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Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Jeder wollte nun von ihm wissen, wo er das Irrlicht gefunden hatte. Selbst der dicke Boswin drängte sich durch die Menge.
    »Mensch Kai, warum hast du das nicht schon heute Nachmittag erzählt? Wolltest uns wohl überraschen, was?« Begeistert drückte er Kai einen Krug mit Bier in die Hand. »Kommt, lasst den Jungen die Laterne in den Baum hängen. Und dann wollen wir sehen, wie das Irrlicht tanzt!«
    Kai wurde zum Ahornbaum geschoben, wo bereits jemand die Leiter für ihn aufgestellt hatte. Er erklomm die Sprossen. Auf halber Höhe schaute er sich um und blickte in unzählige Gesichter, die ihm anerkennend zulächelten. Einige winkten sogar oder prosteten ihm zu.
    Eigentlich war das gar nicht so schlimm. Seine Großmutter hatte Unrecht gehabt. Sollten sie doch alle sehen, was er für einen Fang gemacht hatte!
    Schnell war ein dicker Ast gefunden, an dem er die Laterne für alle gut sichtbar aufhängen konnte. Kai kletterte wieder nach unten und das laute Treiben auf dem Platz wich erwartungsvoller Stille.
    Schließlich setzte die Musik ein. Das große Irrlicht flackerte und schien der Melodie zu lauschen. Dann drehte es sich auf seinen Lohenbeinchen im Kreis. Erst langsam, dann als die Musik immer rhythmischer und schneller wurde - immer aufgeregter. Sein Flammenleib begann die Farbe zu verändern. Blau. Rot. Grün. Gelb. Gold. Silber. Purpur.
    Einige Zuschauer stießen Laute des Entzückens aus und jemand klopfte Kai anerkennend auf die Schulter - als das Donnergrollen zum ersten Mal zu hören war. Kai achtete zunächst nicht darauf, so sehr war er in den Anblick seines Irrlichts vertieft. Doch dann fiel auch ihm auf, dass die Musik nach und nach verstummte und immer mehr Menschen zum Himmel starrten. Was war das?
    Ein geisterhafter Wind kam auf und brachte die Blätter des alten Ahorns zum Rauschen. Wieder grollte ein Donnerschlag durch die Nacht. Er schien von der nahen Elbe zu kommen. Mit großer Geschwindigkeit zog von der Flussseite ein dunkles Wolkenband auf, das zunehmend das Licht des Mondes und der Sterne verschluckte. Ein greller Blitz jagte über den Himmel. Ein Gewitter? Doch nirgends war das Prasseln von Regen zu hören.
    Kai spürte plötzlich ein schmerzhaftes Brennen in den Eingeweiden. Stöhnend sank er zu Boden und hielt sich den Bauch.
    Bei allen Moorgeistern, was war das ?
    Der Wind wurde immer stärker und wuchs sich zu einer kalten Sturmböe aus. Nur am Rande vernahm Kai, wie über ihm die Irrlichtlaternen im Wind quietschten und metallen gegen die Äste schlugen. Die Leiter stürzte um und krachte auf einen der Tische, von dem Teller und Krüge zu Boden polterten. Niemand achtete mehr auf ihn. Jeder war damit beschäftigt, sich vor dem Sturm in Sicherheit zu bringen. Kai spürte zu seiner Erleichterung, wie das Brennen in seinem Inneren nachließ. Er lehnte sich erleichtert gegen den Baumstamm, als von irgendwoher ein schrilles, vielstimmiges Fiepen ertönte.
    Kalte Furcht packte ihn, als er sah, was sich rasend schnell vom Fluss her auf sie zu bewegte.
    »Ratten!«, war Boswins entsetzte Stimme zu hören. Es mussten hunderte sein. Die Dorfbewohner, die sich noch auf dem Festplatz befanden, stoben schreiend auseinander. Der dicke Boswin hetzte in sein Wirtshaus und kam mit einer Sense zurück.
    Kai indes hob schwer atmend die umgestürzte Leiter auf, um auf den Baum zu flüchten. Doch es war zu spät. Die fiependen Nager hielten direkt auf ihn zu. Panisch ließ er die Leiter fallen und hetzte auf die nächstgelegene Bauernkate zu. Doch was er dort erblickte, ließ ihn vor Schrecken fast ohnmächtig werden.
    Neben dem Haus wankte eine Gestalt durch die Nacht, die dem Reich der Toten entsprungen zu sein schien. Sie trug die Kleidung eines Seemanns, doch unter der löchrigen Weste schimmerten bleich die Knochen hindurch. Leere Augenhöhlen glotzten Kai an.
    Er schrie, warf sich herum und jagte trotz der Sturmböen zurück in Richtung Festplatz. Dort tobte das Chaos. Eine Schreckgestalt nach der anderen schälte sich aus der Finsternis. Einige von ihnen waren vollständig skelettiert und die Reste ihrer Kleidung schlotterten wie zerrissenes Segeltuch um ihre Knochen. Sie hielten Entermesser und Äxte in den fleischlosen Klauen und ihre Knochenschädel grinsten diabolisch. Wer noch am Kampf gegen die Rattenschar teilgenommen hatte, machte nun, dass er fortkam. Von allen Seiten war Gebrüll zu hören. Rücksichtslos bahnten sich die Stärkeren einen Weg durch die flüchtende Menge und von

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