Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden
Armsessel herum, ehe er zu sprechen begann. »Marti, man hat mich unterrichtet, daß drei deiner Soldaten bei diesem Zwischenfall verwundet wurden. Es tut mir so leid.«
»Ich danke dir«, antwortete Marti. »Das ist sehr nett von dir.«
Boras Sul kam durch die Doppeltür. »Schrecklich, schrecklich!« rief er laut. »Schockierend!« Er sank in einen Sessel. »Widerwärtig scheußlich!«
Marti sagte: »Boras, bist du nur fähig, jeweils ein einziges Wort auszusprechen?«
Er glotzte sie mit verletztem Gesichtsausdruck an. »Ich ...«
»Wenn du nämlich nicht in ganzen Sätzen zu sprechen vermagst, dann ersuche ich dich, den Mund zu halten!«
Er übergoß sich mit einem unschönen Rot und riß Sorren den Wein aus der Hand, ohne sie überhaupt wahrzunehmen. »Bin zutiefst betrübt«, sagte er steif.
Kim bemerkte: »Unsere Schreiberin ist nicht da.«
»Sie kommt noch«, sagte Arré. »Geduld ist eine Tugend, Kim!«
Sorren brachte Arré ihren Tee in einer Schale mit roten und blauen Fischen. Die Fischschwänze wirbelten in dem Keramikmeer. Sie erinnerten Arré an Tänzer. Wir alle sind Tänzer, dachte sie, besonders Isak, und der ist heute abend nicht hier. Und Ron Ismenin. Aber das hier ist mein Haus, und so werde ich diesen Tanz bestimmen. Sie nippte an ihrem Tee. Sorren hatte Honig hineinfließen lassen, und die Süße wirkte besänftigend auf Arré. Die Lampenflammen flackerten in ihren bemalten Gefängnissen, und der Südwind rüttelte an den Fensterschirmen.
Azulith trat ein. In dem gedrückten Schweigen ließ sie sich links von Arré nieder und machte ihre Tuschen und Pinsel bereit. Arré wartete, bis sie sich die erste Schriftrolle auf die Knie gelegt hatte.
»Ehrenwerte Räte«, begann sie, »ich habe eine Erklärung abzugeben. Ich beantrage, daß wir über die Herstellung, den Schmuggel und die Verwendung des Kurzschwertes, genannt kyomos, seitens der Ismeninas diskutieren.«
Kim Batto fragte: »Ist dies wirklich das Problem, das wir vor uns haben? Ich gestatte mir, anderer Meinung zu sein, als du, Arré. Ich glaube, was uns heute hier zusammenführt, dieses Ereignis, hat weniger mit dem Vorhandensein von Kurzschwertern in der Stadt zu tun als damit, wer auf den Straßen unserer Stadt Ordnung schaffen soll. Für mich steht eindeutig fest, daß die Jalar-Wachen kläglich versagt haben bei ihrem Versuch, die Ausbreitung des Aufruhrs zu verhindern. Ich meine, das Haus Ismenin verdient nicht etwa Tadel, sondern vielmehr hohes Lob dafür, daß es so prompt seine Soldaten den Jalar-Männern zu Hilfe geschickt hat.«
Wenn Kim Batto pompös wird, dachte Arré, dann müßten sich sogar einem Keramikfisch die Zähne zusammenziehen. Sie fragte sich, ob er vielleicht bei der Planung des Aufruhrs mitgeholfen hatte. Sie bezweifelte es. Sie stellte sich Isak und Ron Ismenin vor, wie sie gemeinsam die einzelnen Bewegungen der Truppe austüftelten, so wie Isak die Schritte bei einem seiner Tänze festlegte.
Marti Hok sagte: »Kim, willst du wirklich über Ordnung in unserer Stadt diskutieren?«
Kim verrenkte sich in seinem Sessel, um die alte Frau anzusehen. »Ich weiß nicht, was der Ton soll?«
»Die Unruhe ist auf der Werft entstanden, und das ist das Territorium der Jalaras. Es hat sich ausgebreitet auf meinen Bezirk, als die Jalar-Wachen mit den Piken die Aufrührer in die Flucht geschlagen haben. Wer oder was hat die Ismenin-Soldaten dazu veranlaßt, den Jalaras ›zu Hilfe‹ zu kommen, wie du das so prächtig ausdrückst? Haben die um Hilfe ersucht? Das glaube ich nämlich nicht.«
Kim Batto sagte verärgert: »Vielleicht hätten sie das besser tun sollen! Ich habe keine Ahnung, warum die Ismeninas zur Stelle waren, als man sie brauchte, aber ich finde, wir können von Glück sagen, daß sie da waren!«
Marti strich glättend über ihren Ärmel. »Ich bezweifle, daß Glück irgendwas mit der Sache zu tun hat.«
Boras Sul wurde von einem seiner seltenen Intelligenzblitze getroffen und sagte: »Wie haben die gewußt, daß es da einen Kampf geben wird, he?«
Cha Minto wurde so bleich, daß er beinahe kreideweiß aussah. Er sagte: »Du glaubst also, die Ismeninas haben von dem Kampf gewußt, bevor er ausbrach?«
Arré sagte: »Cha, ich glaube sogar, daß sie ihn geplant haben. Doch das dürfte ja eigentlich kaum eine Überraschung sein für dich!«
Er schüttelte den Kopf hin und her, seine Hände zuckten. »Ich habe nichts davon gewußt«, stammelte er. »Wie hätte ich etwas wissen können?«
Kann er
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