Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
die Ausrüstung zu überprüfen, und Olrig wollte sich mit seinem Volk absprechen. Rowarn blieb noch im Zelt.
»Du solltest nicht reingehen und kämpfen«, sagte er fast flehend zu Noïrun, der die Steine zurück in die Schale warf und die Pläne zusammenrollte. »Du bist unser Heermeister, der wichtigste Mann von Ardig Hall. Mit dir steht und fällt alles. Wir können jeden einzelnen Mann entbehren, niemals aber dich.«
»Seit Tagen redet Olrig auf mich ein«, meinte Noïrun lächelnd, während er alles in der Truhe verstaute. »Was sage ich da: seit Jahren. Hat es ihm etwas genützt?«
Rowarn machte ein verzweifeltes Gesicht. »Aber warum tust du das? Keiner von uns hätte so eine Schlacht vorbereiten können wie du! Es ist doch nicht notwendig, dass du dich in Gefahr bringst! Uns allen würde der Kampf leichter fallen, wenn wir dich in Sicherheit wüssten.«
»Ich verstehe das«, sagte der Fürst. »Und ihr habt recht in allem, auch das weiß ich.« Er ging zu Rowarn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Aber es ist meine Art, zu kämpfen. Ich bin als Krieger ausgebildet, in vielen Jahren harten Studiums. Ich kann nicht danebenstehen und zusehen. Und ich will diesem verdammten Mistkerl Femris auch noch die andere Schulter durchbohren, für all das Leid, das er uns beschert hat. Für das, was er meiner Königin angetan hat, die das Sinnbild des Friedens war. Es war mir nie vergönnt, sie kennenzulernen, doch es ist mir, als wäre ich ihr nahe gewesen. Ich werde nicht tatenlos dastehen und zusehen, wie gute Frauen und Männer erschlagen werden, weil sie dem Feind unterlegen sind. Ich werde nicht verlieren, Rowarn. Diesmal nicht.«
»So hat jeder auf seine Weise einen besonderen Grund, für Ardig Hall einzutreten, nicht wahr?«, fragte Rowarn leise.
»O ja, selbst Tamron.« Noïrun ließ seine Schulter los. »Jeder von uns. Und deshalb habt ihr genauso auch unrecht: Denn jeder ist ersetzbar, solange nur einer bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen.« Er machte sich auf den Weg zum Ausgang. »Ich habe euch übrigens beobachtet, dich und Tamron. Ihr ergänzt euch perfekt: Zusammen seid ihr unschlagbar. Die meiste Hoffnung setze ich daher in euch. Das ist mein Ernst.« Er winkte Rowarn. »Komm jetzt, verschließen wir das Zelt und bereiten uns auf morgen vor.«
Als Rowarn neben ihm war, schien es, als wolle er noch etwas sagen. Aber stattdessen ging er hinaus, den jungen Mann vor sich herschiebend, und verschloss das Zelt von außen. Ohne seinen ehemaligen Knappen weiter zu beachten, betrat der Fürst seine Unterkunft.
In aller Frühe, noch vor Sonnenaufgang, begannen sie mit der Aufstellung. Das war nicht einfach, denn in der Nacht hatte sich der Himmel zugezogen, und es war entsprechend finster. Die Luft roch nach Regen, und ein Wind kam von Westen auf.
Die Pferde waren still, nachdem Rowarn einige eindringlich »ins Gebet« genommen hatte, wie er flüsternd erklärte. Er wollte sich allerdings nicht dazu herablassen, Genaueres preiszugeben. Er erteilte lediglich die Auskunft, dass er diesen Trick von seinen Muhmen gelernt habe.
Im Schutz der späten Dunkelheit, um die zweite Kalte Stunde, rückten sie langsam gegen die magische Mauer vor. Auf der Seite des Feindes war alles still, aber das musste nichts besagen. Möglicherweise wurde das Heer von Ardig Hall schon erwartet.
Rowarn hörte sein Herz in der Kehle klopfen, als er auf Windstürmer stieg, voll gerüstet mit Lanze, Bogen und Schwert. Olrig und er nahmen den Fürsten in die Mitte, hinter ihnen reihte sich Tamron ein. Er ritt einen isabellfarbenen Wallach, der in den vergangenen Tagen im Lager seinem Herrn auf Schritt und Tritt gefolgt war und es jetzt anscheinend kaum erwarten konnte, so temperamentvoll schritt er aus.
Als sie auf den weißlich schimmernden Wall zuritten, zeigte sich das erste fahle Licht am Himmel, ein Schattenriss geballter Wolken, die vom Wind gejagt immer schneller dahinzogen, ab und zu Blitze verschießend. War dies nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Seit langem hatte es nicht mehr geregnet, und ausgerechnet heute würde es wohl dazu kommen. Rowarn erinnerte sich, dass es bei der Schlacht mit den Warinen ganz ähnlich gewesen war – zuerst Regen, dann Nebel. Als ob Lúvenor selbst die Sonne schützend verdeckte, damit sie dem Blutbad nicht zusehen musste.
»Sie sind bereit«, flüsterte Tamron hinter ihnen, der noch schärfere und ebenso nachtsichtige Augen hatte wie Rowarn. »Eine dunkle, leicht
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