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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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erschrockenen Laut aus. Alle beobachteten Sorren. Paxe nahm Sorrens Gesicht mit beiden Händen, hob es auf und berührte mit den Lippen eine Prellung, die Sorren überhaupt nicht bemerkt hatte. »Hat er das angerichtet?«
    Arré stand mit den Händen in den Hüften da. »Das sage ich dir doch immer«, sagte sie. »Er ist zu alt, hier nur herumzuhängen, dir das Geld abzubetteln und nur etwas zu arbeiten, wenn er Lust dazu hat. Er muß lernen, für etwas verantwortlich zu sein.«
    »Aber er ist doch noch ein Kind«, sagte Paxe.
    Arrés Silberarmbänder klirrten. »Er ist ein verzogener Balg!«
    »Haben die Wachen ihn festgenommen?«
    »Nein. Er ist ihnen davongerannt. Schick ihn in die Weingärten, Paxe!«
    »Ich werde mit ihm darüber reden«, sagte Paxe, während ihre Hände streichelnd über Sorrens Schultern glitten.
    »Ach, rede nicht mit ihm!« Arrés Handfläche sauste schwer auf den Küchentisch. »Befiehl es ihm einfach, und Schluß! Du läßt ihm zuviel freien Willen, und schau an, was er anstellt!« Sie wies auf Sorren.
    Sorren stellte sich Ricky in den Weinfeldern vor. Er war zu faul, um dort von großem Nutzen zu sein. Bei dem Gedanken an den Frechling ballten sich ihre Hände zu Fäusten. Sie wollte ihn nie, nie wiedersehen.
    »Du hast keine Ahnung davon«, sagte Paxe zornig zu Arré. »Du hast ja keine Kinder.«
    »Aber ich kann sehen, was unter meiner Nase ist«, entgegnete Arré. »Manche Leute können das anscheinend nicht.«
    Das Küchenpersonal, ja sogar der Koch, hatten ihre Arbeiten unterbrochen und lauschten begierig. »Ich gebe dir ja auch keine guten Ratschläge, wie du dich bei den Ratssitzungen verhalten mußt«, schoß Paxe zurück. »Also erspare mir die deinen, wo es um mein Kind geht!«
    Der Streit setzte sich über Sorrens Kopf hinweg fort. Die lauten Stimmen bereiteten ihr Kopfschmerzen. Die Hitze in der Küche war erstickend geworden. Sie bekam fast keine Luft mehr, und der Rücken tat ihr weh, und ihr Ellbogen tat ihr weh. Sie hatte die Muschel verloren, die Kadra ihr geschenkt hatte; sie hatte Arrés Geld dazu benutzt, Wein für eine Säuferin zu kaufen ... Sie rutschte auf ihrem Hocker herum. Ihre Kehle brannte. Ihre Augen brannten.
    Wie ein kleines Kind brach sie in Tränen aus.
    Das Gezetere brach ab. Paxe legte ihr beide Arme um den Leib. Sie stiegen hinauf in Sorrens Zimmer, und Sorren rollte sich auf ihrem Bett zusammen und heulte. Paxe saß neben ihr, streichelte sie mit sanften Fingern. Nach einiger Zeit hörte Sorren auf zu weinen. Ihr Körper fühlte sich schwer und steif an, ganz so wie an jenen Tagen des Mondes, wenn sie ihre Blutung hatte. »Ich komme mir ganz dumm vor«, sagte sie. »Ich bin schläfrig.«
    Paxe küßte sie auf den Mund. »Du bist nicht dumm.« Sie strich Sorrens Haar aus der Stirn. »Ruh dich aus! Dann wirst du dich gleich besser fühlen.« Sie stand auf. Sorren wollte ihr nachrufen, daß sie Ricards Hemd zerrissen habe, doch die Hofmeisterin war bereits durch die Tür verschwunden. Mit einem Seufzer bettete Sorren den Kopf auf den Arm, der nicht wehtat.
     
    Arrés Tür stand offen, doch Paxe klopfte dennoch.
    Arré kannte das vertraute Klopfen. »Komm rein!« rief sie.
    Paxe stapfte ins Zimmer.
    »Wie geht's ihr?« fragte Arré.
    »Sie schläft.« Die Stimme der Hofmeisterin drohte: Rede nicht darüber!
    Sanft sagte Arré: »Sie wird es überstehen. Kinder heilen rasch, und sie ist in mancher Hinsicht ja noch ein Kind. Sie ist nicht so sehr viel älter als Ricard.«
    Paxe sagte: »Sie ist ein ganzes Stück älter als Ricard! Sie ist eine erwachsene Frau.« Und Arré konnte aus der Art, wie sie den Namen ihres Streuners von Sohn aussprach, erkennen, wie tief die Verbitterung und der Zorn Paxes waren.
    Sie streckte die Hand aus und sagte: »Bitte laß uns nicht streiten, Paxe. Es tut mir leid, daß ich dich zu drängen versucht habe. Du sollst das mit Ricky tun, was du für am besten hältst.«
    Paxe nickte. »Das werde ich auch!« Sie setzte sich auf den Rosenholzschemel. Ihre Größe ließ die Möbel im Raum als zu klein erscheinen. Sie nahm die Steinfigurine vom Tisch und fuhr mit den Fingern über sie. »Was soll das da sein?« fragte sie.
    »Ein Seehund.«
    »Er sieht wie ein Bär aus.« Sie setzte die Figur ab. »Arré, ich bin eigentlich nicht hergekommen, um über Ricky zu sprechen. Oder über Sorren.« Ihr Gesicht war ernst geworden, der Rücken hatte sich gestrafft und war gerade wie ein Brett. Arré legte sich in ihre Bettkissen zurück und

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