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Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Titel: Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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weiterhin nährte: Sonel kam nie zu spät. Tatsächlich war sie übertrieben pünktlich - so war es all die Jahre gewesen, seit sie sich kannten. Es war eine der wenigen Eigenschaften an ihr, die ihn immer geärgert hatten, weil er dazu neigte, erheblich weniger exakt zu sein als sie. Wenn alles nach Plan verlaufen wäre, wäre sie inzwischen längst zurück gewesen.
    Das erklärte er auch Trahn und Orris kurze Zeit später, als sie alle zerstreut an den Trauben, dem Käse und dem Brot knabberten, die der Wirt ihnen gebracht hatte.
    »Trotz allem«, sagte der Eulenmeister, »wissen wir immer noch sehr wenig darüber, was Sartol vorhat und welcher Mittel er sich bedienen kann. Er hat vielleicht Gefolgsleute innerhalb des Ordens, die Sonel davon abgehalten haben, die Lichtung zu erreichen. Oder vielleicht sind sie ihr gefolgt und haben erfahren, dass die anderen noch leben.«
    »Oder«, meinte Orris, »Sartols Wachen lassen trotz Nialls Versprechen, uns angemessen zu behandeln, niemanden hier herein.«
    »Das kommt mir auch sehr wahrscheinlich vor, Baden«, sagte Trahn voller Mitgefühl. »Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber ich bin nicht sicher, ob das nötig ist.« »Er hat den Rufstein«, fuhr Orris fort. »Er geht wahrscheinlich davon aus, dass er nichts und niemanden sonst braucht.«
    Baden zuckte die Achseln. »Schon möglich, dass ihr Recht habt. Aber nach allem, was ich bisher gesehen habe, befürchte ich, dass er sehr vorsichtig sein wird. Er hat diese Sache schon lange Zeit geplant. Er wird jetzt nicht nachlässig werden. Ich gebe gerne zu, dass ich Angst habe. Große Angst.«
    Orris und Trahn schwiegen - was hätten sie auch sagen können? -, und dann saßen die drei den größten Teil der nächsten Stunde schweigend beisammen, aßen noch ein wenig, waren aber ansonsten in ihren Gedanken versunken. Der Tag wurde heller, der Wind, der die Gardinen wehen ließ, wärmer, aber sie hatten immer noch nichts von Sonel gehört. Später begannen dann die Glocken der Großen Halle laut zu läuten. Baden hatte vergessen, wie nah sie dem Kuppelgebäude waren. Die Verhandlung würde in Kürze beginnen, und Baden fragte sich, ob die jungen Magier das Läuten der Glocken als ihr Zeichen erkannt hatten. Wo in Aricks Namen bleibt Sonel?
    Er sah, wie seine beiden Begleiter sich mit ernster Miene erhoben, und wünschte, er könnte ihnen etwas Ermutigendes sagen, etwas, das die Stimmung im Zimmer verbesserte. Noch vor knapp einem Tag war Baden voller Selbstvertrauen gewesen; er hatte sich sogar gestattet, dieses Selbstvertrauen bei der Gegenüberstellung mit Sartol durchscheinen zu lassen, denn er wusste, dass es den Eulenmeister aus der Ruhe bringen würde. Aber inzwischen war er sicher, dass etwas geschehen sein musste, was Sonel davon abhielt zurückzukehren. Er konnte nur hoffen, dass Jaryd und Alayna die Nacht überstanden hatten. Wenn das nicht der Fall war, dann war das Schicksal von Baden, Trahn und Orris besiegelt, und das von Tobyn-Ser mit ihnen. Ein lautes Klopfen an der Tür ließ Baden zusammenzucken wie schon das Glockenläuten einen Augenblick zuvor. Er musste sich irgendwie beruhigen. Es wäre nicht gut, wenn Sartol ihn so sah.
    Trahn ging zur Tür und riss sie auf. Im Flur stand Niall, und er war ungewöhnlich bleich unter dem dichten Silberhaar. »Es ist Zeit«, erklärte er, trat beiseite und bedeutete den angeklagten Magiern, auf den Flur hinauszukommen. Er sah keinem von ihnen in die Augen.
    Baden folgte Orris und Trahn nach draußen und spürte, wie der ältere Mann hinter ihm herging. Die Diener waren weg, aber Nialls grimmiges Schweigen war wie eine fünfte Präsenz in dem dunklen Flur, dräute bedrohlich hinter Badens Rücken. Sie gingen an den geschlossenen Türen zu beiden Seiten des Flurs entlang, dann die Treppe hinunter ins Erdgeschoss des Gasthauses und durch die Tavernentür.
    Als Baden ins Tageslicht trat, sah er Tausende von Menschen - eine noch größere Menge als jene, die sich am Tag zuvor versammelt hatte -, die an der Straße vom Gasthaus zur Großen Halle standen. Orris, der vor ihm ging, warf einen Blick zurück, als suche er Trost, und Baden bemerkte die Angst in den Augen des Falkenmagiers. Die öffentliche Demütigung, die sie alle gestern schon hatten ertragen müssen, war für Orris besonders schwierig gewesen, das wusste Baden, und heute würde es nicht leichter werden. Bemüht, das Unbehagen seines Freundes zu lindern und ihm etwas anderes zu geben, worauf er seine

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