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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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doch im Lauf der Jahre hatte der Dampf aus den Waschzubern die Farbe von den Wänden blättern lassen. Sorrens helle Haut war scharlachrot. Als Paxe eintrat, ließ sie das Handtuch fallen und flüchtete wie ein Reh zwischen den Zubern zu ihr.
    »Du wirst dich kratzen«, sagte Paxe und hielt sie mit sanftem Druck von ihrem Brustpanzer weg.
    »Das ist mir gleich«, sagte Sorren.
    Paxe blickte in dem dunstigen Gemach herum. »Wo ist Lalith? Ich hab' ihr doch befohlen, bei dir zu bleiben!«
    Sorren sagte: »Der Koch hat sie gebraucht, also hab' ich gesagt, sie soll gehen. Ich bin ganz in Ordnung.«
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte Sorren. Unter ihrem glatt aus der Stirn zurückgelegten Haar sah sie aus wie ein bleicher pelzloser Seehund. Paxe fuhr ihr streichelnd über das Gesicht.
    »Bist du so nackig hier herübergelaufen?«
    »Aber nein! Lalith hat meine dreckigen Sachen genommen und mir frisches Zeug gebracht.« Sie nahm die sauberen Kleider von einem Haken und begann sich anzuziehen. Sie zog die Bundschnur ihrer Hosen ganz fest an. »Paxe, wie ist das passiert?«
    Paxe antwortete: »Ich weiß es nicht, chelito!« Aber ich habe so meine Vermutungen, dachte sie. Ron Ismenin hat dafür gesorgt, daß es passiert. Sie dachte an Dobrin, und ihr Herz versetzte ihr einen Stich.
    Sorren wand sich das Haar um die Hände und drückte es wie ein nasses Tuch. Wasser tröpfelte zu Boden. »Gibt es heut abend wirklich eine Ratssitzung?« fragte sie.
    »Arré sagt es«, antwortete Paxe mit ein wenig Neid auf die Elastizität der Jugend. Sie können so schnell vergessen, dachte sie, das Entsetzen streift durch ihre Seelen wie ein schlimmer Traum. »Wirst du dich auch wirklich gut genug fühlen und bedienen können?«
    Sorren runzelte die Stirn. »Ich bin doch kein Kind mehr!« Sie streckte die Hände vor und begutachtete sie: die Knöchel, Nägel, die Handflächen. Paxe blickte sie fragend an, und Sorren errötete. »Es war Blut an ihnen.«
    Paxe ergriff die makellos sauberen Hände mit ihren beiden großen Händen und küßte sie. »Wenn dir etwas geschehen wäre ...« Sie konnte nicht zu Ende sprechen. Eine flüchtige qualvolle Vision streifte sie: Sorren, leblos auf der Straße hingestreckt. Ein schrecklicher Zorn schwoll durch ihre Muskeln, und sie begann zu zittern wie ein Espenblatt.
    Sorren fragte: »Paxe?«
    »Nichts. Es ist nichts. Chelito, ich bin im Dienst, ich muß fort.« Sie stieß die Tür der Waschküche auf, und sie traten hinaus. Nach der dunstigen Hitze fühlte sich die Brise angenehm kühl an.
    Der Himmel im Westen verblich langsam zu Lavendelblau, je mehr die Sonne ihren Sturz in die Berge beschleunigte. Paxe zog Sorren an sich und küßte sie auf den Mund. Die Lippen des Mädchens waren weich, und sie schmeckten nach Seife. »Trink ein paar Schluck Wein heut abend, ehe du schlafen gehst«, schlug sie vor.
    »Ich möchte lieber Himmelskraut rauchen«, sagte Sorren. Sie gingen zurück zum Haus.
    »Hofmeisterin!«
    Paxe drehte sich um. Sekki kam eilends über den Hinterhof auf sie zu. »Hofmeisterin, wir haben ihn gefunden.«
    »Wen?« fragte Paxe.
    »Den Mann, den du sehen wolltest. Jemand, der gesehen hat, wie der Krawall anfing. Er ist Fischer, und er hat alles von Anfang an gesehen, sagt er, und ist davongerannt, als die Wachen aufzogen. Er hat sich in einer Latrine versteckt, und er stinkt zum Mond, aber er will gern alles sagen.«
    »Wo ist er?« fragte Paxe.
    »Im Waffenhof. Kaleb hält ihn dort fest.«
    Paxe sagte: »Ich komme sofort.«
     
    Der Name des Fischers war Luki. Er war jung, kaum sechzehn, aber seine Schultern waren breit wie die eines ausgewachsenen Mannes, und er hatte krumme Beine wie einer, der die meiste Zeit damit verbringt, die Beine in die Wanten eines Bootes gegen das Rollen und Stoßen der See zu stemmen.
    Sie nahmen in ins Waschhaus und gossen ihn ab, doch er stank noch immer. Es war Paxes Idee, daß Arré in der Küche mit ihm sprechen solle. Nach einigem Bohren gestand er, daß er seit dem Morgengrauen nichts mehr gegessen hatte. Paxe schnitt ihm Brot und Käse ab, Arré setzte sich auf einen Hocker, der Junge auf einen anderen, das Brot in der einen, den Käse in der anderen Hand, abwechselnd große Bissen abbeißend, begann er zu schlingen.
    Der Junge hatte die grobe Baumwollkleidung der Armen an, und seine Arme und Hände waren von Narben übersät – »von den Schuppmessern«, sagte er, als Arré ihn nach ihrem Ursprung fragte. Langsam taute er auf, ganz offensichtlich

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