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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kürzerer Zeit davon erholt. Etwas stimmte nicht mit ihm. Und Andrej hatte auch eine ungefähre Vorstellung davon, was es war.
    Sharif hatte ihm den Beutel mit dem restlichen Kat zurückgegeben, und Andrej entnahm ihm gleich drei der filigranen Blätter. Nur unter Einsatz seiner enormen Körperkraft gelang es ihm, Abu Duns Kiefer auseinanderzuzwingen, um sie ihm auf die Zunge zu legen. Als er seinen Griff löste, schlugen Abu Duns Zähne mit einem Geräusch wie eine zuschnappende Rattenfalle aufeinander. Doch Andrej wartete vergeblich darauf, dass er die Blätter schluckte oder wenigstens zu kauen begann. Grünlicher Pflanzensaft lief aus seinem Mundwinkel, und Andrej wollte gerade die Hand ausstrecken, um ihn wegzuwischen, als sich Abu Dun mit einem neuerlichen Grunzen wieder auf den Rücken drehte und zuerst zu husten und dann zu schlucken begann.
    »Ihr solltet ihm nicht zu viel davon geben. Es heißt, es verleihe denen, die seiner Verlockung erliegen, fast übermenschliche Kräfte, aber es verzehrt sie auch.«
    Sharif drückte die Tür genauso lautlos wieder hinter sich zu, wie er sie geöffnet hatte, und kam so leichtfüßig näher, dass es bei einem so großen und massigen Mann schon beinahe unheimlich wirkte. »Auch wenn ich mich allmählich zu fragen beginne, ob es überhaupt etwas gibt, was ihm ernsthaft schaden kann.«
    Es war nicht das erste Mal, dass er eine solche Anspielung machte, und Andrej überging sie auch jetzt wieder. »Wenn Abu Dun stirbt«, sagte er stattdessen, »dann töte ich euch. Beide. Euch und den Sultan.«
    Jetzt war es Sharif, der es vorzog, so zu tun, als hätte er die Worte nicht gehört. Er nahm sich ein Stück Obst vom Tisch und kaute wie in Gedanken versunken, während er auf den reglos daliegenden Nubier hinabsah. »Wann wird er wieder zu sich kommen?«, fragte er.
    Andrej blieb ihm auch auf diese Frage die Antwort schuldig, ganz einfach, weil er es nicht wusste. Er hätte längst wieder wach sein müssen.
    Und als wäre dieser Gedanke ein Stichwort gewesen, auf das er nur gewartet hatte, öffnete Abu Dun laut grunzend die Augen und stemmte sich unsicher auf die Ellbogen hoch. »Auch wenn es dir nicht gefällt, aber ich glaube, die Antwort auf deine Frage lautet: Jetzt!
    Er spricht undeutlich, stellte Andrej besorgt fest. Und auch seine Augen wirkten noch ein wenig verschleiert.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Sharif.
    »So schlecht, dass es gut für dich ist«, grollte Abu Dun.
    »Weil du sonst aufstehen und es mir nicht nur mit Worten beweisen würdest«, vermutete Sharif, nickte und biss so krachend in seine Frucht, dass der Saft spritzte. Mit vollem Mund kauend fuhr er fort: »Ich kenne Männerwie dich, mein Freund.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Abu Dun. Andrej dachte es nur.
    »Wenn du unbedingt darauf bestehst, dann warten wir ab, bis du dich vollkommen erholt hast, und klären dann die Frage, wer von uns beiden der Stärkere ist, mein Freund.«
    »Ich bin sehr stark«, sagte Abu Dun ernst.
    »Ich auch«, antwortete Sharif, zwar ungerührt weiter kauend, aber auch genau so ernst wie der nubische Riese, aber dann kehrte das spöttische Funkeln in seine Augen zurück. »Ich schlage trotzdem vor, dass wir für den Augenblick einen … Burgfrieden schließen, wie ihr Abendländer sagt. Das war doch das richtige Wort, oder?« »Was willst du?«, fragte Abu Dun. Er setzte sich weiter auf, erhob sich aber nicht ganz. Andrej hatte den Eindruck, dass ihm die Bewegung wirkliche Mühe bereitete, nicht nur gespielte.
    Sharif biss noch einmal in die Frucht, schluckte den Bissen geräuschvoll herunter und legte den angebissenen Rest dann auf den Tisch zurück. »Du willst gleich zum Thema kommen. Das soll mir recht sein.« Ersetzte sich. »Ich habe mit dem Sultan gesprochen, und ich konnte ihn überzeugen, dass es besser ist, euch zumindest für den Moment weiter als Verbündete zu betrachten.« Abu Dun riss die Augen auf, und auch Andrej konnte gerade noch einen erstaunten Laut unterdrücken. »Für den … Moment?«, vergewisserte sich Abu Dun. »Sultan Süleyman ist ein … vorsichtiger Mann«, antwortete Sharif zögernd und mit einem angedeuteten Lächeln, das Andrej annehmen ließ, dass ihm eigentlich ein ganz anderes Wort auf der Zunge gelegen hatte. »Und nach dem, was vergangene Nacht geschehen ist, kann man es auch beinahe verstehen.«
    »Ach ja?«, spöttelte Abu Dun. »Vertauschst du da nicht gerade Ursache und Wirkung, starker Mann?« Sharif überging den Einwurf. Er

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