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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie unauffällig stets einen viertel oder allerhöchstens halben Schritt vorausgehen ließ, überließ Andrej es Murida, ihren Kurs zu bestimmen, vermutlich ohne dass es ihr selbst bewusst war. Vielleicht marschierte sie auch einfach aufs Geratewohl ins Ungewisse hinein; in diesem Punkt (und wenn er ehrlich war, nicht nur in diesem) war Sharifs Plan eher vage gewesen. Um nicht zu sagen, es gab keinen. Andrej sollte es recht sein. Er war des Tötens müde und wollte nur weg. Und was Abu Dun anging …
    Nein, darüber wollte er nicht nachdenken.
    Schweigend marschierten sie, bis die kurze Dämmerung bevorstand und es Zeit wurde, das erste Nachtlager aufzuschlagen. Sharif hatte ihm einen kleinen Vorrat an Feuerholz mitgegeben, den er im letzten Licht des Abends und in den Schatten eines hausgroßen Felsens zu einer Pyramide aufstapelte und mit einem Feuerstein in Brand setzte. Das Holz würde nicht einmal für eine Nacht ausreichen, und Andrej hätte weder seine Wärme noch die Ruhepause gebraucht aber er wusste, wie eisig die Nächte in der Wüste werden konnten, und Murida trug nur ihr dünnes Gewand und darüber den schwarzen Mantel der Machdiji, der beeindruckend und bedrohlich aussah, aber weder vor Kälte noch dem schneidenden Wüstenwind schützte. Als die Sonne erlosch und die Nacht über die Wüste hinwegrollte, prasselte ein behagliches Feuer zwischen ihnen. Murida hatte eine ganze Weile damit zugebracht, ein wenig abseits und mit leerem Blick und unbewegter Miene in die Ferne zu starren, bis es ihr schließlich zu langweilig wurde und sie sich wenigstens herumdrehte, um ihm zuzusehen. Doch beinahe ebenso rasch wie die Dunkelheit kam auch die Kälte, und ihr Trotz hielt nur noch wenige Minuten vor, ehe sie schließlich aufgab und ein Stück näher rückte, nahe genug, um wenigstens einen Hauch von Wärme einzufangen – oder es sich wenigstens einreden zu können.
    Andrej öffnete seinen Beutel und kramte die Lebensmittel heraus, die Sharif ihnen mitgegeben hatte: Datteln, steinhart gebackenes Brot und nicht minder hartes Dörrfleisch, und das in einer Menge, die darauf schließen ließ, dass er nicht mit einer besonders langen Flucht gerechnet hatte.
    Schweigend hielt Andrej Murida einen großzügig bemessenen Anteil hin, doch sie schien es nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen, sondern starrte ihn nur weiter aus Augen an, in denen etwas zu lesen war, das er nicht deuten konnte. Doch es war sehr intensiv.
    »Das ist albern«, sagte Andrej, doch sie nahm es nicht. Schließlich sah er ein, dass er sich selbst kaum weniger kindisch benahm, steckte den Beutel wiederweg, ohne seinen Inhalt auch nur angerührt zu haben, und zog stattdessen das Kat hervor. Muridas Gesicht blieb unbewegt, aber in ihren Augen loderte für einen winzigen Moment Gier auf. Der Anblick traf Andrej wie ein Messerstich ins Herz.
    Ersetzte dazu an, ihr den Beutel zuzuwerfen, doch dann besann er sich auf Abu Duns Warnung und nahm lediglich zwei der filigranen Blätter heraus, um sie ihr zu reichen. Einen Moment lang glaubte er, sie würde ihn auch weiter mit Missachtung strafen, doch der Ruf der grünen Blätter war offensichtlich stärker. Wie eine Ertrinkende, die nach dem berühmten Strohhalm greift, riss sie ihm die Blätter aus der Hand und schlang sie gierig hinunter. Durch die hastige Bewegung hätte sie um ein Haar in der Hocke das Gleichgewicht verloren, fing sich gerade noch ab und nutzte die Gelegenheit gleich, um unauffällig etwas näher an das Feuer heranzurücken. Andrej musste sich beinahe auf die Zunge beißen, um ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Genug?«, fragte er.
    Als Murida stumm den Kopf schüttelte, gab Andrej ihr ein weiteres Blatt, das sie ebenso gierig vertilgte wie die beiden ersten, nur um gleich darauf erneut fordernd die Hand auszustrecken. Andrej schüttelte jedoch nur den Kopf und steckte den Beutel demonstrativ ein. »Das muss für heute genügen.«
    Wenigstens hoffte er, dass es so war. Dass Abu Dun Unmengen von dem Zeug in sich hineinstopfte, bot keinerlei Anhaltspunkt darauf, wie viel Kat ein normaler Süchtiger brauchte – falls es so etwas wie einen normalen Süchtigen denn gab. Murida sah ihn jedenfalls auf eine Art an, die ihn mutmaßen ließ, dass diese Ration zu klein war. Seine Hand wollte ganz ohne sein Zutun unter den Mantel kriechen und nach dem Beutel mit Kat greifen, doch stattdessen fragte er: »Warum nimmst du dieses Dreckszeug?«
    »Weil ich es brauche«, antwortete Murida erst nach einer

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