Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
schnarrenden Stimme. Dabei zog er die einzelnen Worte unnatürlich in die Länge. Snip atmete noch einmal tief durch, dann antwortete er: „Wir sind gekommen, um mit dem Hausherrn, dem ehrwürdigen Magier, zu sprechen. Wäre es möglich, dass ihr uns zu ihm führt?“ Der Gesichtsausdruck des Mannes blieb unverändert. Weiterhin musterte er sie ausgiebig mit seinen kleinen grauen Augen. „Folgt mir!“, sagte er dann schließlich nach einer kurzen Pause, öffnete die Tür vollständig und winkte die Besucher hindurch. Die Gefährten ließen sich nicht zweimal bitten. Hinter ihnen verschloss der Mensch die Tür wieder. Anschließend schob er sich an den anderen vorbei und ging voraus. Sie befanden sich jetzt in einem kleinen Flur, der sie direkt auf eine weitere Tür zuführte. Auch links und rechts gingen Türen ab, doch die waren geschlossen, so dass nicht zu erkennen war, was dahinter lag. Die Tür am Ende des Flures öffnete sich in ein Treppenhaus. In schier endlosen Windungen führte eine steinerne Wendeltreppe in die Tiefen des Turmes. Mit flinken Schritten marschierte ihr Führer voran. Mehrere Stockwerke stiegen sie hinab, bis sie schließlich vor einer weiteren Tür stehen blieben, deren Beschläge aus fein gearbeiteten Messingapplikationen bestanden. Der Mann schnappte sich sein Schlüsselbund und suchte nach dem richtigen Schlüssel. Dann schloss er die Tür auf. Vor ihnen öffnete sich ein geräumiges und nobel eingerichtetes Zimmer. Auch hier gab es keine Fenster. Das Licht kam vielmehr von zwei exquisit gearbeiteten Leuchtern, die von der Decke herab hingen. Die gegenüberliegende Wand wurde von einem mächtigen Kamin dominiert. Ein gemütliches Feuer brannte darin und sorgte dafür, dass der Raum von einem heimeligen Geruch erfüllt wurde. Vor dem Kamin stand ein mit Schnitzereien reich verzierter Tisch. Darum gruppierten sich sechs mit rotem Samt gepolsterte Armsessel. Kostbare Teppiche bedeckten den Boden, und an der Wand zu ihrer Rechten hingen mehrere Gemälde von fein gekleideten Personen. Vermutlich eine Ahnengalerie oder so etwas. In der linken Wand befand sich eine weitere Tür. „Nehmt bitte Platz.“, forderte der Mann sie auf und wies auf die Sessel, „Ich werde meinem Herrn bescheid sagen. Tut mir und euch aber bitte den Gefallen und fasst inzwischen nichts an.“ Mit diesen Worten verschwand er durch die Tür, die hinter ihm sanft ins Schloss fiel. Die drei ließen sich nicht lange bitten und setzten sich hin. Das Gefühl, das die bequemen Sessel vermittelten, war ungewohnt, aber sehr angenehm. Und so lehnten sie sich zurück und genossen den Moment. Wie lange sie dort saßen, konnten sie im Nachhinein gar nicht so genau sagen, aber es hätte gerne noch ein wenig länger sein können.
Schließlich öffnete sich die Tür erneut und der Magier trat ein. Er hatte sich zwar noch nicht vorgestellt. Dennoch wussten sie augenblicklich, um wen es sich hier handelte. Der Magier hatte eine schlanke, feingliedrige Gestalt; nicht allzu groß, dennoch beherrschte er mit seiner Präsenz vollständig den Raum. Er trug einen schlichten dunkelblauen Mantel mit weiten Ärmeln, der einen starken Kontrast zu seinem hellen Gesicht bildete. Seine ebenmäßigen Gesichtszüge wirkten einfach edel. Offenbar ein Erbe seiner elfischen Vorfahren. Das verrieten seine spitz zulaufenden Ohren, die unter den kurz geschnittenen flachsblonden Haaren hervorschauten. Allerdings gehörte er nicht zu den reinrassigen Elfen, sondern trug auch menschliches Blut in sich: ein Mischling. Mit seinen strahlend blauen Augen fixierte er die drei Besucher und schien sie genauestens zu analysieren. Dann trat er auf sie und begrüßte sie. „Seid willkommen in meinem bescheidenen Heim. Mein Name Carendius.“ Dabei nickte er ihnen freundlich mit dem Kopf zu. „Ihr habt euch die Mühe gemacht, mich aufzusuchen. Was kann ich denn für euch tun?“ Snip verbeugte sich vor dem Magier und stellte sich und seine Gefährten vor. Dann nahmen sie alle vor dem Kamin Platz. Ohne große Umschweife kam Snip zur Sache. Er griff in seine Weste, zog das Amulett heraus und legte es vor Carendius auf den Tisch. „Wir möchten gerne so viel wie möglich über dieses Amulett erfahren. Man hat uns gesagt, dass ihr genau der richtige seid, um solche Informationen zu beschaffen.“ „Ihr ehrt mich.“, sagte der Magier bescheiden und nahm sich vorsichtig das Amulett. Mit geübtem Blick betrachtete er es von allen Seiten, strich fast zärtlich mit den
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