Die Chroniken des Paladins 03. Das Buch Karand - Bellem, S: Chroniken des Paladins 3 Buch Karand
unscharfe Konturen. Verschwommen bildeten sich Arme und Beine aus dem Dunkel heraus, zeichneten sich gegen die gequälten Leiber ab, die den Thron bildeten. Zwei rote Flammen flackerten dort auf, wo Ul’goth den Kopf vermutete. Flammen, greller als die Sonne, und trotz ihres unregelmäßigen Tanzes wusste Ul’goth, dass sie ihn wie ein Augenpaar anstarrten.
»Ul’goth!«, donnerte eine tiefe Stimme durch den Saal. Die verrottenden Leiber des Throns wiederholten seinen Namen als gequälten Schrei.
»Ul’goth!«, ertönte eine andere Stimme, die er nur zu gut kannte.
Der Ork senkte den Kopf und erblickte keine zehn Schritte vor sich Grunduul und Wantoi. Ihre bleiche Haut spannte sich über ausgemergelte Körper, als drohte sie zu zerreißen. Langsam schlurften sie auf ihn zu und musterten ihn aus toten Augen.
»Wie kann das sein?«, brachte der Orkkönig zwischen zwei Atemzügen hervor.
»Bald sehen wir uns wieder«, versprach Grunduul.
Erneut spürte er einen Sog im Rücken. Was immer ihn hierher geführt hatte, wollte ihn offenbar an einen anderen Ort bringen. Bereitwillig gab sich Ul’goth dem Sog hin und wurde hinfortgerissen.
Als er erneut durch die Wand der Pyramide raste, hörte er das Lachen der dunklen Gestalt. Ein Lachen, das die Grundfesten der Welt zu erschüttern schien.
Tharador, wo bist du? , dachte der Ork, während er wieder Richtung Norden raste. Rasch ließ er den beklemmenden Sumpf hinter sich, jedoch nicht, ohne sich einzuprägen, wo die Pyramide stand. Am Rand seines Blickfelds zogen die Trauerwälder vorüber. Ul’goth musste daran denken, was der Ewige über den Aureliten Llyraxis gesagt hatte.
Kann das sein? , fragte er sich.
Er überquerte bereits die Todfelsen und konnte dem Gedanken nicht weiter nachgehen, denn unmittelbar nördlich der Berge verlor er erneut an Höhe. Eine kleine Stadt geriet in Sicht, und als Ul’goth die alte Burg erblickte, die drohend auf einem Hügel emporragte, wusste er, wohin es ihn diesmal ziehen würde.
Kurz darauf durchflog er die Mauern des Bollwerks und drang in eine kleine Kammer ein.
Eine Kerkerzelle, wie Ul’goth rasch feststellte. Kaum zehn Fuß in jede Richtung, ohne Fenster. Sie musste sich unter der Erde befinden. Auf einer Holzpritsche lag eine zusammengekauerte Gestalt unter einer fleckigen Decke.
Ul’goth wollte die Decke beiseiteziehen, doch seine geisterhafte Hand konnte sie nicht greifen.
Der Geruch von Unrat und Blut kroch ihm in die Nase. Irgendwo hörte er ein leises Tröpfeln.
»Wer bist du?«, ertönte plötzlich eine aufgebrachte Stimme hinter ihm. »Ein orkischer Magier?«
Die Stimme gehörte einer blonden Menschenfrau,. nicht sonderlich groß, aber nach menschlichen Maßstäben wohl überaus hübsch. Blondes Haar fiel ihr in Kaskaden über die Schultern auf den Rücken hinab.
»Was suchst du hier?«, herrschte sie ihn an. Ob des Lärms regte sich die Gestalt auf der Pritsche.
Ul’goth wusste genug über Magie, um den einsetzenden Singsang der Frau richtig zu deuten, doch er war machtlos. Stumm hoffte er auf eine erneute Rettung durch Nnelgs Zauber.
Etwas zog und zerrte an seinem Geist. Er konnte nicht sagen, ob es die Frau war oder die Geistbeschwörung. Doch er spürte, dass er wieder hinfortgeweht wurde. In dem Moment, als er durch die Mauer verschwand, drehte die Gestalt auf der Pritsche den Kopf, und Ul’goths Augen weiteten sich vor Schreck.
***
Als Geist und Körper sich wieder miteinander verbanden, konnte Ul’goth der Übelkeit endlich freien Lauf lassen; würgend übergab er sich auf den Höhlenboden.
»Alles in Ordnung?«, fragte Calissa besorgt.
»Was hast du gesehen?«, stürmte Khalldeg auf ihn ein.
Ul’goth brauchte einen Moment, um seine Sinne zu sammeln, zu wirr und verstörend waren die Eindrücke.
»Nun sag schon!«, drängte Khalldeg.
Der Hüne blickte erst ihm in die Augen, dann Calissa. Schließlich sprach er die Worte aus, die sie sich alle erhofften: »Tharador lebt.«
Geschichten
Stimmengewirr drang wie aus weiter Ferne an seine Ohren. Er wusste, dass es wichtig wäre, ihnen zu lauschen, konnte sich aber nicht darauf konzentrieren.
Er wusste nicht, ob die ihn umgebende Dunkelheit daher rührte, dass er in die nächste Welt hinabgeglitten oder einfach zu schwach war, um die Augen zu öffnen.
Seine letzten Erinnerungen waren der Kampf mit Dergeron, als er dem einstigen Freund das Schwert in den Bauch rammte und über die Klippe stürzte. Dann war da das Bild einer blonden
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