu schätzen, denn hier waren es nicht die Tiere, sondern die Pflanzen, vor denen man sich hüten musste.
    Erst behauptete der Halken einen Busch gesehen zu haben, der sich bewegte, dann wurden wir alle Zeuge, wie einer der Hüpfer, die es immer noch zuhauf gab von einem solchen Busch gefressen wurde. Wie eine Spinne schlug das Gewächs seine Zweige durch den Panzer des Tiers und riss die Haut mit kräftigen Dornen auf. Es mochte nur so aussehen, aber Erich war fest davon überzeugt, dass der Busch das herunter tropfende Blut gierig mit seinen Wurzeln aufsaugte.
    Der Hügel und dieser Busch blieben nicht die einzigen Pflanzen, um die wir einen großen Bogen machten. Über weite Strecken war das Gras nur Gras, an anderen reckten sich den Hürnin die zähen Halme gierig entgegen, um ihnen die Haut aufzuritzen und ihr Blut zu trinken. Diese räuberische Lebensweise schien sich nur für die kleineren Arten auszuzahlen, denn auch wenn wir nach mehreren Stunden Wanderung immer wieder blattlose Bäume sehen konnten, unter denen Knochen vor sich hinbleichten, war alles, was uns überragte, so trocken und abgestorben wie der hartgebackene Lehm unter unseren Füßen. Erst nach weiteren Stunden begann ein armseliger Palmenwald Fuß zu fassen, der es nicht leicht hatte, sich gegen den Wildverbiss durch die Hüpfer und andere Tiere durchzusetzen. Kaum ein Stamm stand noch mit heiler Rinde da und die meisten Bäume hatten kein Laub mehr. Keiner von uns bekam mit, wie wir die zweite Schneise und vielleicht auch die dritte überquerten,

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