Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
Eulenmeister noch einzuholen, bevor sie in Amarid eintrafen.
Sie trieben sich und ihre Pferde energisch an, verzweifelt bemüht, den Weg noch vor Einbruch der Nacht zu finden, denn danach wäre es unmöglich gewesen. Aber als der Tag zu Ende ging und die Schatten länger wurden und über den Strand beinahe bis zum schäumenden Wasser fielen, begriff Alayna - begriffen sie alle drei -, dass ihre Unkenntnis dieses Geländes noch schwerwiegender war, als sie geglaubt hatten. Trahns Berechnungen zufolge hätten sie den Sumpf - und den Weg, der ihnen ermöglichen würde, ihn zu umgehen - am späten Nachmittag erreichen müssen. Und dennoch waren sie auch nach Einbruch der Dunkelheit noch unterwegs, ritten im magischen Licht ihrer Cerylle, die Hufschläge ihrer Pferde gedämpft vom Sand und übertönt vom ununterbrochenen Rauschen der Wellen. Erst als der abnehmende Mond über dem Meer aufging, trüb und rötlich und kaum mehr als eine Sichel, roch Alayna schließlich den ekelhaften Gestank des Sumpfes, der sich nun mit dem Salzgeruch des Meeres mischte. Im selben Augenblick hob Trahn, der vor den jüngeren Magiern ritt, seinen Stab und gab ihnen das Zeichen, die Pferde zu zügeln.
»Riecht ihr das?«, rief er über die Brandung hinweg, aber er wartete erst gar nicht auf eine Antwort, sondern fügte gleich hinzu: »Wir haben den Sumpf erreicht. Wir können uns den Rest der Nacht hier ausruhen. Morgen werden wir dann sehen, ob der Weg die letzten tausend Jahre überstanden hat.«
Sie stiegen ab und führten die Pferde zu einem weiteren kleinen Bach, der sich seinen Weg durch den Sand zum Meer bahnte. Dann sammelten sie Treibholz, entzündeten ein Feuer und drängten sich dicht daran, fest in ihre Umhänge gewickelt, um sich gegen die kalte, feuchte Meeresluft zu schützen. Sie aßen ein wenig Fladenbrot und Käse, während sie in die Flammen starrten, waren aber alle drei zu erschöpft, um mehr zu sich zu nehmen.
Irgendwann drehte sich Jaryd um und starrte in die Nacht hinaus, als versuche er, trotz der Dunkelheit und des Nebels, der vom Wasser herantrieb, den Weg zu erkennen. »Was glaubt ihr? Wie weit sind sie inzwischen wohl gekommen?«, fragte er. Seine Stimme klang vor dem Hintergrund des Meeresrauschens kläglich, und der Seewind zerzauste sein braunes Haar.
Trahn sah den jungen Magier eine Zeit lang an, bevor er antwortete. »Das ist schwer zu sagen«, gab er schließlich zu. »Sie sind einen ganzen Tag vor uns aufgebrochen, und die Küstenlinie hat unseren Weg länger gemacht, als ich angenommen hatte. Aber auch sie werden Verzögerungen hinnehmen müssen; vergesst das nicht. Der Schattenwald und der Sumpf werden sie auf jeden Fall aufhalten. Ich glaube immer noch, wenn wir den Weg finden und Tobyns Ebene morgen erreichen können, werden wir sie bald eingeholt haben.«
Jaiyd nickte, aber er starrte weiterhin in die Nacht. »Glaubst du, dass es Baden gut geht?«
Der Falkenmagier lächelte. »Ja«, erwiderte er ohne Zögern. »Da bin ich ganz sicher. Ich habe schon vor langer Zeit gelernt, dass es Zeitverschwendung ist, sich um Baden Sorgen zu machen, denn zum einen kann er auf sich selbst aufpassen, und zum anderen ist er viel zu störrisch, um auf andere zu hören.«
Jaryd lachte leise und sah seinen Freund an. »Da solltest du erst einmal seinen Bruder kennen lernen!«, sagte der junge Magier. »Die beiden sind sich sehr ähnlich, viel mehr, als sie zugeben wollen.«
»Und ähnelst du ihnen ebenfalls?«, neckte Alayna.
Jaryd wandte sich wieder dem Feuer zu und rieb sich die Hände. »Ich schlage eher meiner Mutter nach«, erwiderte er grinsend. »Ich bin nicht so stur wie Baden und mein Vater, aber ich bekomme trotzdem, was ich will.«
»Das ist ja noch schlimmer«, erklärte Trahn und zwinkerte Alayna zu.
Sie lächelte, und es fiel ihr immer schwerer, dem dunkelhäutigen Magier zu misstrauen. Auch Jaryd lächelte, aber dann verschwand die gute Stimmung beinahe sofort wieder, und auf seinen jungenhaften Zügen zeichnete sich Sorge ab.
»Sartol ist sehr stark«, sagte er zu Trahn und wiederholte damit nur, was er schon häufiger festgestellt hatte, seit sie Therons Hain verlassen hatten.
Trahn legte Jaryd tröstend eine Hand auf die Schulter. »Ich weiß. Das hast du mir gesagt. Und wenn ich ehrlich sein soll, hat mich deine Beschreibung eurer Begegnung mit ihm ebenfalls erschreckt. Aber im Augenblick können wir nicht viel tun. Und außerdem«, fügte er hinzu und versuchte mit nur geringem Erfolg zu
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