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Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 1: Das Unendliche Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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gegen die Nussschale, in der Kai lag, und er ergriff erstaunt die ausgestreckte Hand des kleinen Mannes mit der Knollennase. Mit mehr Kraft, als Kai ihm zugetraut hätte, zog der Fremde ihn zu sich auf den Kahn. Erst jetzt bemerkte Kai, dass sein Retter ein Holzbein besaß. »Danke.«
    »Hier nicht für«, brummte der Dickbäuchige und schniefte großspurig. »Als mich damals vor Albion dieser gewaltige Fisch verschluckt hatte und ich nichts anderes besaß als eine Rolle Garn und dieses winzige Fischmesser, da ...«
    »Nicht jetzt, Koggs!« Fi trat nach vorn und half Kai Platz zu nehmen.
    »Pah, dann sauft doch Seewasser!«, brummte der kleine Kapitän und drehte sich beleidigt zu einer Seekiste um, in der weitere Flaschen standen. Sein Holzbein verursachte bei jedem seiner Schritte ein leises Klopfgeräusch. »Eigentlich solltet ihr jungen Heringe froh darüber sein, dass ich euch an meinen reichhaltigen Erfahrungen teilhaben lasse.«
    »Wieso bist du nicht wie vereinbart dort geblieben, wo ich dich zurückgelassen hatte?«, fragte Fi und warf Kai einen verärgerten Blick aus seinen Katzenaugen zu. »Was heißt hier >wie vereinbarte«, stammelte Kai atemlos.
    »Ist dir klar, dass Magister Eulertin alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um dich zu finden? Du hast wirklich ein Talent dafür, das Unglück anzuziehen.«
    Obwohl Fi aufgebracht wirkte, meinte Kai in seiner Stimme eine gewisse Erleichterung mitschwingen zu hören.
    »Darüber könnt ihr euch auch später noch unterhalten«, krähte Koggs Windjammer. »Wir müssen fort von hier. Eisenhand kann jeden Augenblick zurück sein. Noch mal lässt der sich nicht hereinlegen.«
    Schnalzend entkorkte Koggs eine weitere Flasche. Darin wallte ein feiner Nebel. Zu Kais Verwunderung setzte der kleine Kapitän die Flasche kurzerhand an und nahm einen tiefen Schluck. Er schüttelte sich und rülpste laut. »Kraken und Polypen. Genau der richtige Stoff für lauschige Sturmabende. Welch eine Verschwendung.« Scheinbar achtlos warf er die Flasche hinter sich, wo sie an einer der Kanalwände zerschellte. Von einem Augenblick zum anderen umfing sie dichter Nebel. »Worauf wartet ihr?«, krähte der kleine Kapitän tatendurstig. Aus dem wabernden Grau drang das leise Pochen seines Holzbeins. »Hol an die Ruder, besetzt den Ausguck und dann auf zu heimischen Gewässern!«

Im Schmugglerviertel
    Das Gewirr von Holzbuden und Zelten, durch das Kai von Koggs Windjammer geführt wurde, war trotz der späten Stunde noch immer belebt. Es roch nach Fisch und Rauch und auf zahlreichen Plätzen flackerten Lagerfeuer. Um die Feuerstellen saßen Männer und Frauen in derber Kleidung, die allesamt Knüppel, Enterhaken und lange Messer griffbereit trugen. Sie hatten Tonkrüge und Flaschen in den Händen und sangen wehmütige Lieder, die fremd in Kais Ohren klangen. Hin und wieder stromerten spielende Kinder mit schmutzigen Gesichtern an ihnen vorbei.
    »Stell dich mir, verfluchte Hexe!«, rief ein Junge mit heller Stimme und trat einem Mädchen mit rußgeschwärztem Gesicht entgegen, das einen abgebrochenen Zweig in Händen hielt. »Ich bin König Drachenherz und diesmal werde ich mich nicht bezwingen lassen.«
    »Das ist doch blöde«, maulte seine Mitspielerin. »Du kannst höchstens ein fremder Prinz sein. Drachenherz ist tot. Außerdem will ich auch mal der Ritter sein. Nicht immer Morgoya.«
    »Quatsch, du bist ein Mädchen«, rief der Junge. »Also bin ich der König.« »Dann musst du dich auch besiegen lassen. Gegen meine Zauberkraft bist du machtlos.«
    »Joon, Dana, hört auf mit diesem Unsinn!« Zwischen den Zelten trat eine rothaarige Frau hervor und stemmte resolut die Arme in die Hüften. »Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr etwas anderes spielen sollt? Damit treibt man keine Scherze. Und jetzt ab in die Hütte mit euch!«
    Kai sah den dreien nach, während ihn Koggs Windjammer zu einem altersschwachen Kahn führte, der vor langer Zeit an Land gezogen worden sein musste. Das Schiff wurde von dicken Pfählen gestützt und war offenbar nicht mehr seetauglich. Kai entdeckte in der Außenbordwand eine Tür, über der eine Markise aus Segeltuch angebracht war. Direkt daneben prasselte eine im Erdboden verankerte Fackel. »Hieß der einstige König Albions Drachenherz?«, fragte Kai.
    »Ja, so ist es«, brummte Koggs Windjammer. »Die Hälfte all jener, die hier leben, stammen von drüben. Es sind Flüchtlinge. Du machst dir keine Vorstellung, welche Zustände auf der Insel herrschen.

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