Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
Hinsicht vermag. Wir tun nichts anderes, als Elemente miteinander zu verknüpfen oder sie zu lösen. Wenn ich die Gestalt wandle, binde ich meinen Geist an eine Tierform. Auch das Heraufbeschwören von Nebel oder Wind ist eine Form des Bindens, ebenso wenn ich mich mit einem Tarnzauber umgebe oder Oberon meine Gedanken hören lasse. All dies ist nur möglich, weil wir mit der natürlichen Welt verbunden sind, indem wir in ihr leben. Wir könnten niemals etwas auf magische Weise binden, wären die Fäden, die uns mit der gesamten Natur verknüpfen, nicht bereits da. Und weil wir Druiden diese Verbindungen sehen und wissen, dass scheinbar nicht zusammengehörige Dinge in Wahrheit in enge Beziehung zueinander treten können, übertreffen wir Druiden die meisten anderen magisch Bewanderten in der Wahrsagekunst. Unsere intime Kenntnis der Natur macht uns auch zu hervorragenden Herstellern von Heilmitteln, Giften und sogar Zaubertränken. Wir können rennen, ohne zu ermüden, indem wir Kraft aus der Erde ziehen, und unsere Wunden heilen ziemlich schnell. Wir sind ausgesprochen hilfreiche und nützliche Zeitgenossen. Aber wir schleudern keine Feuerkugeln aus unseren Händen, fliegen nicht auf Besen und lassen keine Menschenköpfe explodieren. Diese Art Magie ist nur durch eine radikal andere Sicht auf die Welt möglich –und indem man seinen Geist an extrem widerwärtige Kreaturen bindet.
Die Bindezauber auf Fragarach waren einfach, aber effektiv. Einer hielt die Ölhaut versiegelt, ein weiterer band das Schwert an seine Scheide, und ein dritter sorgte dafür, dass das Schwert meinen Garten nicht verlassen konnte. Alle drei konnten mit meinem Blut und meinem Speichel gelöst werden – Körperflüssigkeiten, mit denen ich nicht sehr freizügig umging.
Aber der raffinierteste Bann, der gegenwärtig auf Fragarach ruhte, war der Tarnspruch um die gesamte Waffe, welcher die Illusion erzeugte, an diesem Schwert wäre nichts, aber auch gar nichts Magisches. Obwohl ich genau wusste, dass meine Bindezauber da waren, konnte ich sie nicht wahrnehmen. Und obwohl Fragarach einer der mächtigsten jemals geschaffenen magischen Gegenstände ist und förmlich vor Feenenergie vibrieren sollte, lag es vor mir wie ein harmloses Bühnenrequisit. Ich wusste, dass dieser Tarnspruch sogar bei den TUATHA DÉ DANANN wirkte, denn FLIDAIS hatte bei ihrem Besuch die magischen Schwingungen des Schwerts nicht gespürt.
Einen solchen Tarnspruch zu wirken lag weit jenseits meiner Möglichkeiten. Derartige Bannsprüche sind in der Welt der Druiden unbekannt. Eine befreundete hiesige Hexe namens Radomila hatte das für mich übernommen. Im Austausch dafür war ich in ein Flugzeug nach San Francisco gestiegen und von dort nach Mendocino gefahren. In der Gestalt eines Seeotters hatte ich eine mit großen Rubinen besetzte goldene Halskette aus dem Meer geborgen, und zwar aus der Umklammerung eines Skeletts, über dessen Lage Radomila erstaunlich präzise Informationen besaß. Sie hatte hoch erfreut gewirkt, als ich ihr die Kette überreicht hatte, und obwohl ich über ein zweitausendjähriges Geheimwissen verfüge, konnte ich mir keinen Reim darauf machen, was es mit diesem Schmuckstück auf sich hatte. Tja, Hexen werden mir wohl ewig ein Rätsel bleiben.
Was den Handel aber für mich besiegelt hatte, war, dass der Tarnspruch nur entfernt werden konnte, indem ich großzügig Tränen vergoss. Zugegebenermaßen habe ich kaum je eine Träne verdrückt, bevor ich Feld der Träume gesehen hatte. Aber wenn Kevin Costner am Ende des Films seinen Vater fragt, ob er eine Runde Baseball mit ihm spielt, kann ich mich nicht mehr beherrschen. Und jeder Mann, dem es nicht so geht, ist beim Anschauen des Films entweder in weiblicher Begleitung oder er war mit einem ungewöhnlich einfühlsamen Vater gesegnet. Jedenfalls schluchze ich jedes Mal wie ein liebeskranker Teenager, wenn ich diese Szene sehe oder bloß daran denke. Mein Vater hätte nie eine Runde Baseball mit mir gespielt – mal abgesehen davon, dass er schon über zweitausend Jahre tot ist und Baseball zu seiner Zeit noch gar nicht erfunden war. Die Vorstellung meines Vaters von einer gelungenen Vater-Sohn-Beziehung beschränkte sich darauf, mich in Teergruben zu schubsen, um mir eine Lehre zu erteilen; wobei ich nie genau verstand, worin diese Lehre eigentlich bestand, außer dass ich mich verflucht noch mal von Teergruben fernzuhalten hatte. Sollte ich also den Tarnspruch je lösen wollen, brauchte ich nur
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