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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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sagte: »Ich hab' nicht gewußt, daß man mit dem Chea feilschen kann.«
    Das war eine Taktlosigkeit. Kadra sagte: »Bist du eine Hexe, daß du so gut über das Chea Bescheid weißt?«
    »Nein. Vergib mir, ich hab' dich verärgert. Ich werde gehen.«
    Das Leben bei Arré hatte ihr immerhin soviel beigebracht, daß sie wußte, wann ein Rückzug angebracht war. Sie machte sich daran, die Werft zu verlassen.
    Kadra rief ihr zu: »Warte!«
    Sorren blickte zurück. Die Ghya hielt eine Hand ausgestreckt. Sorren schlitterte wieder zu ihr zurück.
    Kadra sagte: »Ich hab' gesagt, daß ich dir helfen werde. Und das will ich auch.« Sie hob die Handfläche nach oben. »Zum Zeichen, daß unsere Übereinkunft ernstgemeint ist. Nimm!« Was sie ihr hinhielt, war eine Muschelschale. Sorren nahm sie ihr aus der Hand. Sie war geformt wie eine Träne, und sie war winzig und leicht wie eine Perle, durchschimmernd rosa und so zerbrechlich wie ein Streifen Gischt.
     
    Während sie die modderige Böschung hinaufkletterte, drehte Sorren die Muschel in der Hand hin und her. Einmal blickte sie sich um und sah Kadra neben dem Schiff im Schlick kauern. Etwas in dieser Haltung ließ Sorren erschauern. Sie sollte zu einem Heiler gehen, dachte sie; es sieht aus, als wäre sie krank. Kurz vor der Straße wurde das Ufer steiler, und sie mußte ihre Hände benutzen, um das Gleichgewicht zu wahren. Ihre Füße rutschten immer wieder in dem Unrat von Seetang und Muscheln aus.
    Als sie sich auf die Straße schleppte, tauchte vor ihr Ricards dunkles Gesicht auf. Überrascht und verärgert bei seinem Anblick, blieb sie stehen. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Kleidung schmutzig, und er stank nach Himmelskraut. Er stierte sie mit dem vorwurfsvollen Schmollmund eines Babys an. Sie versuchte an ihm vorbeizugehen, doch er breitete die Arme aus, um sie aufzuhalten.
    »Was hast du hier gemacht?« fragte sie. »Du stinkst.« Sie verzog das Gesicht.
    »Ich hab' dich gesehen«, sagte er.
    Sie verkrampfte die Finger um die Muschel und überlegte, was er damit meinte. Was gesehen? Wobei? »Spionierst du mir etwa nach?« Sie mühte sich, an ihm vorbeizukommen, aber er wich nicht von der Stelle.
    »Ich hab' dich gesehen«, wiederholte er mit schwerer Zunge.
    Sie spürte, wie der Ärger in ihr zu wachsen begann. »Ricky, laß mich in Frieden!«
    »Hab' dich reden sehen mit dem Mann da.«
    Sorren widerstand dem Drang, ihn anzubrüllen, ihm zu sagen, daß Kadra kein Mann sei. »Hau ab, Ricky!« sagte sie.
    »Ich hab's gesehen«, sagte er wieder und fiel über sie her.
    Zuerst dachte sie, er habe nur das Gleichgewicht verloren, und sie mühte sich, ihn aufrechtzuerhalten. Aber er zog sie auf die Steine nieder, seine Hände zerrten an ihrem Hemd. Sie schob ihn fort. Er war stark. Irgendwer stieß ein schrilles Pfeifen aus. Ricky keuchte seinen heißen Atem in Sorrens Gesicht, und ihr wurde klar, daß er versuchte sie zu küssen. »Ach, du Idiot!« rief sie und stieß ihn von sich. Er kam wieder auf sie zugekrochen, sabbernd und keuchend, und sie stieß ihm die Faust ins Gesicht. Die Katzenkopfsteine taten ihr an den Schulterblättern weh, als er sich über sie warf und sie mit dem Rücken in den Grund bohrte. »Du dummer kleiner Junge«, sagte sie.
    »Ich bin kein Junge mehr«, grunzte er. Er hielt ihr die Handgelenke nieder und schob das Knie zwischen ihre Beine.
    Sie hörte Lärm, eine Menschenmenge. Jemand lachte. Sie wand und drehte sich, versuchte die Hände freizubekommen, und Ricky atmete ihr weiter das Himmelskraut ins Gesicht.
    Dann wurde er von ihr fortgezogen. Sie setzte sich auf. Ihre Ellbogen waren zerkratzt und stachen. Zwei Jalarposten hielten Ricky zwischen sich fest. Sein Hemd war zerrissen. Sie grinste schief vor Zorn und Schadenfreude bei seinem Anblick und kam langsam wieder auf die Beine.
    »Namen!« befahl einer der Wachsoldaten.
    Sie rieb sich den Staub von der Handfläche. »Sorren-no-Kité, Leibeigene bei Arré Med«, sagte sie. Sie rieb sich die Flanke. Sie schmerzte sie. »Dieser Idiot da ist Ricard-no-Paxe, der Sohn der Meisterin im Hof bei den Med.«
    Der zweite Wächter, ein wuchtiger Muskelprotz, schüttelte Ricky am Hemdkragen hin und her. »Was hast du vorgehabt?« verlangte er zu wissen. Ricky starrte finster vor sich hin und wollte nicht antworten. »Bist du verletzt?« fragte der andere Posten Sorren.
    »Nein«, sagte sie. Plötzlich fiel ihr die Muschelschale ein. Sie hatte sie die ganze Zeit festgehalten, dachte sie. »Oh,

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