Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht
können, wich schnell einer gewissen Beklemmung. Denn Hammaburg war verdammt groß. Überall zweigten Straßen und Gassen ab, und so musste sich Kai anstrengen, der Wegbeschreibung, die ihm Eulertin mitgegeben hatte, richtig zu folgen. Wie es ihm der Magister gesagt hatte, bog er bei der ersten Irrlichtlaterne in eine Gasse ein, die auf eine der Kanalbrücken zuführte. Anschließend überquerte er einen lehmigen Platz, auf dem Gemüsebauern und Blumenmädchen ihre Waren feilboten. Dort angekommen musste er jedoch feststellen, dass dort nicht drei, sondern gleich vier Gassen abzweigten. Eulertin hatte ganz sicher von dreien gesprochen. Er sollte die mittlere von ihnen nehmen. Was nun ? Er entschied sich für die breiteste und kam an einem Hufschmied vorbei, dessen metallisches Hämmern die Straße erfüllte. Nun nach rechts. Der Beschreibung des Däumlings nach musste hier ein Brunnen stehen. Stattdessen landete Kai auf einem gepflasterten Platz mit einer Pferdetränke, vor der einige Mietdroschken standen. Sicher hatte der Zauberer diese Pferdetränke gemeint. Kai eilte weiter. Mal hierhin und mal dorthin. Vor und dann wieder zurück. Nach einiger Zeit beschlich ihn Panik. Wo war diese verdammte Pferdetränke? Er musste falsch abgebogen sein.
Die Sonne stand inzwischen so tief, dass jenseits der Hausdächer nur noch ein schwacher roter Schein auszumachen war.
Kai seufzte. Er hatte sich hoffnungslos verirrt. Zwei ausgemergelte Tagelöhner kamen ihm entgegen, die einen gierigen Blick auf den Bernsteinbeutel an seinem Gürtel warfen.
Hastig machte Kai, dass er weiterkam. Hier musste doch irgendwo ein Geschäft oder eine Wirtsstube sein, in der er sich nochmals nach dem Weg erkundigen konnte. Tatsächlich machte er hinter der nächsten Kurve ein wurmstichiges Tavernenschild aus, auf dem dunkel ein Haifisch zu erahnen war. Aus der Schankstube drang raues Gelächter. Er wollte schon darauf zulaufen, als er die beiden Gestalten erblickte, die in diesem Moment aus der Schenke traten. Es waren die beiden grobschlächtigen Kerle von vor drei Tagen, die er erst im Hafen und dann im Gespräch mit Ratsherrn Schinnerkroog gesehen hatte. Der eine trug ein großes Bündel auf dem Rücken, der andere sah sich misstrauisch nach allen Seiten um. Kai versteckte sich rasch in einem Hauseingang und spähte vorsichtig um die Ecke.
Ohne ihn zu bemerken, stapften die Männer in eine Nebengasse.
Kai überlegte, was er nun tun sollte.
Er hatte sich sowieso verlaufen. Also konnte er auch versuchen herauszufinden, was die beiden im Schilde führten. Und wenn es ihm nur dabei half, wieder zu einer der großen Straßen zurückzufinden.
Kurz entschlossen stieß sich Kai von der Hauswand ab und hastete hinüber in die Gasse, in der die beiden Männer verschwunden waren. Trotz des Grölens aus der Taverne hinter ihm, konnte er ihre Schritte hören.
In sicherem Abstand stiefelte er hinter den beiden her und kam an düsteren Buden mit engen, ausgetretenen Stiegen vorbei, aus denen das Keifen von Frauen und das Plärren von Kindern drang. Es roch schwer nach Kohlsuppe und Exkrementen. Jäh musste er sich wieder in einen Hauseingang zurückziehen. Keine zehn Schritte von ihm entfernt, an einer weiteren Abzweigung, hielten die beiden Männer inne. Der Kerl mit dem Sack klopfte gegen eine schwere Tür, aus der jetzt zwei hagere Gestalten auf die Straße traten und sich den beiden Riesen anschlossen. Unter ihren Umhängen blitzten lange Messer. Die vier unterhielten sich leise und einer der beiden Hünen lachte gefährlich. Was ging hier vor sich ? Planten die vier einen Diebeszug ?
Aufgeregt verließ Kai sein Versteck, darauf bedacht, so wenig Lärm wie möglich zu machen. Es dauerte nicht lange und die vier hielten abermals inne. Einer der beiden Messerträger postierte sich neben dem Eingang zu einem Hinterhof, während der andere sich hinter einer großen Regentonne auf der Straßenseite schräg gegenüber versteckte. Die beiden Hünen knüpften indes den mitgeführten Sack auf und zogen das seltsame, dunkelgrün schimmernde Netz aus Nixenhaar hervor.
Mit fliegenden Fingern rollten sie es auf, dann huschte einer der beiden damit eine der überdachten Stiegen hinauf und war verschwunden. Kurz darauf war er in einem der schmalen Fenster schräg über dem Eingang des Hauses zu sehen. Er schwang sich hinaus und legte sich, das Netz in der Hand, flach auf das schiefe Vordach der Treppe auf die Lauer. Sein Kumpan hatte sich inzwischen in einen
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