Die Chroniken des Paladins 03. Das Buch Karand - Bellem, S: Chroniken des Paladins 3 Buch Karand
hob sich im Winter selbst zur Mittagszeit kaum über die Berggipfel, und so warf der Zwerg einen langen Schatten, während er vor der Höhle auf seine Gefährten wartete. Faeron trat mit alter Leichtfüßigkeit durch die Öffnung und zog den Goblin hinter sich her.
»Du hast einen eigenwilligen Weg eingeschlagen, Sohn des Bar‘lugh«, meinte Nnelg, als er mit Ul’goth allein in der Höhle war.
»Ich bin lange Zeit einem Irrweg gefolgt.«
»Ist das so? Hättest du einen anderen Weg genommen, wo stündest du dann jetzt?«
Die tiefe Falte auf Ul’goths Stirn zeigte sich kurz, dann jedoch entspannten sich seine Gesichtszüge wieder.
»Wir sind die Summe unserer Taten, Ul’goth. Vieles, was wir heute nicht verstehen, dient morgen einem höheren Zweck. Nun geh und rette deinen Freund.«
Ul’goth wollte schon durch die Öffnung schreiten, als er sich noch einer Bitte besann: »Du musst den Pass für mich beobachten. Sollten uns die Gnome verfolgen, so versuch, ihr Vorankommen zu behindern. Aber ...«
»Keine Sorge, ich werde vorsichtig sein. Und nun geh!«
Der Hüne entblößte in einem freundschaftlichen Lächeln die Hauer.
»Vor dreißig Sommern kamst du zum ersten Mal als Junge zu mir. Damals sagte ich dir, dass du König aller Orks wirst. Heute stehst du als König vor mir, und ich sage dir, dass du Menschen und Orks den Frieden bringen wirst, Ul’goth.«
»Frieden«, wiederholte er. »Wir säen Krieg, um Frieden zu ernten.«
»Es mag dir wie ein Widerspruch erscheinen«, sagte Nnelg. »Doch bedenke, was geschieht, wenn du nicht kämpfst.«
»Die Dunkelheit würde alles verschlingen«, stimmte Ul’goth betrübt zu.
»Ul’goth! Komm, wir wollen los!«, drang Khalldegs Stimme laut durch den Vorhang zu ihnen herein.
Der Orkkönig nickte entschlossen und klopfte Nnelg zum Abschied auf die Schulter. »Wir werden uns wiedersehen«, versprach er.
Erstaunlicherweise zeigten sich die Berge an diesem Tag von ihrer besten Seite. Der strahlende Himmel strafte die klirrende Kälte zwar Lügen, dennoch gestalteten die hellen Sonnenstrahlen den Marsch ein wenig erträglicher. Nach kurzer Zeit allerdings verschwand die Sonne wieder hinter den Gipfeln, und der Tag neigte sich dem Ende zu. Calissa wusste nicht, wie viele Biegungen und Schluchten sie heute hinter sich gelassen hatten. Als die Schmerzen in ihren Füßen so groß wurden, dass ihr Körper, um sich zu schützen, sie nichts mehr wahrnehmen ließ, hatte sie aufgehört, auf ihre Umgebung zu achten. Stattdessen konzentrierte sie sich nur auf den nächsten Schritt. Einen Fuß nach dem anderen. Bis sie Tharador endlich wiedersehen würde.
SnikSnik schien den Marsch zu genießen. Der kleine Goblin hopste vergnügt auf und ab und förderte – sehr zu Khalldegs Missfallen – weitere Popel und Ohrenschmalzklumpen zutage, die er achtlos in den Abgrund schnippte. Der Goblin redete wenig.
Calissa fragte sich, ob er überhaupt richtig sprechen oder nur zusammenhanglose Worte formen konnte, die er durch Gebärden unterstützte.
Vielleicht bedeutet sein Popeln, dass er sich wohl fühlt? , überlegte sie und musste breit grinsen. Das würde Khalldeg sicherlich nicht gefallen.
Ul’goth führte sie so unbeirrbar wie schon seit ihrer Flucht vom Gipfel über der Feste Gulmar durch die Berge. Er würde einen Weg finden, dessen war sie sicher.
Faerons lautes Schnaufen ließ sie besorgt zurückschauen, aber er lächelte und unterdrückte ein erschöpftes Husten.
Er quält sich mehr als wir alle zusammen , dachte sie. Ihr Blick fiel auf seinen verstümmelten Unterarm. Sie kämpfte den Drang nieder, die anderen für Faeron um eine Pause zu bitten. Er will weiterlaufen , dachte sie. Er will Tharador retten. Aber er wird sich nicht mehr lange auf den Beinen halten können.
Calissa brachte sich selbst zum Stolpern und fädelte es so ein, dass sie halb auf SnikSnik fiel, der erschreckt wie ein Schwein quiekte und halb in den weichen Schnee einsank. So wirkte ihr Sturz schlimmer, als er eigentlich war, und er verfehlte seine Wirkung nicht.
»Calissa!«, rief Khalldeg besorgt.
Faeron war sofort an ihrer Seite und half ihr auf die Beine. »Ul’goth, lass uns einen Moment rasten!« Dann flüsterte er ihr ins Ohr: »Danke.«
»Einverstanden, aber nicht zu lange, sonst finden wir vor Einbruch der Dunkelheit keinen geeigneten Unterschlupf«, gab der Ork zu bedenken.
***
»Die Truppen sind bereit, Herold.« Skadrim kniete tief vor dem Menschen nieder und wagte nicht
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