Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
hast, was geschehen ist?«
»Ja«, zischte Dystariel und verengte ihre Augen. »Ich war bereits im Haus, als du unserem Spitzöhrchen berichtet hast, was geschehen ist.«
»Gut«, antwortete Kai aufgewühlt. »Dann akzeptiere endlich, dass wir drei aufeinander angewiesen sind. Ich brauche dich. Wir brauchen dich. Magister Eulertin war davon überzeugt, dass Mort Eisenhand und sein unheimlicher Verbündeter schon bald zuschlagen werden. Und irgendetwas sagt mir, dass Hammaburg das Ziel sein wird. Also lasst uns im Sinne des Magisters handeln. Lasst uns nachdenken!« Nach Art des Däumlings ging Kai in der Studierstube auf und ab. Er ignorierte die Blicke, mit denen ihn Dystariel und Fi bedachten, und versuchte für eine Weile, die Sorge um Eulertin aus seinen Gedanken zu drängen.
»Eisenhand stiehlt Irrlichter«, sann er laut nach. »Und er hat eine ganze Ladung Feenkristall gestohlen. Warum?«
Fi zuckte mit den Schultern. »Die Windmacher benutzen das Glas, um daraus Gefäße zu formen, in die sie ihre Elementare sperren. Sie verkaufen sie dann weiter an die Kapitäne der Stadt. Auf See zerbrechen diese die Gefäße und entlassen die Geister, um ihre Segel mit Wind zu füllen, Nebelbänke fortzuwehen und dergleichen Dinge mehr.«
»Das weiß ich«, murmelte Kai. »Wichtig scheint mir, dass man aus diesem Material Gefäße formen kann. Gefäße ...«
»Eisenhand hat daraus keine Gefäße gefertigt, sondern Scheiben!«, korrigierte die Gargyle.
»Ja«, antwortete Kai nachdenklich. »Scheiben, aus denen sich eine große Kugel zusammensetzen lässt.« Abrupt hielt er inne. »Irrlichter sind ebenfalls Elementare! Und zwar jene des Feuers! Was, wenn die Kugel als Gefäß für sie dient?«
»Ja, du hast Recht. Das scheint mir möglich«, meinte Fi nachdenklich.
»Dann dürfte es darin für diese Wichte ziemlich eng werden«, schnaubte die Gargyle. »Eisenhand muss inzwischen weit über hundert von ihnen geraubt haben.« »Bei allen Schicksalsmächten, natürlich! Ich muss blind gewesen sein«, entfuhr es Kai. »Das ist es. Diese Kugel würde in diesem Fall... Oh nein, ich muss dringend etwas nachprüfen. Beiseite!«
Kai hetzte von dunklen Ängsten erfüllt zurück in die Eingangshalle und betätigte die Winde an der Wand. Ratternd sauste das Modell der Kogge nach unten. Dystariel und Fi traten an seine Seite und sahen ihm beunruhigt zu.
»Was soll das, Kai?«, fragte Fi.
Der war längst zu dem Schiff geeilt und hob die Deckaufbauten an. Misstrauisch fixierte er den im Schiffsbauch verborgenen Windsalamander.
»Vier elementare Schlüssel!«, presste er hervor. »In Berchtis' Turm gelangt man nur mittels vier elementarer Schlüssel. Dieser Salamander ist einer davon. Und erst kürzlich ist auch bei Ratsherrn Hansen eingebrochen worden.«
»Dem Stadtkämmerer?«, fragte die Gargyle.
»Richtig«, antwortete Kai. »Auch er hütet einen der Schlüssel. Jenen des Feuers. Von den anderen beiden kenne ich nur einen Aufenthaltsort: Schinnerkroog bewacht ihn. Und dem ist nicht zu trauen.«
»Ich begreife, was du uns sagen willst«, meinte Fi. »Du glaubst, die Einbrüche galten den Schlüsseln? Aber jener hier ist doch noch da. Ebenso wie der Schlüssel, den der Stadtkämmerer hütet.« Sie war dicht neben ihn getreten und betrachtete den scheinbar aus Wind bestehenden Salamander voller Bewunderung.
»Denkt daran, was wir in dieser Hexenküche entdeckt haben«, wisperte Kai und trat vorsichtig zurück. »Ist er es wirklich? Oder ist dieser Salamander in Wahrheit ... ein Gestaltwandler?«
Die Gargyle fuhr mit einem kreischenden Geräusch ihre Krallen aus und Fi legte rasch einen Pfeil an.
»Lasst es uns herausfinden.« Kai beschwor einen kleinen Feuerwusel herauf. Prasselnd erschien das bärtige Flammenmännchen zu seinen Füßen.
»Was kann ich für Euch tun, Herr?«, knisterte es.
»Überprüfe, ob sich in diesem Raum weitere Manifestationen der Elemente befinden. Vornehmlich jene der Luft.«
»Hm«, brummte die Feuergestalt und flackerte schlecht gelaunt. »Im Boden zu euren Füßen, Herr.«
»Und in diesem Schiffsmodell dort?« »Nein.«
»Dann verbrenne, was sich darin befindet!«, befahl Kai zornig.
Der Feuerwusel stob jaulend auf und rotierte wild in der Luft. In diesem Moment fauchte es im Bauch des Schiffsmodells und eine Katze sprang hervor, die mit einem Satz auf dem Boden aufkam. Fis Pfeil durchbohrte das Geschöpf, kaum, dass es die Fliesen berührt hatte. Doch schon nahm die Schattenkreatur die
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