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Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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unsicheren Schrittes ein Betrunkener entgegen. Als er endlich den festlich erleuchteten Dorfplatz betrat, erwartete ihn ausgelassenes Treiben. Es roch nach gebratenem Fleisch und Bier und von überall her erklang gut gelauntes Lachen. Doch den schönsten Anblick bot wie erwartet der alte Ahornbaum. Die Irrlichter in seiner Baumkrone funkelten wie Sterne und in ihrem Silberlicht schien es, als würde ein Zauber auf dem Festplatz liegen. Kai lächelte.
    Noch immer stand direkt vor dem Feenkrug der mit bunten Fratzen bemalte Gauklerwagen. Fi trieb im Licht von fünf im Halbkreis aufgestellten Fackeln seltsame Possen. Behände balancierte er auf langen Stangen Bälle, die er anschließend hoch in die Luft warf. Dort zerplatzten sie zum Vergnügen der Umstehenden und entließen einen nach allen Seiten ausschwärmenden Funkenregen in die Nacht. Die Menge applaudierte begeistert.
    Ein toller Trick. Leider hatte Kai keine Zeit noch länger zuzusehen. Er war spät dran. Er zwängte sich an den Feiernden vorbei und eilte direkt auf den Feenkrug zu. Dort wurde er schon erwartet.
    »Endlich kommst du«, rief einer der Jungen ungeduldig, als sie ihn in der Menge entdeckten. »Rorben und Pogel warten schon. Im Gegensatz zu den anderen haben wir auf dich gewettet«, fuhr er fort und warf einen hoffnungsvollen Blick auf Kais abgedeckte Laterne. »Aber ich glaube, Rorbens Irrlicht ist ziemlich groß.« »Keine Bange«, entgegnete Kai. In Wahrheit war ihm nun doch etwas mulmig zumute. Vorsichtig schaute er sich noch einmal zu den Menschen auf dem Festplatz um. Die mussten von dem Wettstreit ja nicht unbedingt etwas mitbekommen. Wenn es ging, wollte er die Sache möglichst ohne größeres Aufsehen hinter sich bringen. Gemeinsam mit den anderen eilte er hinter den Feenkrug. Kai riss verblüfft die Augen auf. Im Dunkeln zwischen Wirtshaus und Vorratsschuppen standen fast drei Dutzend Jungen und Mädchen und tuschelten aufgeregt miteinander. Offenbar hatte sich die gesamte Dorfjugend eingefunden. Seine Herausforderung musste sich in Windeseile in Lychtermoor herumgesprochen haben.
    Kai schluckte.
    »Ah, da ist ja unsere Blindschleiche«, war die siegesgewisse Stimme von Rorben zu hören. Gemeinsam mit seinem Bruder Pogel trat der Muskelprotz nach vorn. In seiner Rechten hielt er eine Laterne, die ebenso verhüllt war wie die von Kai. Die anderen bildeten gespannt einen Kreis um sie und Stille kehrte ein. Jemand hüstelte. »Ich sehe, du hast dein Glühwürmchen mitgebracht«, stellte Rorben lauernd fest. Pogel lachte.
    »Los, lasst sehen!«, rief einer der Jungen.
    Rorben machte es spannend und zog langsam das Tuch über seiner Leuchte zurück. Darin flackerte ein Irrlicht, das fast zwei Daumen breit größer war als jene, die sie üblicherweise im Moor fingen.
    Unter den Umstehenden brach gespanntes Gemurmel aus.
    In diesem Moment wusste Kai, dass er gewonnen hatte. »Das ist alles, was du zu bieten hast?«, höhnte er. »Wegen so einem Winzling spielst du dich hier auf?« Mit einem Ruck schlug er das Tuch über seiner Laterne zurück.
    Ein lautes Ah und Oh erhob sich. Kais Irrlicht züngelte fast bis zur Laternenhaube empor und der Flackerschein erfüllte den Hinterhof bis zum Vorratsschuppen mit silberhellem Licht.
    »Kai hat gewonnen!«, rief eines der Mädchen begeistert und sofort brach ohrenbetäubender Jubel aus.
    Rorben indes starrte fassungslos und mit offenem Mund auf Kais Laterne, in der das große Irrlicht höhnisch mit seinen Flammenärmchen loderte.
    Der Anblick war Gold wert. Kai hätte sich vor lauter Schadenfreude die Hände reiben mögen. Er hatte gewonnen. Gewonnen !
    Noch bevor die beiden Brüder etwas sagen konnten, drängten die anderen Rorben und Pogel zurück. Zahlreiche Hände ergriffen Kai und hoben ihn unter begeisterten Rufen empor.
    »Das müssen meine Eltern sehen!«
    »Ich wusste gar nicht, dass es solche Irrlichter gibt!«
    »Kommt, zeigen wir es den anderen!«
    Kais Freude wich jähem Schrecken. »Nein«, rief er und versuchte sich zu befreien. »Lieber nicht. Ich will nicht, dass ...«
    Doch es war zu spät. Die anderen hörten nicht auf ihn. Sie strebten johlend dem Festplatz entgegen, wo sie schnell die Aufmerksamkeit der Menge auf sich zogen. Staunend kamen nun auch die Erwachsenen näher und starrten auf das große Irrlicht in Kais Laterne.
    »Donnerwetter!«
    »Seht euch das an!«
    »Was für ein Fang!«
    Die Musik brach ab und auch der seltsame Gauklerjunge warf Kai einen interessierten Blick zu.

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