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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schritte neben Sharif spritzte eine Sandfontäne aus dem Boden, und das Echo des Schusses brach sich in den schmalen Straßen, die den Platz säumten. Mit wehendem Mantel wirbelte Sharif herum und warf den Kopf in den Nacken, er musste nicht einmal einen Befehl erteilen.
    In einer synchronen Bewegung hoben die beiden Janitscharen neben ihm ihre Musketen und drückten ab. Einer der beiden Schatten, die hinter der Brustwehr des flachen Daches aufgetaucht waren, riss die Arme hoch und kippte nach hinten. Der andere kam nicht einmal mehr dazu, seine Waffe abzufeuern, sondern fiel mit einem Schrei nach vorne und klatschte auf das Pflaster. Noch bevor er aufgeschlagen war, flogen mindestens ein Dutzend Fensterläden rings um den Platz auf, und Musketenläufe wurden herausgestreckt. Mehr als einer der Angreifer eröffnete das Feuer auch kurzerhand durch die Ritzen geschlossener Läden. Von einem Atemzug auf den anderen verschwand ein Gutteil der Fassaden hinter beißendem grauem Pulverdampf. Durch das Krachen der Schüsse hörte Andrej das Zwitschern vorbeifliegender Kugeln, orangerote Flammen stachen aus dem Rauch und spießten nach flüchtenden Männern, Funken und Steinsplitter flogen in alle Richtungen. Alles war reine Bewegung, Lärm und Chaos.
    Abu Dun rannte los, wobei er das Mädchen einfach auf die Arme nahm und an sich presste, um sie mit seinem eigenen Körper vor den Geschossen zu schützen, die die Luft wie ein Schwärm zorniger Wespen erfüllten. Andrej sah aus den Augenwinkeln, wie eine Gestalt in einem schwarzen Mantel stolperte, die Waffe fallen ließ und dann wie vom Blitz getroffen zu Boden ging. Ein zweiter Janitschar brach auf die Knie, schlug beide Hände vor das Gesicht und begann schrill zu schreien, als wollte er nie wieder damit aufhören. Eine weitere Gestalt stürzte vom Dach, von einem unsichtbaren Schützen erspäht und getroffen, und irgendetwas explodierte in einer zischenden Stichflamme, die höher als ein Mann aufschoss. Andrej duckte sich, als irgendetwas so dicht an ihm vorbeisauste, dass er die Bugwelle aus heißer Luft spüren konnte, die der Kugel folgte. Fast hätte er gelacht, als ihm die Sinnlosigkeit dieser Bewegung klarwurde. Eine Staubwolke explodierte aus Abu Duns Schulter, und Andrej musste abermals an große Männer und Zielscheiben denken. Der Nubier geriet jedoch nicht einmal ins Taumeln, sondern presste das strampelnde Mädchen nur noch fester an sich und rannte schneller. Andrej hoffte, dass er ihr nicht ganz aus Versehen ein paar Rippen brach. Das alles geschah in der ersten Sekunde. In der zweiten brach auf dem Platz die Hölle los. Eine zweite, womöglich noch heftigere Musketensalve krachte, und die Häuser auf der anderen Seite verschwanden endgültig hinter dem brodelnden blaugrauen Vorhang, als hätte ein magischer Staubsturm die Hälfte der Stadt binnen eines einzelnen Lidschlages verschlungen. Überall rings um sie herum explodierte der Boden, spritzten Funken und Steinsplitter wie winzige gefährliche Schrapnelle und Querschläger heulten durch die Luft. Dieses Mal sah Andrej, wie Abu Dun in den Oberarm getroffen und von der puren Wucht der Geschosse aus dem Tritt gebracht, aber nicht einmal verlangsamt wurde, und auch an seinem Hosenbein zupfte etwas, riss aber nur einen Stofffetzen aus der ohnehin ramponierten Hose. Unmittelbar hinter ihm fiel ein Mann, von drei Kugeln gleichzeitig getroffen, und ein zweiter sank auf die Knie, stemmte sich aber sofort wieder hoch und rannte mit schmerzverzerrtem Gesicht weiter. Hätte es noch eine dritte Salve gegeben, wäre es vielleicht um sie alle geschehen gewesen, aber sie kam nicht. Stattdessen flogen Türen und mit Brettern vernagelte Fenster auf, und dreißig oder vierzig Bewaffnete stürmten heraus, manche noch im Laufen damit beschäftigt, ihre Musketen nachzuladen, die meisten aber Schwerter, Speere oder auch einfache Knüppel schwingend und aus Leibeskräften brüllend. Zwei der drei Janitscharen, die Sharif noch geblieben waren, hatten ihre Waffen nachgeladen und schossen, woraufhin erstaunlicherweise gleich drei der Angreifer stürzten. Der Rest aber kam weiter heran und war vielleicht noch fünfundzwanzig oder dreißig Schritte entfernt.
    Andrej zog den Saif und sah aus den Augenwinkeln, wie auch Abu Dun seine Waffe zückte und herumfuhr. Mit der anderen Hand stieß er Murida direkt in Sharifs Arme, der unter ihrem Anprall fast gestürzt wäre. Die Übermach war einfach zu groß, selbst wenn die Angreifer keine

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