Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
vertrauenswürdig genug ist, um ihm diese Aufgabe zu übertragen«, sagte der Machdi. Andrej lauschte auf eine Spur von Mitgefühl oder wenigstens Bedauern in seiner Stimme, doch vergeblich.
»Und wir müssen dieses Lager räumen«, fügte Hadschi hinzu. »Wenn Najid geredet hat, dann wissen sie davon.«
Er deutete auf den in Sackleinen eingeschlagenen Ballen, auf dem der Machdi bei ihrem Eintreten gesessen hatte.
Es war nicht der Einzige seiner Art.
»Meinst du nicht, dass sie dann schon längst hier wären, mein Freund?«, fragte der Machdi.
Hadschis Blick ließ Andrejs Gesicht nicht los. »Vielleicht sind sie das ja schon«, sagte er.
»Nein, das glaube ich nicht.« Der Machdi sah auf Abu Dun herab, der aufgehört hatte zu zittern und sich mühsam auf Hände und Knie hochzustemmen versuchte. Sein Gesicht glänzte immer noch vor Schweiß. »Andererseits ist der Sultan nicht umsonst für seine Verschlagenheit bekannt.«
Wortlos und nachdenklich sah er nun Andrej an und streckte schließlich die Hand aus, und Andrej gab ihm den Saif zurück, den er ihm gerade erst zugeworfen hatte.
»Ich muss darüber nachdenken. Wenn ich zu dem Schluss komme, dass dein Freund und du die Wahrheit sagt, dann ist es eure Entscheidung, ob ihr euch uns anschließt oder eurer Wege geht. Gibst du mir dein Wort, bis dahin nichts Unbedachtes zu tun?«
»Und wenn nicht?«, fragte Andrej.
»Passiert jetzt dasselbe, was sonst geschieht, wenn der Machdi zu dem Schluss kommt, dass er euch nicht trauen kann«, sagte Hadschi. Seine Hand lag auf dem Schwertgriff, und man sah ihm an, dass er es gar nicht abwarten konnte, es zu ziehen.
»Nehmt es meinem Freund nicht übel, Andrej«, sagte der Machdi mit einem angedeuteten verzeihenden Lächeln.
Besänftigend hob er die Hand in Hadschis Richtung, woraufhin der tatsächlich die Hand vom Schwert nahm. »Er bevorzugt nun einmal das direkte Wort und ist manchmal misstrauischer, als angebracht ist.«
»Ich nehme an, er hat schlechte Erfahrungen gemacht«, sagte Andrej.
»Das auch«, bestätigte der Machdi. »Also?«
Andrej nickte, und der Ausdruck auf dem Gesicht des Machdi änderte sich abermals. Er deutete auf den Ballen, auf dem er gesessen hatte. »Wir könnten Hilfe dabei brauchen, diese Fracht auf die Schiffe zu bringen.«
Kapitel 7
Insgesamt waren es fast zwei Dutzend der großen Ballen gewesen, die sie, er und Abu Dun, fast allein auf drei der kleinen Schiffe verladen hatten, die am Ufer lagen – genug, um die halbe Stadt in einen Kat-Rausch zu versetzen. Die Ballen, klobige Würfel von fast einem Meter Kantenlänge, waren so schwer, dass selbst zwei kräftige Männer Mühe hatten, sie zu tragen, während Abu Dun sich nicht nur jeweils allein einen der Würfel griff, sondern sich auch noch einen Spaß daraus machte, ihn auf nur einer Schulter zu balancieren und schräg vor sich hin zu pfeifen, während er ihn zum Boot trug. Anschließend hatte niemand mehr etwas dagegen einzuwenden gehabt, ihm auch den Rest der Arbeit zu überlassen. Immerhin wurde ihm nach jedem Gang angemessen applaudiert.
Andrej beobachtete alles mit gemischten Gefühlen. Er kannte Abu Dun gut genug, um zu wissen, wie sehr dieser es liebte, mit seinen gewaltigen Körperkräften anzugeben und sich entsprechend bewundern zu lassen, aber so aufgedreht, fast schon hysterisch, auf eine unterschwellige Art aggressiv, hatte er ihn bisher noch nie erlebt. Er sah einen Mann im Kat-Rausch, und das machte ihm Sorgen.
Denn dieser Mann hieß Abu Dun und war ein Unsterblicher.
Dank Abu Duns Hilfe war die Arbeit schnell getan. Die drei Boote legten ohne einen weiteren Befehl ab und verschwanden in der Nacht. Nur der Machdi selbst, sein Leibwächter mit dem gewaltigen Säbel und selbstverständlich Hadschi waren zurückgeblieben, was Andrej doch einigermaßen überraschte. Er schien entweder vollkommen auf seine beiden Begleiter zu vertrauen oder war einfach dumm – und beides konnte er sich nicht vorstellen.
»Wohin bringen sie das Zeug?«, fragte Abu Dun, nachdem das letzte Boot verschwunden war.
»Das wüsstest du gern, wie?«, schnaubte Hadschi.
Abu Dun sah mit nachdenklicher Miene auf ihn herab.
»Selbstverständlich«, sagte er ernsthaft. »Ich könnte den einen oder anderen Ballen brauchen.«
Hadschi warf ihm nur einen finsteren Blick zu, doch der Machdi überlegte einen Moment und gab ihm dann einen knappen Wink. Der Mann wirkte nicht begeistert, griff aber schließlich doch unter seinen Mantel und händigte
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