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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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uralten Gebäudes, die so verfallen waren, dass man ihren ursprünglichen Zweck nicht mehr erraten konnte, Zuflucht gesucht – verwitterte und von den Jahrhunderten glatt geschmirgelte Mauerreste, die halb aus dem Wasser ragten und vielleicht ebenfalls zu einer längst vergessenen Hafenanlage gehörten, ebenso gut aber auch vor ungezählten Jahrhunderten an Land gestanden haben mochten, als das Ufer des Nil noch einem anderen Verlauf gefolgt war. Sharifs Männer hatten sich zwischen den halb überfluteten Mauern verteilt und ihre Verfolger mit einem Kugelhagel empfangen, der selbst die Hartnäckigsten unter ihnen davon überzeugt hatte, dass dieser Angriff keine besonders gute Idee war.
    Und wahrscheinlich würde diese tausend Jahre alte Ruine auch ihr aller Grab werden.
    »Bereut Ihr es schon, mich begleitet zu haben, Andrej?«
    Überrascht, dass er seine Annäherung weder gehört noch auf anderem Weg bemerkt hatte, antwortete Andrej: »Das habe ich schon getan, bevor wir überhaupt aufgebrochen sind.«
    »Ein einfaches Ja oder Nein hätte auch ausgereicht.«
    Sharif trat neben ihn und sah auf den Fluss hinab. »Aber dann hätte ich Euch nicht fragen können, warum Ihr uns trotzdem begleitet habt, nicht wahr?«
    Andrej lächelte und dachte wieder, wie schon so oft in den zurückliegenden Tagen: Wären die Umstände ihres Kennenlernens nur etwas anders gewesen, hätte dieser Mann gut sein Freund werden können. »Ich kann mich nicht erinnern, dass Ihr uns die Wahl gelassen habt«, antwortete er.
    Sharif maß ihn mit einem sonderbaren Blick, machte einen weiteren Schritt und ging unmittelbar vor dem Wasser in die Hocke, bevor er antwortete. »Mit Verlaub, Andrej - aber der Mann, der Euch zu etwas zwingen kann, ist noch nicht geboren.«
    »Warum hätte ich Euch dann begleiten sollen, Hauptmann?«
    »Sagt Ihres mir, Andrej.« Sharif deutete ein Schulterzucken an. Es wirkte, als würde ihm die Bewegung Schmerzen bereiten. Statt weiterzusprechen, ließ er sich auf das linke Knie sinken und schob den Ärmel hoch, sodass Andrej den blutverkrusteten Handrücken und den rot getränkten Stoff des Hemdsärmels sah. Bei all der Gewalt und dem Morden und Sterben, dessen Zeuge er heute geworden war, hatte er ganz vergessen, dass auch Sharif verletzt worden war. Da der Hauptmann jedoch nicht von sich aus darauf einging, hielt auch Andrej es nicht für notwendig.
    »Es ging um Euren Freund und sein Problem mit dem Kat«, fuhr Sharif fort, während er damit begann, behutsam seine Hand zu säubern. Er hatte sich einen üblen Schnitt am Handballen eingehandelt, und die behutsame Art, auf die erden Arm bewegte, ließ Andrej mutmaßen, dass das nicht seine einzige Verletzung war. »Oh ja, und natürlich um das Mädchen.«
    »Welches Mädchen?«, hörte sich Andrej selbst fragen. Er kam sich selbst albern vor. Sharif überging die Frage einfach und fuhr fort: »Ich wünschte, Ihr hättet getan, worum ich Euch gebeten habe und sie weggebracht.«
    »Wenn man es genau nimmt, dann habe ich das getan, worum Ihr mich gebeten habt und die Machdiji vor Eure Musketenläufe geführt«, antwortete Andrej. »Oder etwa nicht?«
    »Ja«, gestand Sharif. »Aber vielleicht hatte ich einfach gehofft, dass Ihr meinen Befehl missachtet und sie wegbringt.«
    »Es wäre ihr sicherer Tod gewesen.«
    »Das ist wahr. Aber weder ich noch Ihr konntet es wissen.«
    Sharif ballte die Finger prüfend zur Faust und stand auf.
    »Gut, dass Ihr es nicht getan habt. Aber beantwortet Ihr mir eine Frage, Andrej, ganz ehrlich?«
    »Das kommt auf die Frage an.« Andrej zögerte einen Moment und verbesserte sich dann: »Ja.«
    »Empfindet Ihr etwas für Murida?«
    »Ich wäre nicht hier, wenn es nicht so wäre«, antwortete Andrej wahrheitsgemäß, »aber ich kann auch nicht –«
    »Ihr jedenfalls seid ihr umgekehrt nicht gleichgültig«, fiel ihm Sharif ins Wort. »Das Mädchen mag Euch.«
    »Sie ist ganz wild nach meinen Augen«, bestätigte Andrej.
    »Ich nehme an, deswegen will sie sie mir auskratzen.«
    Sharif blieb ernst. »Sie mag Euch, Andrej. Wahrscheinlich sogar mehr als nur das.«
    Als ob er das nicht wüsste! Trotzdem antwortete er: »Sie hat eine sonderbare Art, das auszudrücken.«
    »Aber es ist so«, beharrte Sharif. »Ihr solltet in ihre Augen sehen, wenn sie über Euch redet.«
    »Sprühen sie Funken?«, fragte Andrej.
    Sharif ignorierte auch das. »Und Ihr solltet hören, wie sie über Euch spricht. Glaubt mir, ich kenne mich aus. So redet eine Frau nicht

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