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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gesonnenes.
    Abu Dun griente unverdrossen weiter wie ein zehnjähriger Knabe, dem ein Blick durch das Schlüsselloch des Frauenbadehauses gelungen war, aber seine Hand lag auf dem Schwertgriff, und seine Haltung verriet Anspannung.
    Er spürte es auch.
    Der Gedanke hätte Andrej beruhigen sollen, aber er tat es nicht.
    »Sie haben etwas vergessen«, murrte er nach einer Weile, und jetzt wieder auf Deutsch.
    »Was?«, fragte Andrej. »Und wer?«
    »Muridas Freunde«, antwortete der Nubier. »Sie hätten noch ein Schild aufstellen sollen, auf dem Achtung, Falle! steht, hübsch beleuchtet und mit einem roten Pfeil, damit wir die Richtung nicht verfehlen.« Doch Andrej war sich ganz und gar nicht sicher, dass Abu Dun mit seiner Vermutung, es könnte sich um eine Falle handeln, recht hatte.
    Aus einem ihm unbekannten Grund (der sein Unbehagen dennoch weiter schürte) war das Ufer an dieser Stelle frei von Vegetation, als hätte die Wüste einen Kundschafter vorausgeschickt, um dem Leben auch noch dieses Stück Land abzuringen. Hier und da ragte ein Felsbrocken aus dem Wasser, vielleicht auch ein Mauerrest, den die Jahrtausende so glatt geschliffen hatten, dass der Unterschied nicht einmal mehr dann auszumachen war, wenn man wusste, wonach man suchte. Sharif hatte von einer alten Hafenanlage gesprochen, und wenn er die Lage der Pyramidengräber und ihres steinernen Wächters bedachte, dann war dies eigentlich der einzig vorstellbare Ort, doch wenn, dann hatten die Jahrtausende nichts davon übrig gelassen. Flacher Sand erstreckte sich bis an den Fluss, nur hier und da unterbrochen von einem kniehohen Felsen oder einem zerschundenen Steinbuckel, die darauf warteten, von kommenden Jahrtausenden ebenfalls zu Staub zermahlen zu werden. Andrejs Verwirrung wuchs mit jedem Schritt, den sie sich dem Fluss näherten. Sharif hatte gesagt, dass er seine Männer an einen Ort bringen würde, an dem sie sich besser verteidigen konnten. Er hätte kaum einen schlechteren Platz dafür finden können. »Wohin führst du uns eigentlich, Mädchen?«, fragte Abu Dun, dem wohl die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen.
    »Es ist nicht mehr weit«, antwortete Murida, ohne zu ihm zurückzusehen, mit leiser, sonderbar schleppender Stimme. »Nur noch ein paar Schritte.« Zwei oder drei davon tat sie auch noch, dann geriet sie ins Stolpern, ruderte einen Moment lang hilflos mit den Armen und fiel dann so schwer auf Hände und Knie, dass sie vor Schmerz keuchte.
    Andrej war mit einem einzigen Satz bei ihr. Murida zitterte. Obwohl er so behutsam Zugriff, wie er nur konnte, wimmerte sie vor Schmerz, als er sie auf die Füße zog. Andrej erschrak bis ins Mark, als er in ihr Gesicht sah. Selbst im farbenverzehrenden Licht des Mondes konnte er erkennen, wie blass und eingefallen ihr Gesicht war, als wäre es in den zurückliegenden fünf Minuten um dieselbe Anzahl von Jahrzehnten gealtert. »Murida! Was hast du?« Um ein Haar hätte er sie geschüttelt, um eine Antwort zu bekommen, wäre Abu Dun nicht in diesem Moment neben ihm aufgetaucht, um ihm das Mädchen alles andere als sanft aus den Armen zu reißen und dann umso behutsamer in den Sand zu legen. »Lass das, du Dummkopf!«, fauchte er. »Macht es dir Spaß, sie zu quälen? Ich dachte, dir liegt etwas an der Kleinen!«
    »Wie?«, murmelte Andrej verständnislos. Abu Dun tat ihm auch nicht den Gefallen, eine Erklärung folgen zu lassen, sondern versetzte ihm im Gegenteil einen derben Stoß, der ihn zur Seite stolpern ließ. Dann fiel er neben dem Mädchen auf die Knie und grub eine Handvoll KatBlätter aus dem Mantel. Murida begann lauter zu stöhnen, schlang die Arme um den Leib und krümmte sich wie unter Krämpfen. Schaumiger Speichel lief aus ihren Mundwinkeln, und Andrej konnte riechen, wie ihr schlagartig am ganzen Leib kalter Schweiß ausbrach. »Was …?«, stammelte er hilflos und streckte die Hand aus, um Abu Dun von dem Mädchen wegzureißen. Doch der nubische Riese stieß ihn so grob zur Seite, dass er um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte, und beugte sich noch tiefer über Murida. Während er mit der linken Hand und reichlich unsanft ihre Kiefer auseinanderzwang, zerquetschte er die Blätter in der anderen Faust und tröpfelte ihr den Saft in den Mund. »Verdammt, was tust du da, Pirat?« »Das, was du eigentlich tun solltest!« Abu Duns Finger glitten grob über Muridas Kehle und zwangen sie zu schlucken.
    Andrej versuchte ihn erneut von dem Mädchen wegzureißen, doch Abu Dun

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