Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
Däumlingszauberer blieb verschwunden.
Der Brandtrichter in dem unheimlichen Buch sah so aus, als seien die Seiten förmlich explodiert. Solange Kai es nicht besser wusste, musste er davon ausgehen, dass die magische Entladung den Däumlingszauberer völlig unerwartet getroffen hatte. Womöglich lag der Zauberer schwer verletzt irgendwo zwischen all dem Gerumpel. Aufgrund seiner Größe würde es nicht leicht sein, ihn zu finden.
Kai schob erschrocken einen Haufen Glasscherben beiseite, sah sich in der Laborecke um und sah sogar unter den Möbeln nach. Nichts.
Womöglich war der Däumlingszauberer sogar tot ?
Nein, Kai weigerte sich, das zu glauben. Er erhob sich wieder und warf dem verkohlten Folianten abermals einen finsteren Blick zu.
Was, wenn das Buch nichts anderes gewesen war als eine Falle?
Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Eigentlich war es doch mehr als merkwürdig, dass dieses Buch so offensichtlich aufgeschlagen herumgelegen hatte. Wenn der Foliant tatsächlich vom Dachboden stammte, hätte der Eindringling ihn doch auch oben studieren können. Das wäre weitaus unauffälliger gewesen.
In diesem Moment pochte es draußen gegen die Tür zur Windmachergasse. Gequält sah sich Kai um und eilte zurück in die Halle. Fi stand vor der Tür. Kai bemerkte die dunklen Ringe unter ihren Augen.
»Ich muss den Magister sprechen«, stieß die Elfe aufgebracht hervor. »Ich habe Koggs gefunden. Er ist in den Grabgewölben des Beinhauses herausgekommen. Doch aus irgendeinem Grund war das Totenhaus voll mit Gardisten. Sie haben ihn verhaftet.« Auch das noch. Kai presste die Lippen aufeinander und fühlte sich irgendwie schuldig. »Die Leibgarde Schinnerkroogs hat Koggs in den Hungerturm gebracht«, fuhr Fi fort. »Er wird dort sterben, wenn ihn der Magister nicht befreit. Mehr als einen Tag ohne Wasser übersteht er nicht. Er ist ein Seekobold!«
»Der Magister ist verschwunden.« Hastig berichtete Kai der Elfe, was sich zugetragen hatte. Fi blickte ihn schockiert an und stürmte sogleich in die Studierstube. Noch einmal suchten sie fieberhaft den Raum ab. Vergeblich.
»Dann haben wir verloren«, stöhnte Fi und setzte sich niedergeschlagen auf eine der Truhen. »Ohne den Magister wird es uns nicht gelingen, herauszufinden, was Eisenhand und dieser unheimliche Schatten planen. Geschweige denn, dass wir die Macht hätten, ihre Pläne zu durchkreuzen.«
»Du gibst zu leicht auf, Elfe!«, fauchte eine Stimme hinter ihnen. »Das war schon immer die Schwäche deines Volkes.«
Fi sprang zornig auf und auch Kai wirbelte herum. Unbemerkt von ihnen war die Geheimtür hinter der Regalwand aufgeschwungen und der steinerne Leib Dystariels schob sich lautlos in das Zimmer.
»Zeig lieber, dass wenigstens du zu mehr als nur zu einem Sklaven taugst.« Kalt starrte die Gargyle mit ihren gelben Raubtieraugen auf die Elfe herab.
»Wage es nicht noch einmal, mein Volk zu beleidigen, Schattengezücht!«, platzte es wütend aus Fi heraus. »Dir und deinesgleichen hat mein Volk sein Schicksal zu verdanken. Und eines Tages werde ich mich dafür rächen.«
Wovon sprachen die beiden ? Vage fühlte sich Kai wieder an jene mysteriöse Unterhaltung erinnert, die Dystariel und der Magister vor einigen Wochen geführt hatten.
»Flüchte dich nur weiter in deine Träume, Spitzohr«, schnaubte die Gargyle höhnisch. »Viel mehr hat dein Volk ja nicht zum Kampf gegen Morgoya beigetragen.« Fi riss ihren Bogen in die Höhe und Dystariel fuhr mit einem tiefen Grollen ihre Klauen aus.
»Hört auf damit!«, brüllte Kai und sah die beiden fassungslos an. »Hat die Schattenmacht eure Sinne schon so weit vernebelt, dass ihr jetzt aufeinander losgeht, statt euch den wahren Feinden zu stellen? Koggs ist gefangen! Und Eulertin ist verschwunden. Verschiebt eure kindischen Streitereien gefälligst auf ein anderes Mal. Ich bin der Zauberlehrling von Thadäus Eulertin! Solange er nicht da ist, werde ich in seinem Sinne handeln. Und ich werde es nicht zulassen, dass unsere Schicksalsgemeinschaft zerbricht. Nicht, nachdem wir es bis hierher geschafft haben!« Dystariel und Fi starrten ihn erstaunt an. Beschämt senkte die Elfe ihren Bogen. »Recht so!«, nickte die Gargyle und bleckte ihr Fänge. »Vielleicht schaffst du es, unser Spitzohr zu lehren, was Härte bedeutet.«
»Hör auf damit, Fi zu beleidigen!«, brauste Kai auf und sah der Unheimlichen geradewegs in die Augen. Ruhig fuhr er fort: »Ich gehe davon aus, dass du mitbekommen
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