Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
Vom Netzwerk:
geführt. In der Ferne, weit hinter den Kriegern, konnte Jaryd das Wasser der Meerenge von Abborij erkennen, und er wusste, dass er sich über Tobyn-Sers Nordebene befand und Zeuge des ersten Krieges mit Abborij wurde. Die Armeen stießen unter Todes- und Angstschreien aufeinander, und beinahe sofort fiel die Armee aus Abborij zurück, ihre Waffen durch Magie zerstört.
    Einen Augenblick später war er an einen anderen Magier gebunden, diesmal an eine Frau, hoch gewachsen und kräftig wie ihr Vorgänger. Ihr silbergraues Haar wehte in einem kalten, stürmischen Wind, und die Cerylle der Magier, die sie begleiteten, glitzerten in der hellen Wintersonne. Wieder näherte sich eine Arme über die Ebene, und diesmal war es eine erheblich größere Streitmacht. Sie marschierte unter einer anderen Fahne als die erste, die aber immer noch als das Banner von Abborij zu erkennen war. Und wieder konnten die Soldaten aus dem Nachbarland die Magier aus Tobyn-Ser nicht bezwingen.
    Dann eine weitere Magierin. Sie war jung und zierlich gebaut, aber nicht weniger leidenschaftlich als ihre Vorgänger bei der Verteidigung des Landes. Die feindliche Armee, die durch den grauen Nebel auf sie zukam, war größer als die ersten beiden zusammen, und die Magie der Magier, die die Frau befehligte, brauchte viel länger, um sich durchsetzen zu können. Aber sie setzte sich durch. Er sah die Menschen von Tobyn-Ser über den Sieg jubeln und um die Toten weinen. Er sah Glenyse auf den Schultern eines riesigen bärtigen Mannes sitzen, der mit einer Axt bewaffnet war und blutige Wunden und Striemen an Stirn und Armen hatte. Dieser Mann war zusammen mit den Magiern unterwegs und hatte einen Ceryll, aber er trug keinen Vogel auf der Schulter. Und in der abgelegenen Ecke seines Geistes, die immer noch ihm gehörte, erkannte Jaryd diesen Mann als Phelan, den Wolfsmeister, der Kalba, seinen eigenen Vertrauten, kurz vor der dritten Abborij-Invasion verloren und geschworen hatte, sich nie wieder zu binden.
    Anderer Bilder spülten über ihn hinweg. Leben um Leben um Leben. Es schien beinahe, als würde er sich nicht an einen einzelnen Vogel binden, sondern an viele, die alle ihre eigenen Erinnerungen und die der Magier, die sie geliebt hatten, mitbrachten. Er sah Szenen aus dem Leben der drei Adlerweisen, die so rasch in seinem Kopf aufblitzten, dass er keine Zeit hatte, sie zu interpretieren, keine Zeit zu unterscheiden, aus welchem Leben sie stammten. Er wartete darauf, dass sich ein Muster herausbildete, dass die Bilderflut wieder begann, wie es bei seiner Bindung an Ishalla geschehen war. Aber hier gab es kein Ende, es gab nichts zu begreifen. Ja, er hatte schon eine Bindung hinter sich. Aber nichts hätte ihn auf dieses Erlebnis vorbereiten können. Er wurde von dieser Flut weggetragen. Er ertrank darin.
    Und als er schließlich ein vertrautes Bild erkannte und spürte, dass endlich ein Muster auftauchte, dass es doch ein Ende geben würde, war er beinahe zu erschöpft, um sein eigenes Bewusstsein wiederzufinden. Jaryd spürte abermals, wie der Adler seinen Geist berührte und ihn ein wenig schubste, als wollte er ihn aus dem Schlaf wecken. Als sich Jaryd diesmal öffnete und dem Vogel seine Erinnerungen und Gefühle darbot, wie der Adler es für ihn getan hatte, akzeptierte er das. Wieder sah er den Adler fliegen, jagen, kämpfen, aber diesmal war sein eigenes Leben mit dem des Vogels verwoben. Die Bilder vom Krieg mit Abborij kehrten nicht zurück, und als Jaryd die Bilder des Lebens dieses Vogels wieder sah, begriff er, warum. Es waren nicht wirklich die eigenen Erinnerungen des Adlers gewesen. Das hier war nicht derselbe Vogel, der sich an Fordel, Decla und Glenyse gebunden hatte, an die drei Adlerweisen. Aber irgendwie verfügte dieser Adler - Jaryds Adler, der sich ihm nun als Rithlar vorstellte - auch über deren Erinnerungen. Es war unmöglich. Die Kriege lagen hunderte von Jahren zurück. Aber Jaryd wusste, was er gesehen hatte. Rithlar schien seine Zweifel zu spüren, denn einen Augenblick später sah er wieder die Armeen, und die Folge von Ereignissen wiederholte sich exakt so in seinem Kopf wie kurze Zeit zuvor. Dann verstand er.
    »So wurde es dir überliefert«, sagte er laut.
    Seine Stimme brach den Bann, den ihre Bindung gewoben hatte. Plötzlich befand sich Jaryd wieder auf dem Weg, der in die Stadt führte. Es war vorüber. Er spürte die Präsenz des Adlers in seinem Kopf, und er wusste, dass sie aneinander gebunden waren.
    Jaryd

Weitere Kostenlose Bücher