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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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drehte sich halb zu ihm herum und sah ihn mit kaum verhohlener Verachtung an, und sein Kamerad blaffte: »Hauptmann Sharif hat uns hergeschickt, um die Schiffe zu verbrennen.«
    »Davon weiß ich nichts. Vielleicht glaubt er ja, ihr würdet schneller arbeiten. Oder er hat es sich anders überlegt und ist zu dem Schluss gekommen, die Boote doch noch zu brauchen. Ich habe es euch jedenfalls ausgerichtet.« Er hob demonstrativ desinteressiert die Schultern, wandte sich um und sah aus den Augenwinkeln, wie der eine Soldat seine Krüge abstellte, während der zweite die Fackel kurzerhand ins Wasser warf. Gerade langsam genug, um sich auf halber Strecke von den beiden Janitscharen überholen zu lassen, ging Andrej zum Dorf zurück und schloss sich ihnen dann an. Ganz wie er es gehofft hatte, führten sie ihn geradewegs zu Sharif. Der Kommandant der kleinen Janitscharenarmee war wieder auf den zentralen Platz in der Mitte des Dorfes zurückgekehrt. Auch der Dorfälteste war wieder da und redete unter heftigem Gestikulieren und Grimassenschneiden auf ihn ein. »… flehe Euch an, Hauptmann«, verstand Andrej gerade, als er in Hörweite kam. »Nehmt uns nicht auch noch die Tiere weg! Ohne sie muss die Hälfte der Menschen verhungern! Das kann nicht der Wille des Sultans sein!« »Wenn wir die Aufständischen nicht einholen und unschädlich machen, dann werden noch hundertmal mehr Menschen sterben, und das ist ganz bestimmt noch sehr viel weniger im Sinne des Sultans«, antwortete Sharif hart. »Ich dachte, das hätte ich dir erklärt. Schreibeinen Brief an den Sultan, und man wird dich entschädigen.« »Du und dein verdammter Sultan!« Der Alte spie vor Sharif auf den Boden. »Der Teufel soll eure Seelen fressen!« »Überleg dir jetzt lieber genau, was du sagst, alter Mann«, sagte Sharif kalt. »Sultan Süleyman ist unser aller Herr!
    Auch deiner!«
    Die Antwort des Alten bestand nur aus einem abermaligen Ausspucken. »Dann erschieß mich doch! Lass deine Männer ihre Musketen nehmen und uns alle umbringen!
    Das ist barmherziger, als ein ganzes Dorf verhungern zu lassen!«
    »Der Sultan wird euch entschädigen«, sagte Sharif nur.
    »Ich sorge persönlich dafür, sobald ich wieder in Konstantinopel bin. Und jetzt verschwinde, bevor ich es mir anders überlege und dein Angebot vielleicht doch noch annehme, um meinem Herrn eine Menge Geld zu sparen.«
    Der greise Dorfälteste wollte erneut widersprechen, doch Sharif bedeutete einem seiner Männer, ihn wegzubringen, und drehte sich dann mit schlecht geschauspielerter Überraschung zu Andrej um. »Delany? Wo seid Ihr gewesen? Ich habe Euch –«
    »Was soll der Unsinn mit den Booten?«, fiel ihm Andrej ins Wort. »Wieso habt Ihr Euren Männern befohlen, sie in Brand zu stecken?«
    »Das habe ich in der Tat«, bestätigte Sharif, warf den beiden Männern einen leicht vorwurfsvollen Blick zu und suchte dann mit verwirrter Miene den Himmel ab.
    »Allerdings sehe ich keinen Rauch … ihr habt die Schiffe doch angezündet, oder?«
    »Der Ungläubige hat –«
    »Ich habe sie daran gehindert«, mischte sich Andrej ein.
    »Und ich werde es auch nicht zulassen.«
    »Nein?«, erkundigte sich Sharif. »Werdet Ihr nicht?«
    »Bei Gott oder Allah oder an wen immer Ihr auch glaubt, Sharif!«, begehrte Andrej auf. »Habt Ihr den Verstand verloren? Allmählich frage ich mich, ob der alte Mann nicht recht hat und es barmherziger wäre, die Leute hier gleich zu erschießen! Lasst ihnen doch wenigstens die Schiffe, damit sie fischen können!«
    »Fische fangen kann man auch vom Ufer aus«, antwortete Sharif. »Aber mit einer Angel kann man nicht losfahren und uns an unsere Feinde verraten.«
    »Als ob sie nicht längst wüssten, wo wir sind!«
    »Wahrscheinlich«, gestand Sharif. »Aber zwischen wahrscheinlich und gewiss gibt es immer noch einen Unterschied, auch wenn er in diesem Fall zugegebenermaßen nicht besonders groß ist. Aber ich trage die Verantwortung für das Leben jedes Einzelnen meiner Männer, und ich nehme diese Verantwortung ernst.
    Auch Ihr wart doch einmal Soldat, Andrej, nicht wahr? Habt Ihr nicht auch alles getan, um die Männer zu beschützen, die unter Eurem Kommando gestanden haben?«
    »Man könnte meinen, Ihr legt es darauf an, dem Machdi neue Anhänger zu bescheren. Für wen werden sich die Menschen wohl entscheiden, wenn sie hören, was hier geschehen ist, Hauptmann?«
    »Mit Worten könnt Ihr wirklich umgehen, das muss man Euch lassen«, antwortete Sharif kalt.

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