Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
leicht schräg, so als lausche er in die Dunkelheit. »Ein Nachtmahr ist sehr viel stärker. Er ernährt sich von deinen dunkelsten Ängsten. Sie sind so gut wie unbesiegbar.«
»Dieser Nachtmahr soll ruhig versuchen, mich zu fressen«, geiferte die Gargyle, während sie hastig die Treppenstufen nach unten eilten. »Ich werde ihm den Wanst aufschlitzen.«
»Nein, Dystariel«, keuchte der Däumlingsmagier. »Ein Nachtmahr frisst dich nicht. Er wird versuchen, dir seine glühenden Hufe aufzudrücken. Und dann, dann trifft dich sein Fluch! Und der ist fürchterlicher, als alles, was du dir vorstellen kannst. Wir ... wir müssen unbedingt einen Spiegel finden. Nachtmahre fürchten ihren eigenen Anblick. Ein Spiegel ist die einzige Waffe, mit der wir uns gegen diese Schattenkreatur zur Wehr setzen können.«
Von irgendwoher war ein sphärisches Wiehern zu hören und schweres Hufgetrappel rollte über die Steinwände. Kai hatte den Eindruck, als würde ihr unsichtbarer Gegner an ihnen vorbeigaloppieren.
»Schnell«, flüsterte Eulertin erschrocken und sein Zauberstab erstrahlte in blauem Licht.
Endlich erreichten sie jenes Geschoss, in dem der Korridor mit der zerbrochenen Statue lag.
»Wir haben es gleich geschafft!«, rief Kai. Er rannte ungestüm zu jener großen Treppe, die hinunter zu der Eingangshalle führte. Doch kaum hatte er sie erreicht, blieb er wie angewurzelt stehen.
»Er hat uns den Weg abgeschnitten«, japste Eulertin und hob zitternd seinen Zauberstab.
Direkt vor dem Ausgangsportal der Halle stand ein gewaltiges nachtschwarzes Ross mit glühend roten Augen. Der Nachtmahr! Wo immer die Hufe des Nachtmahrs den Steinboden berührten, blieben glühende Spuren zurück. Drohend bäumte sich die Kreatur auf.
»Los Elf, mach dich nützlich«, dröhnte hinter Kai Dystariels Reibeisenstimme. Er sah aus den Augenwinkeln mit an, wie die Gargyle Gilraen die magische Drachentöterklinge zuwarf und ihrerseits die Krallen ausfuhr. Im nächsten Moment hechtete sie mit weit ausgebreiteten Schwingen über die Brüstung und landete unter ihnen zwischen den zerschlagenen Teilen der Ritterrüstungen. Auch Gilraen handelte. Mit schnellen Schritten huschte er zum Treppengeländer und rutschte daran entlang nach unten. Sogleich wich er nach rechts aus. Eulertin erhob sich in die Lüfte und sofort zuckten von der Spitze seines Zauberstabes eisblaue Blitze auf den Nachtmahr herab, die den nachtschwarzen Leib des Dämons in ein knisterndes Lichtgitter hüllten. Der Nachtmahr schnaubte schmerzerfüllt, schüttelte sich und das magische Lichtgitter zerbrach. Gleich einem Orkan aus Feuer und Dunkelheit jagte er auf Dystariel zu. Der gelang es im letzten Moment auszuweichen und die Albtraumkreatur verschwand wie ein Geist hinter ihr in der Wand.
»Wo ist er?«, rief Gilraen von der anderen Seite der Halle aus. Seine Frage war kaum verhallt, als der gewaltige Leib des Nachtmahrs wie aus dem Nichts hinter ihm hervorbrach und ihn niedertrampelte.
Schreiend schleuderte Kai dem Nachtmahr zwei Kugelblitze entgegen und auch Magister Eulertin deckte die Kreatur wieder mit einem Hagel aus Lichtblitzen ein. Das dämonische Ross bäumte sich brüllend auf und schüttelte die Magie abermals ab. Wimmernd kam Gilraen wieder auf die Füße und torkelte gegen die Wand. Er wirkte wie durch ein Wunder unverletzt, doch seine Finger krallten sich in den Stoff über seiner Brust, so als ob ihm die Bestie dort eine Wunde geschlagen hätte, die niemand von ihnen sehen konnte.
Abermals jagte das Schattenross auf Dystariel zu. Und wieder gelang es ihr auszuweichen. Doch diesmal ließ der Nachtmahr nicht von ihr ab. Wieder und wieder wirbelten seine Hufe durch die Luft, und die Gargyle verdankte es allein ihrer Reaktionsschnelligkeit, dass sie nicht getroffen wurde.
Kai indes entdeckte Sonnenfeuer. Die Waffe lag neben Gilraen am Boden. Er rannte hastig die Treppenstufen nach unten, streckte seine Hand aus und ließ die Klinge durch die Luft auf den Nachtmahr zurasen. Zitternd blieb sie im Leib der Kreatur stecken. Unter Gebrüll stürmte der Nachtmahr auf eine der Wände zu, und diesmal sah es aus wie eine Flucht. Klirrend fiel die Mondsilberklinge wieder zu Boden. Dystariel ergriff sie, hetzte zum Portal und rüttelte an den beiden Türöffnern.
»Deine Antwort steht noch aus«, kreischten die Bronzefratzen hämisch. Da brach der Nachtmahr plötzlich direkt über ihnen aus der Hallendecke. Der Däumlingsmagier warf sich zur Seite, doch es war zu
Weitere Kostenlose Bücher