Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
spät. Schon erwischten ihn die Hufe des Schattenrosses und Eulertin wirbelte schreiend durch die Luft. Kai riss seinen Zauberstab empor und konzentrierte sich ganz auf den Magister, der wie ein Stein zu Boden sauste. Kurz bevor er auf dem Steinboden aufschlug, wurde er von Kais Kräften gestoppt und schwebte in seine Hand. Kai steckte den bewusstlosen Magister kurzerhand in seine Jackentasche, überprüfte, ob auch sein kleiner Zauberstab dabei war, und hetzte zum Portal.
Dystariel stellte sich dem Nachtmahr mit Sonnenfeuer entgegen.
»Komm schon«, brüllte Kai in Richtung Gilraens, der sich torkelnd in Bewegung setzte. Noch immer lag auf dem Gesicht des Elfen der Ausdruck grausigen Entsetzens. »Los, macht auf«, schrie Kai die beiden Türöffner an.
Die beiden Fratzen grinsten hämisch. »Geht nicht. Die Antwort auf unsere Frage steht noch aus«, höhnten sie.
Kai fuhr panisch herum und sah, wie Dystariel zwei schnelle Hiebe gegen den Nachtmahr führte. Doch schon musste die Unheimliche wieder vor seinen glühenden Hufen zurückweichen.
Verdammt, wie lautete diese verdammte Frage noch einmal. Irgendwas mit eilen und rennen und niemanden, der es laufen sieht.
«Schade, schade«, kicherten die beiden. »Sieht so aus, als ob euch nicht mehr viel Zeit zum Raten bliebe.« Zeit? Natürlich.
»Die Antwort lautet >die Zeit<, ihr hässlichen Blechfratzen!«
Die beiden magischen Türöffner heulten voller Gram und unter lautem Knarren schwang das Portal auf. Kühle Seeluft schlug ihm entgegen.
»Dystariel!«, brüllte der Zauberlehrling. Er zog Gilraen kurzerhand mit sich und stolperte unter den Spitzen des Torgatters hindurch ins Freie.
Die Gargyle hatte den Nachtmahr inzwischen ein weiteres Mal mit der Mondsilberklinge verletzt. Unter dröhnendem Gewieher glitt der böse Geist wieder in die Turmwand zurück. Sofort eilte ihnen die Unheimliche nach.
Über ihnen zersplitterte in diesem Moment ein Turmfenster und Glasscherben regneten in die Tiefe. Die fünf Windsbräute zogen aus einem der oberen Stockwerke einen schmalen Körper mit wehendem Haar und trugen ihn zu ihnen herab. Hinter ihnen flatterte der kleine Drache.
Kai hetzte zu Fi und beugte sich über sie, während sich die Windsgestalten auflösten. Tränenüberströmt hielt sie ihm eine geschmolzene Kette hin.
»Kai«, schluchzte sie. »Der Glyndlamir. Er ist zerstört. Diese Augen, sie haben ihn einfach mit ihrem Feuer verbrannt. Jetzt ist Albion verloren. Ich habe versagt.« Diese Augen ? Kai tastete hastig Fis Hals ab und zerrte die wahre Kette mit dem Mondsilberamulett hervor. Das Trugbild in Fis Händen verwehte zu schwarzem Rauch. »Sie ist nicht zerstört, Fi!«, beruhigte er sie. »Sieh doch, alles Täuschung!« Ungläubig blinzelte die Elfe.
»Lasst uns weg von hier«, keuchte Gilraen, der noch immer schwach und zittrig wirkte. »Zu spät!«, röhrte Dystariel düster. »Da kommt er. Er wird uns nicht von der Insel lassen.«
Kai sprang auf und sah, wie sich über den Zinnen des Nachtschattenturms die Silhouette des Nachtmahrs aus der Dunkelheit schälte. Der Schwärm untoter Raben stob auf und die Geistervögel krähten unheilvoll, als das Dämonenross an die Turmkante trat und mit seinen rot glühenden Augen drohend auf sie herabblickte. Gilraen wankte neben Dystariel und zog sein Schwert. Auch Fi erhob sich und griff zu Pfeil und Bogen, während über ihren Köpfen Olitrax aufgeregt durch die Nacht jagte und unentwegt Rauch spie. Kai tastete nach dem Däumlingsmagier, der noch immer reglos in seiner Tasche lag, und schlagartig kam ihm eine Idee.
»Wir haben einen Spiegel! Wir haben einen!«, schrie er aufgeregt. »Verschwindet!« Gilraen stolperte zum Ufer und zerrte Fi hinter sich her. Auch Dystariel kam Kais Aufforderung zögernd nach.
Hastig warf der Zauberlehrling seinen Rucksack zu Boden und nestelte an den Verschlüssen.
In diesem Moment jagte der Nachtmahr unter irrem Kreischen und Wiehern die steile Turmwand nach unten. Seine Hufe trommelten über den Stein und wo sie den Fels berührten, glühten die hufeisenförmigen Abdrücke wie brandige Wundmale. Hinter ihm jagten Pfeile auf das Ungeheuer zu, während Kai die Mondsilberscheibe hervorkramte.
»Ihr braucht mich, hochverehrter Adept?«, schepperte Nivels Stimme. »Zurück mit dir!«, schrie Kai Nivel an, dessen Gesicht sich bereits halb aus dem Mondsilber wölbte.
Plötzlich stand Fi wieder vor ihm, ganz so, als wolle sie ihn beschützen. Herrje, sie wusste ja nichts von
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