Die Chroniken des Paladins 03. Das Buch Karand - Bellem, S: Chroniken des Paladins 3 Buch Karand
abgerechnet!
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Die vertrauten Gassen wirkten seltsam befremdlich auf sie. Bereits mit dem ersten Schritt, den sie in Totenfels setzte, spürte Calissa, dass sich die Stadt in den letzten Mondphasen deutlich gewandelt hatte. Sie hatten gewartet, bis der Mond seinen Zenith überschritten hatte und die letzten Säufer ihren schwankenden Heimweg antraten. Dann erst war Calissa allein in die Stadt geschlichen und hatte einen Weg zur Burg ausgekundschaftet. Sie folgte einem bekannten Pfad, der sie zur Nordseite der Burg führte. Zufrieden stellte sie fest, dass es noch immer möglich wäre, von hier auf die Wehrmauer und weiter über das Dach in das Amtszimmer des Grafen zu gelangen.
Noch hatte sich keinen konkreten Plan gefasst, wie sie zu Tharador gelangen und schließlich aus der Burg entkommen könnten, doch mit dem Grafen als Druckmittel sollte ihre Aufgabe wesentlich einfacher zu bewältigen sein.
So sehr Eis und Schnee ihnen in den Bergen zugesetzt hatten, nun dankte sie den Göttern dafür. Niemand trieb sich bei dieser Kälte freiwillig auf den Straßen herum. Auch die Soldaten auf dem Wehrgang tummelten sich bei den wärmenden Feuern, die in den Unterständen brannten.
Dennoch , dachte sie, wenn nicht gerade Nebel aufzieht oder ein ordentlicher Schneesturm, werden die Wachen uns leicht entdecken.
Die Stimme eines Soldaten drang leise an ihr Ohr, doch mehr als Gemurmel wollte sie nicht verstehen. Allein hätte sie vielleicht die kleine Chance, unbemerkt auf den Wehrgang und rasch genug auf das Dach zu gelangen, aber Ul’goth oder Khalldeg würden nicht einmal dem müdesten Auge entgehen.
Sie zuckte die Achseln und machte sich auf den Rückweg zu ihren wartenden Gefährten. Sie waren so weit gekommen, sie würden hier nicht aufgeben.
»Es müsste einfach viel finsterer sein«, schloss Calissa, als sie den anderen von ihren Entdeckungen berichtete.
Khalldeg spuckte verächtlich aus und starrte dem Batzen Rotz hinterher, als erwartete er, dass er noch in der Luft zu Eis erstarrte.
»Der Schnee reflektiert zu viel Licht«, sinnierte Faeron. »Einzig Nebel oder ein Sturm wären uns von Nutzen.«
»Ein Sturm wäre zu gefährlich«, widersprach Khalldeg. »Es ist schon glatt genug.«
Ul’goths Stirn wurde von einer tiefen Falte durchzogen. »Und selbst dann bliebe noch die Gefahr, dass uns ein Soldat bei einem Rundgang entdeckt.«
Calissa nickte kurz.
»Was uns zwingen wird, sie auszuschalten«, seufzte der Ork.
Khalldeg schnaubte verächtlich. »Tharador ist da drin. Meinetwegen kann der ganze Steinhaufen in sich zusammenfallen, sobald wir den Jungen haben!«
Ul’goth schloss kurz die Augen und entließ den Atem in einem lang gehaltenen Ton. »Ja, Tharador ist dort«, sagte er, als er die Lider schließlich wieder öffnete. »Und er ist wohlauf.«
»Wieso bist du so sicher?«, fragte Faeron. »Was hat Nnelg mit dir gemacht?«
»Ich weiß es nicht«, gestand der Hüne und drehte die Handflächen entschuldigend nach außen. »Ich fühle es ganz einfach. Als wären Tharador und ich miteinander verbunden.«
»Wie ich ja immer sagte«, mischte sich Khalldeg ein. »Aber zuerst mal müssen wir zu ihm gelangen!«
»Ich kann an der Mauer emporklettern und ein Seil für euch befestigen«, überlegte Calissa. »Vorausgesetzt, ich werde nicht bemerkt.«
Faeron schüttelte entschieden den Kopf. »Und wenn man dich doch bemerkt, können wir dir nicht helfen.«
»Hast du einen besseren Vorschlag?«
»Möglicherweise«, sagte der Elf mit einem vielsagenden Lächeln.
Sie huschten von Schatten zu Schatten. Calissa war erstaunt, mit welcher Anmut sich Ul’goth bewegte. Von Faeron war sie gewohnt, dass man ihn kaum wahrnahm, wenn er es nicht wollte. Doch Ul’goth war ein Riese und so breit wie zwei normale Männer. Seiner Größe zum Trotz bewegte er sich nahezu lautlos und verschmolz mit der Dunkelheit, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.
Calissa führte sie durch schmale Gassen und nahm einige Umwege in Kauf, um die breiten, vom Mondlicht erleuchteten Straßen zu meiden. Während sie vorauslief und den Weg auskundschaftete, sicherte Faeron den Rücken der Gruppe. Khalldeg bemühte sich um Lautlosigkeit, hin und wieder ertönte jedoch ein leises, metallisches Klirren unter seinem dicken Mantel, wenn ein Berserkermesser gegen den Schuppenpanzer schlug.
SnikSnik war der Einzige, der nicht angespannt zu sein schien. Der Goblin watschelte vergnügt an Ul’goths Seite. Wann immer Khalldeg ein
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