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Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Säcke, Bündel und Käfige nach oben reichten. »Feenflügel, Feenflügel«, raunte eine leise Stimme. »Junger Herr, seid Ihr an frisch gerupften Flügeln von Blütenfeen interessiert?«
    Kai blickte überrascht zu einem Maskierten mit weitem Mantel auf, der unbemerkt an ihn herangetreten war. Unter der Maske verzogen sich blutleere Lippen zu einem geschäftstüchtigen Lächeln. Der Fremde enthüllte die Innenseite seines Mantels, an der ein Dutzend in allen Farben des Regenbogens schillernde Flügelchen hingen. »Keine zwei Tage alt. Die Körper kann ich auch liefern.«
    Kai schüttelte angewidert den Kopf und so verzog sich die Gestalt wieder. Bei allen Moorgeistern, was war das hier?
    Obwohl ihm alles andere als wohl zumute war, zog Kai sich die Kapuze seines Umhangs ins Gesicht und mischte sich unter das Publikum, das wispernd und raunend von Stand zu Stand schlich.
    Was Kai auf dem heruntergekommenen Platz entdeckte, entsetzte ihn zutiefst. Die Händler versuchten nicht nur Hehlerware abzusetzen, sondern boten auch verfluchte Zaubermittel und abstoßende Jagdtrophäen feil. Einer pries für viel Gold das abgesägte Horn eines Einhorns an. Ein anderer verkaufte in verkorkten Flaschen das Blut von Mördern und Gehenkten. Dazwischen erblickte Kai Schachteln und Phiolen mit irrwitzigen Aufschriften: Tränen eines Spuks, Blick eines Basilisken oder Schatten eines Unsichtbaren.
    Mitleidig starrte er zu einem engen Käfig, in dem eine geflügelte Schlange züngelte. Und regelrecht würgen ließ ihn das, was ein zahnloser Fischer auf einem Hackklotz anbot. Dort lag der abgeschlagene Fischschwanz einer Meernymphe. Kai wollte gar nicht wissen, was sich eingeschlagen in einer Decke hinter dem Stand verbarg. Unvermittelt wurde er auf ein überraschtes Raunen aufmerksam, das am Kanal seinen Anfang nahm und sich schnell ausbreitete. Im fahlen Mondlicht war eine schwarze Barke auszumachen, die soeben an der Kaimauer festmachte. Drei vermummte Gestalten betraten den Platz und wandten sich sogleich einer verschreckten Händlerin zu, die sich tief vor den Neuankömmlingen verneigte.
    Kai trat stirnrunzelnd näher. Die Frau schaute sich um und öffnete unterwürfig den Deckel eine Kiste, aus der kurz ein silberhelles Licht drang. Kai wusste sofort, was sich darin verbarg: ein Irrlicht!
    Jäh kam ihm ein fürchterlicher Verdacht.
    »Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch nicht verlaufen habt?«, wisperte eine Stimme neben ihm. Erschrocken wandte sich Kai um und erblickte eine Kapuzengestalt, die ihm nur bis zum Bauch reichte. Die Stimme kam ihm irgendwie bekannt vor. Natürlich, das war dieser Kobold vom Hafen! Der Hehler entblößte unter der Kapuze sein widerliches Rattengebiss.
    Kai wollte sich schon davonmachen, als der Kobold einen schrillen Schrei ausstieß und mit seinem Spinnenfinger auf ihn deutete.
    »Passt auf! Der hier gehört zum Zunftmeister der Windmacher!«
    Ungezählte Augenpaare waren mit einem Mal auf Kai gerichtet. Doch bevor auch nur einer der Umstehenden seine Hand erheben konnte, war vom Kanal her wütendes Gebrüll zu hören.
    »Arrrrrhhh!« Die mittlere der verhüllten Gestalten, die sich eben noch das Irrlicht angesehen hatten, schlug ihre Kapuze zurück und deutete mit einem gepanzerten Arm auf Kai. »Der Junge gehört mir!«
    Es war Mort Eisenhand.
    Die Leute auf dem Platz stoben schreiend auseinander, als auch die Begleiter des untoten Piraten ihre Tarnung aufgaben. Ihre knöchernen Fratzen suchten den Platz nach Kai ab, während sie ihre Entermesser zogen.
    Längst hatte Mort Eisenhand die Händlerin vor sich zur Seite gestoßen und flankte mit einem großen Satz über die Kiste mit den Irrlichtern hinweg. Sein aufgedunsenes Gesicht war hassverzerrt.
    Kai rollte keuchend unter dem Marktstand mit der geflügelten Schlange hindurch und hechtete dorthin, von wo er gekommen war. Doch hier verstellte ihm eine gedrungene Gestalt den Weg. Er schlug einen Haken und rannte auf eine andere Gasse zu. Hinter seinem Rücken brach ein Tumult aus. Das Wutgebrüll Eisenhands donnerte über den Platz. Kai warf einen gehetzten Blick über die Schulter und entdeckte den Geisterpiraten nur ein halbes Dutzend Schritte hinter sich. Eisenhand warf kurzerhand einen Marktstand um und zog seinen Säbel, mit dem er sich rücksichtslos einen Weg durch jene hindurchbahnte, die nicht schnell genug beiseite sprangen.
    Kai hetzte weiter und tauchte in einen Hinterhof ein. Hastig bestieg er einen hohen Abfallberg und kletterte über eine

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