Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
wurde, würde auch er in das Dunkel unter Hornhus stürzen und irgendwo vor den Pilzgärten aufschlagen. Wutentbrannt stieß der Halken Sirr, die schon wieder auf den Beinen stand, beiseite und stellte sich dem letzten Angreifer entgegen.
„ Ortranc! Was ist in dich gefahren?!“, brüllte er, das lange Messer ignorierend, das direkt auf seinen Hals gerichtet war. Sirr machte sich erneut bereit zum Sprung, aber Sarn hielt sie mit einem Griff am Arm zurück. Sie schüttelte seine Hand verärgert ab, blieb aber stehen.
„ Die qualmenden Worte wollen es so. Der Junge muss sterben!“
Der schwarze Halken zuckte zusammen.
„Er steht unter dem Schutz des Halken. Du wirst sterben.“
Ortranc ließ sein Messer sinken.
„Ich habe versagt, doch niemand beendet das Leben des Ortranc außer er selbst.“
Mit diesen Worten griff sich der Ork mit beiden Händen an die Ohren, so als wolle er sie sich zuhalten.
Der Halken sprang vor, um ihn daran zu hindern, aber es war zu spät. Ortranc sank zu Boden und rührte sich nicht mehr.
Mit weit aufgerissenen Augen trat Erich nach draußen. „Was ist passiert? Wer waren diese Männer?“, fragte er atemlos.
„Sie waren dem qualmenden Rauch hörig.“, knurrte der Halken, hob das Messer von Ortranc auf und brach es an der Mauer entzwei, bevor er es in den Abgrund warf.
„ Was? Ich verstehe nicht …“
Sarn schob ihn eilends zurück in seine Höhle. „Keine Zeit für Erklärungen! Nimm deine Sachen. Ihr zwei: Bringt ihn aus der Stadt. Ich hole Kern und wir treffen uns am ersten Rastplatz! Rasch!“
Sie taten, was Sarn ihnen aufgetragen hatte. Erich versuchte noch ein paar Mal erfolglos herauszubekommen, was dieser Angriff zu bedeuten hatte, aber weder der Ork noch die Elfe antworteten ihm. Er fühlte sich zwischen dem Muskelberg und der unheimlichen Frau, die sich immer noch mit giftigen Blicken taxierten, alles andere als wohl. Erst als sie im Tunnel hinunter zum Moor angekommen waren, bemerkte er den durchdringenden Geruch, den der Ork ausströmte und fragte sich, ob er selbst oder die zahlreichen Tiere auf ihm dafür verantwortlich waren. Ich machte mir derweil über das Gedanken, was gerade passiert war. Auch über das, was Sirr zuvor gesagt hatte. Ich war nicht davon überzeugt, dass alle meine Erinnerungen falsch waren, aber ganz unrecht konnte sie auch nicht haben. Meine Erinnerungen waren in der Tat lückenhaft und ich hatte noch immer keine Erklärung dafür. Doch diese Grübeleien wurden von einer ganz anderen Sorge weggewischt, als mir plötzlich bewusst wurde, dass Erich ganz allein mit zwei wenig vertrauenswürdigen Hürnin durch einen dunklen Gang lief, während sein Lehrmeister weit entfernt war. Sirr und der Halken hatten unten in der großen Halle gemeinsam gegen die Asseln und nun gegen die Orks gekämpft, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie es nicht in Wirklichkeit auf Erichs Leben abgesehen hatten. Aber warum sollten sie Erich verteidigen, nur um ihn danach umzubringen? Ich beschloss auf jeden Fall so nah wie möglich bei meinem Herrn zu bleiben und wachsam zu sein.
Am Ende des Tunnels angekommen wälzte der Halken ohne große Mühe den Stein beiseite, der den Ausgang verschloss, und sie traten hinaus in den kalten Regen. Die Wolken hingen so tief, dass es schien als müssten die Hürnin nur die Hand ausstrecken, um sie zu berühren. Allerdings hätten sie sich dann aber auch davor fürchten müssen, von den Blitzen gebissen zu werden, die im Minutentakt in die schweren Wolken fuhren und sich darin wie Fächer ausbreiteten.
Ohne sich davon einschüchtern zu lassen machten sich Sirr und der Halken mit Erich auf den Weg nach Süden durch das Moor. Die Wolken zogen beständig aus westlicher Richtung über uns hinweg und in der Ferne über den Bergen waren Blitze zu sehen, die wie Pfeile auf die Gipfel einprasselten. Es war kalt geworden und Erich war froh um den zusätzlichen Umhang, den er von Sarn bekommen hatte. Er roch zwar ziemlich muffig, vor allem, als er sich langsam mit Feuchtigkeit vollsaugte, hielt aber einen Großteil des beständig fallenden Regens ab.
Der Halken kannte den Weg zur ersten Station, bei der wir auf Sarn und Kern warten sollten und ging uns voraus, oder vielmehr ging er Erich voraus. Die Elfe hielt sich zwar in der Nähe aber doch deutlich abseits und bedachte den Ork mit spöttischen Blicken, wenn dieser aufgrund seines Gewichts im weichen Boden einsank und sich nur mit Mühe befreien konnte. Auch Erich war bald
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