Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
nicht. Ich hoffe, dass es uns dreien gelingen wird, ihm gut genug zuzuhören und ihn zu beobachten, so dass wir wissen werden, wenn er uns belügt. Wenn wir misstrauisch werden, können wir immer noch mit Hilfe der Magie bestätigen, was er sagt. Aber ich würde zumindest gerne ohne magische Mittel anfangen.« Er sah Sonel an, und sie stand entschlossen auf. »Wir werden uns morgen Vormittag wieder zusammensetzen«, verkündete sie, »und dann werden wir drei euch erzählen, was wir von dem Gefangenen erfahren haben. Ich hoffe auch, dass bis dahin der Rest des Ordens in Amarid eingetroffen sein wird.« Sie nickte den anderen zu. »Bis dahin lebt wohl«, fügte sie hinzu und entließ sie damit.
Die Magier standen auf und begannen sich aufgeregt zu unterhalten. Das Dröhnen ihrer Stimmen erfüllte die gesamte Halle. Baden und Trahn gingen zu Alayna und Jaryd, die ihnen ernst entgegenschauten. »Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird«, sagte Baden, »aber Trahn und ich haben uns für heute Abend mit Orris im Adlerhorst zum Essen verabredet. Ich hoffe, ihr zwei kommt ebenfalls.«
Alayna nickte. »Wir werden dort sein. Viel Glück bei dem Verhör.«
»Danke«, erwiderte der Eulenmeister und grinste reflexartig, bevor er sich umdrehte und ging.
Trahn blieb bei den jungen Leuten stehen, und sie schauten Baden hinterher. Dann wandte sich der dunkelhäutige Magier Jaryd und Alayna zu und sah sie finster und ein wenig gequält an. »Kommt mit«, sagte er leise. »Es gibt jemanden, den wir kennen lernen sollten.«
Trahn führte sie in ein Zimmer, das hinten an die Große Halle anschloss. Dort erwartete sie ein kleines Mädchen von etwa sieben oder acht Jahren. Sie hatte glattes, schulterlanges braunes Haar und ein hübsches, offenes Gesicht. Aber Jaryd konnte den Blick nicht von ihren Augen abwenden. Sie waren blau wie der Herbsthimmel, und selbst während die Kleine mit Puppen und einem kunstvollen Puppenhaus spielte, schien sich ihr Blick nach innen zu richten, auf etwas Finsteres, Furcht erregendes, das nur sie sehen konnte. Während die drei Magier sie beobachteten, kam eine der Dienerinnen der Halle, eine ältere Frau mit sanften braunen Augen und stahlgrauem Haar, auf sie zu. »Das ist Cailin«, sagte sie leise. »Das kleine Mädchen, das sie aus Kaera mitgebracht haben.«
»Ja, ich weiß«, sagte Trahn und konzentrierte sich weiterhin auf das Kind. »Wie geht es ihr?«
Die Frau zuckte die Achseln. »Sie spricht nicht viel, obwohl sie zumindest wieder angefangen hat zu essen, was ein Segen ist.« Wieder zuckte sie die Achseln. »Wenn man bedenkt, was sie durchgemacht hat, können wir wohl nicht mehr erwarten.«
Trahn nickte.
Alayna ging ein paar Schritte auf Cailin zu und kniete sich neben sie. »Ich bin Alayna«, sagte sie zu ihr.
Das Mädchen warf ihr einen kurzen Blick zu, dann spielte sie weiter mit den Puppen. »Ich heiße Cailin«, sagte sie schließlich.
»Stört es dich, wenn ich ein bisschen mitspiele?«, fragte Alayna. »Ich habe immer gern mit Puppen gespielt.« Cailin zuckte die Achseln. »Sicher, wenn du willst.« Alayna griff nach einer der Puppen und stellte sie in ein Schlafzimmer im Spielzeughaus, während Cailin ein paar Möbel in dem Wohnzimmer im Erdgeschoss umstellte. Sie saßen eine Weile schweigend da und spielten, dann schaute Cailin die Falkenmagierin wieder an. »Du bist hübsch«, sagte sie.
Alayna lächelte warmherzig. »Danke. Du bist auch hübsch.« »Du erinnert mich an Zanna«, fuhr das kleine Mädchen fort, als hätte es Alaynas Bemerkung überhaupt nicht gehört. Alayna blickte zu Jaryd auf und warf ihm einen besorgten Blick zu. »Ist Zanna eine Freundin von dir?«, fragte sie, aber Jaryd sah ihr an, dass sie bereits wusste, was Cailin sagen würde.
»Sie war meine Freundin. Jetzt ist sie tot. Die Söhne Amarids haben sie umgebracht. Sie haben auch Mama und Papa getötet.« Cailin schaute zu dem grauen Falken, der auf Alaynas Schulter saß.
»Wir haben versucht, ihr zu erklären, dass es keine Söhne Amarids waren«, flüsterte die Dienerin Trahn und Jaryd zu. »Aber sie versteht es offenbar nicht.« Traurig schüttelte die Frau den Kopf.
»Du bist eine Tochter Amarids, nicht wahr?«, fragte Cailin ruhig. In ihrem Blick stand keine Feindseligkeit, als sie Alayna ansah.
Alayna nickte. »Ja, das bin ich. Aber ich verspreche dir, wir haben deine Freundin nicht getötet, und auch nicht deinen Vater und deine Mutter.«
»Das weiß ich«, sagte Cailin. »Ich habe die
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