Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
lächeln, »ist Baden ebenfalls stark - vielleicht wird er Sartol nicht besiegen können, aber er ist sicher stark genug, um fliehen zu können, wenn das notwenig werden sollte.«
Jaryd nickte. Er hatte solche Worte an diesem Tag schon öfter gehört, zweimal auf dem Ritt und einmal, als sie Rast gemacht hatten. Aber Alayna verstand, dass er es immer wieder hören musste, und Trahn begriff es offenbar ebenfalls. Der dunkelhaarige Magier schien nichts dagegen zu haben, sich zu wiederholen, und wieder spürte Alayna, wie ihre Zweifel und ihr Misstrauen nachließen. Aber während sie die nur zu gerne aufgab, merkte sie, dass ein anderes Misstrauen blieb. Sie hatte anderen immer vertrauen können, selbst als Kind. Faren war eher schüchtern und zurückhaltend gewesen, aber Alayna war aufgeschlossen gewesen und hatte immer rasch Freunde gefunden. Sie war nicht von Natur aus misstrauisch. Nun jedoch, nach Sartols Verrat, hatte sie sofort an Trahns Ehrlichkeit gezweifelt, obwohl er nichts getan hatte, um das zu verdienen. Was sie am meisten störte, war nicht einmal, dass sie dem Falkenmagier misstraute - das war nach allem, was geschehen war, noch zu entschuldigen -, sondern dass ihr immer deutlicher wurde, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte. Sie hatte sich immer für eine gute Menschenkennerin gehalten, aber Sartol hatte sie vollkommen hinters Licht geführt. Wäre sie nicht selbst Zeugin gewesen, wie er Jaryd angegriffen hatte, hätte sie nicht die Bosheit in seinem Blick gesehen, als er sich ihnen in dem Gehölz bei Therons Hain näherte, dann hätte sie niemals geglaubt, dass der Mann, den sie für ihren engsten Freund gehalten hatte, ein Mörder und Verräter sein könnte. Sie kannte ihn viel zu gut - oder zumindest hatte sie das gedacht. Wie dumm sie gewesen war! Und nun hatte sie sich auch in Trahn getäuscht. Habe ich denn gar keine Menschenkenntnis?, hatte sie sich an diesem Tag immer wieder gefragt. Wo sind meine Instinkte geblieben?
Das Schlimmste daran war, dass sie sogar an Jaryd zweifelte. Wenn es Sartol so leicht gelungen war, sie zu täuschen, wenn sie nicht erkannt hatte, wie anständig Trahn in Wirklichkeit war, war es dann möglich, dass sie sich auch bezüglich der gerade erst entstehenden Beziehung zu Jaryd irrte? Nicht, dass sie seine Motive angezweifelt hätte - selbst in ihrer augenblicklichen Verfassung sah sie deutlich, dass der junge Magier nicht im Stande gewesen wäre, jemanden zu täuschen. Aber sie fragte sich, ob sie sich nicht zu sehr auf das verließ, was sie gemeinsam hatten, ob sie sich zu schnell gestattet hatte, ihn so sehr zu lieben, wie sie es nun einmal tat. Sie fühlte sich unsicher, als wäre sie wieder ein Kind, das sich auf einem Ast, der ihr Gewicht vielleicht nicht tragen würde, zu weit vorgewagt hatte. Sie spürte, wie ihre Stimmung finsterer wurde - ein weiteres Ergebnis der gerade zurückliegenden Ereignisse war offenbar die Rückkehr der heftigen Stimmungsschwankungen, unter denen sie als Heranwachsende gelitten hatte. Als Jaryd und Trahn aufstanden, um mehr Treibholz für das Feuer zu suchen, schloss sie sich ihnen an, aber sie sagte kein Wort mehr, und sie wich auch ihren Blicken aus. Und während Jaryd und Trahn sich beim Essen weiter über Theron unterhielten, zog sie sich innerlich von ihnen zurück. Der ältere Falkenmagier hatte unzählige Fragen darüber, was der unbehauste Eulenmeister gesagt und wie er ausgesehen hatte. Aber am meisten war Trahn von dem Stab fasziniert, den Theron ihnen gegeben hatte, und er bat mehrmals darum, dass er ihn sehen und anfassen dürfe. Jaryd hatte nichts gegen die Neugier des Falkenmagiers einzuwenden und war selbst immer noch begeistert, den Stab erhalten zu haben. Alayna war ebenfalls erfreut gewesen, aber an diesem Abend konnte sie nicht einmal Therons Stab aus ihrer finsteren Stimmung reißen. Fylimar flog von einem nahe gelegenen Stück Treibholz auf ihre Schulter und reckte den Hals, als wollte sie Alayna auffordern, sie zu streicheln. Mit einem widerwilligen Lächeln kraulte die junge Frau gehorsam das Kinn ihres Vogels. Aber auch Fylimars Versuch, sie aufzuheitern, nützte wenig. Alayna konnte immer nur an Sartol denken und daran, wie er sie so leicht hatte betrügen können. Sie wusste, wie Jaryd ihr nun schon mehrmals erklärt hatte, dass der Eulenmeister sie alle betrogen hatte. Aber wenn man bedachte, wie viel Zeit sie in den letzten beiden Jahren mit Sartol verbracht hatte, dann hätte sie es eher als jeder
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