Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
es wünscht.“, knurrte plötzlich der Halken und sein Dämon verblasste.
„ Was meinte er damit ?“, wollte ich vom Halken wissen.
„ Er meint damit, dass es viele gibt, die ihr Blut schon lange nicht mehr in die Schale tropfen lassen. Die Orks machen das schon sehr lange so. Sie sind der Meinung, dass sich das Blutopfer nur im Krieg lohnt.“, antwortete Sirr für ihn.
Der Halken fuhr zu ihr herum und baute sich bedrohlich vor ihr auf, was Sirr aber nicht beeindruckte. Er versuchte ihr einen Schubser zu verpassen, aber Sirr war einfach nicht dort, wohin er seine massigen Hände schickte.
„Zeig ihm doch dein Handgelenk.“, sagte sie mit einem spöttischen Kopfnicken in Richtung seines ausgestreckten Unterarms.
Der Halken knurrte etwas, drehte sich um und stapfte weiter.
„Was ist mit seinem Handgelenk?“, fragte Erich.
„ Dort lebt ein Egel, der sich von seinem Blut ernährt. Auf dem Rücken des Egels sind Drüsen, die bei Gefahr eine rote Substanz absondern, die Blut zum Verwechseln ähnlich sieht. Im Kampf kann der Halken so seine Gegner blenden und beim Ritual muss er nicht sein Blut opfern wenn er nicht will. Alle Orks machen das so.“
„ Das Blut gehört den Ahnen, das Wasser gehört dem Stamm.“, grollte der Halken.
„ Oh, ihr könnt mit euren Körperflüssigkeiten machen, was ihr wollt.“, erwiderte Sirr leichthin. „Für die Dämonen scheint es keinen Unterschied zu machen. Zumindest hat sich bisher noch keiner beschwert.“ Sie wandte sich ab und wollte weitergehen.
„ Warte!“, rief Erich. „Heißt das, dass es egal ist, ob das Blut eines Hürnin oder etwas, das nur nach Blut aussieht in die Schale gelangt?“
Sirr blickte hinauf zu den Wolken, als sie antwortete: „Wie wir gesehen haben, ist es nicht gänzlich egal, was in die Schale fällt. Wie es scheint, ist dein Blut ein ganz besonderer Saft.“
„Aber warum? Hast du nicht gesagt, so etwas ist schon einmal vorgekommen?“
„ Ja, es ist schon einmal vorgekommen. Bei einem Hürnin namens Chon …“
„ Chon? Wer ist das?“
Sirr runzelte ärgerlich die Stirn. „Niemand.“, erwiderte sie und wandte sich ab, um sich wieder ihren eigenen Pfad durch das Moor zu suchen.
Verunsichert folgte Erich den beiden eine ganze Weile lang in einigem Abstand, bis ein plötzlicher Gedanke aus dem Meer seiner Grübeleien auftauchte. Er schloss zu Sirr und dem Halken auf und sagte nachdem er sich ein paar Mal geräuspert hatte: „Ich glaube ich habe mich noch gar nicht bei euch bedankt. Ihr habt mir das Leben gerettet.“
Der Halken schnaubte. „Es ist die Pflicht des Halken dich zu beschützen. Keine Anstrengung.“
Sirr sah die Sache ein wenig anders. „Die Zukunftsschau gehört zwar nicht zu meinen Fähigkeiten, aber ich sehe den Tag kommen, an dem du eine Gegenleistung dafür erbringen kannst. Keine Sorge, du wirst dir nicht überlegen müssen, ob du sie bringen willst, ich werde sie mir einfach holen, wenn es so weit ist.“
Nun blieb der Halken doch noch einmal stehen. Ohne die Heuschrecken über seinen Augen sah er seltsam nackt im Gesicht aus, was seine gefletschten Zähne umso wirkungsvoller zur Geltung brachte.
„Der Halken wird immer zwischen dir und dem Nachfahren von Chiludes stehen, Elfenhexe.“
Ich sah ein kurzes Aufblitzen in Sirrs Augen, aber was auch immer sie sich als Antwort auf diese Provokation überlegt hatte, sie ließ es unausgesprochen. Auch der Halken verzichtete darauf, weiter gegen Sirr vorzugehen.
„Danke jedenfalls.“, murmelte Erich kleinlaut und sie setzten ihren Weg fort.
Nach einer ganzen Weile fragte er: „Was hat der Mann mit den Worten aus dem Qualm gemeint?“
Der Halken blieb kurz stehen, um sich ihm zuzuwenden. „Die Ahnen sprechen durch den Rauch. Aber auch etwas … anderes. Etwas böses. Es ist nicht gut darüber zu sprechen.“ Damit war für ihn das Thema erledigt und auch Sirr hatte nichts hinzuzufügen.
Waren also Orks für die Angriffe auf Erich verantwortlich? Hatten sie die Riesentiere geschickt? Aber warum? Welchen Grund hätten sie gehabt Erich töten zu wollen?
Wir setzten unseren Weg unter angespanntem Schweigen fort, blieben wenig später aber bei einer verwitterten Felsplatte stehen, die dem Halken knapp bis zur Nase reichte. Er hatte bemerkt, dass sich seine Schnittwunde an der linken Hand in der Feuchtigkeit wieder geöffnet hatte. Der Halken zog deshalb ein Tuch aus einer seiner Taschen und wischte Erichs Wunde damit sauber. Der Schnitt war nicht tief,
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