Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
zusammen und fiel leblos auf die Planken. Der verbliebene Matrose sank auf seine Knie, streckte die Hände hoch und flehte Nogg um Erbarmen an. ‚Erbärmlicher Wicht!’, dachte der Ork bei sich. Dann packte er den Mann, hob ihn hoch und warf ihn kurzer Hand über Bord. „Dann zeig mal, wie gut du schwimmen kannst, du Wasserratte!“, rief er hinter ihm her. Kurz darauf verschwand er im Dunkel der Nacht. Snip war in der Zwischenzeit zu Bikka herübergelaufen, um ihn zu untersuchen. Zu seiner Erleichterung hatte der Wolfsreiter nur eine dicke Beule am Kopf. Ansonsten schien er unversehrt zu sein. Kurz darauf kam er auch schon wieder zu sich. Sein Schädel dröhnte mächtig. Gemeinsam räumten sie das Schiff auf. Die beiden Leichen flogen als Fischfutter über Bord. Dann realisierten sie allmählich ihre Lage. Hilflos schauten sie sich gegenseitig an. Keiner von ihnen hatte jemals ein Schiff gesteuert. Ein leichter Anflug von Panik stieg in ihnen auf. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, den Matrosen nicht über Bord zu werfen. Aber für solche Gedankenspiele war es jetzt zu spät. Snip stellte sich kurzerhand ans Ruder und versuchte das Boot zu steuern. Er musste einfach Ruhe bewahren und sie sicher ans Ziel bringen. Und solange der Wind aus der richtigen Richtung kam, sollte das mit dem Steuern einigermaßen funktionieren. Mit Hilfe seines Kompasses würden sie auch die richtige Himmelsrichtung finden. Alles andere blieb abzuwarten. Und sie mussten gar nicht lange warten. Denn der Wind frischte gegen Morgen wieder auf . Je weiter sie segelten, desto höher wurden die Wellen. Zudem zogen dunkle Wolken am Himmel auf. Ein Blitz zuckte am Horizont auf. Es donnerte. Dann begann es zu regnen. Der Wind nahm noch mal an Stärke zu. Ein ausgewachsener Sturm entwickelte sich. Das Boot schaukelte hin und her. Wasser spritzte hoch. Die drei Grünhäute klammerten sich an allem fest, was sie nur irgendwie greifen konnten. Die Kontrolle über das Boot hatten sie längst verloren. Eine mächtige Welle überrollte das Boot. Für einen kurzen Moment war es gar nicht mehr zu sehen. Doch dann tauchte es wieder auf. Nogg schrie laut: „Orks gehören nicht aufs Wasser!“ und stampfte mit dem Fuß auf wie ein trotziges Kind. Da kam auch schon die nächste Welle. Snip spuckte das Wasser aus, das ihm in den Mund gelaufen war. Es schmeckte salzig und nach Fisch. Nicht unbedingt seine Geschmacksrichtung. Schritt für Schritt kämpfte er sich zu den beiden anderen vor, die am Mast standen und sich daran festklammerten. Wenn sie schon untergehen sollten, dann wenigstens gemeinsam. Gerade hatte er ihn erreicht, da brach der Mast unter der Wucht von Wind und Wellen ab. Krachend stürzte er zur Seite und hing ein gutes Stück über Bord. Das Boot bekam Schlagseite und drohte zu kippen. Nogg zog seine Axt und hieb wie ein Wilder auf die Seile, mit denen der Mast noch am Schiff fest hing. Eins ums andere durchtrennte er, aber das Schiff neigte sich immer weiter. In seinem Kampf gegen den Mast bemerkte er gar nicht, wie eine gigantische Welle sich direkt vor ihnen aufbaute. Mindestens zwanzig Meter hoch türmte sie sich auf. Snip und Bikka starrten sie mit weit aufgerissenen Augen an, unfähig noch irgendetwas anderes zu tun oder zu denken. So sah also ihr Tod aus. Mit einem donnernden Geräusch rollte die Welle auf sie zu wie ein alles verschlingendes und zermalmendes Monstrum. Im nächsten Moment hatte sie bereits das Boot erreicht. Die Reling brach, die Planken knickten wie Streichhölzer weg. Alles flog auseinander. Das Wasser war überall. Snip rang verzweifelt nach Atem, griff wild um sich in der Hoffnung, noch irgendetwas packen zu können. Aber es riss ihn einfach weg. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie Bikka an ihm vorbeitaumelte. Dann wurde es dunkel um ihn.
Kapitel 29
Sanft plätschernd umspülte das lauwarme Wasser Snips Beine. Der Goblin lag bäuchlings im nassen Sand und streckte alle Viere von sich. Ein kleiner brauner Krebs kletterte keck über seinen Rücken. Ganz langsam kehrte das Leben in seinen geschundenen Körper zurück. Mühsam öffnete er die Augen und blinzelte gegen das helle Licht an. Viel konnte er aus dieser Position nicht erkennen. Vorsichtig hob er den Kopf. Ein fieser Schmerz durchzuckte ihn, ausgehend von seinem Nacken bis hinab in seine Beine. Er stöhnte auf, was ihm zusätzliche Schmerzen bescherte. Ganz langsam überprüfte er die Funktionsfähigkeit seiner Gliedmaßen. Die Arme ließen sich
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