Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Krankheiten und Verwundungen einsetzen sowie zur Verstärkung von Magie. Die Königsweide war Lúvenors heiliger Baum, sein Geschenk an Waldsee. Auf der ganzen Welt gab es wahrscheinlich nur noch zwanzig Stück, und jeder einzelne Baum wurde von einem Wächter aus einem der Alten Völker gut behütet und vor den Augen anderer verborgen.
Seit Rowarn dies wusste, hatte er jedes Mal ein Gefühl von Erhabenheit und Stolz, wenn er Weideling betrat. Stolz, auserwählt zu sein, hier im Schutz des Baumes leben zu dürfen, so nahe dem alten Schöpfergott. Er hatte angenommen, dass die Königsweide seine Schuld erkennen und ihm keinen Zutritt mehr erlauben würde, oder auf irgendeine andere Weise ihre Ablehnung zeigte. Doch das war bisher nicht geschehen. Und das war eine Hoffnung, an die er sich trotz aller Selbstzweifel nach dem schrecklichen Mord an Anini klammerte.
Er atmete tief durch, als er den Vorhang durchschritt, den weichen Moosteppich unter den Stiefeln fühlte.
»D-diese Stechviecher da«, begann Olrig misstrauisch hinter ihm, und Rowarn lachte leise.
»Geht einfach nur hindurch, schlagt nicht um Euch und verharrt nicht, dann wird Euch nichts geschehen. Die Stechviecher, wie Ihr sie nennt, wollen süßen Honigseim, keinen strohigen grauen Bart, der vor Trockenheit knistert.«
»Bist ein mutiger Junge, so mit mir zu reden«, brummte Olrig, aber seine Stimme klang eher amüsiert als gereizt.
»Und du bist ein kluger Mann, wenn du diesmal auf ihn hörst«, meinte Fürst Noïrun.
Da erreichten sie bereits den Vorplatz, wo Rowarn die beiden Männer anwies, ihre Stiefel zu reinigen. Sie brauchten eine Weile, denn sie betrachteten fasziniert die beiden Velerii, die geschickt ihre Hufe auskratzten.
Schattenläufer öffnete die Tür und ließ Schneemond vor sich eintreten. Sie zogen die Köpfe ein, und die Menschen folgten eilig nach.
Drinnen sahen sich die Gäste staunend um, denn auch da war es grün gesprenkelt mit Blättern, hell wie in einem lichten Wald und angenehm warm. Sie standen auf dem fest gestampften Boden eines großen Wohnraums, der zugleich eine Kochstelle mit Kamin barg. Zwei große Halbliegen, mit dunkelgrünem Samt bezogen, standen an einer Wand, daneben ein sehr niedriger, im selben Stoff bezogener Sessel.
Auf einem kaum eine Handspanne hohen Tisch standen edle Porzellanschalen mit Trockenfrüchten, Nüssen und getrockneten Pilzen mit Kräutern. In Kandelabern an den Wänden und auf dem Tisch steckten Kerzen aus Bienenwachs. Fein geschnitzte, liebevoll bis ins Detail ausgearbeitete, lebensechte Holzfiguren standen überall herum, auf dem Boden oder auf Podesten, von klein bis fast lebensgroß: Drachen, Einhörner, Kometenrösser und Flammenmähren, Panther, Sternwölfe, Echsen und Schlangen, aber auch mystische Gestalten, Götter, Unsterbliche, und einige Symbole des Träumenden Universums, die Kurzlebigen kaum bekannt waren.
Die beiden Krieger waren voller Bewunderung, während sie die Figuren betrachteten. »Wer beherrscht diese große Kunst?«, fragte Olrig fast andächtig.
Schattenläufer lächelte. »Lebt man lange genug, lernt man das eine oder andere«, gab er sich zu erkennen.
Fürst Noïrun strich sacht über die anmutige weibliche Gestalt eines Sternenkindes, die trotz des schweren Holzes ätherisch wirkte. »Ich habe schon solche Figuren auf meinen Reisen gesehen«, bekannte er. »In den Thronhallen von Burgen und Schlössern, mit Ketten gesichert.«
»Ersatz ist schnell beschafft«, meinte der Pferdmann leichthin. »Es sind nur Figuren, mehr nicht.«
»Hohe Kunst ist das!«, schnaubte Olrig. »Perfekt und wunderschön. Ihr braucht nicht bescheiden zu sein, edler Schattenläufer! Ich bin sicher, andere verdienen ihr Auskommen allein durch den Handel mit Euren Werken.«
Rowarns Muhme lachte, während er zwei dicke Sitzteppiche am Tisch verteilte. »Wir haben leider nur einen Sessel, aber ich bin sicher, ihr werdet es auch so bequem haben.«
Schon wieder staunten die Gäste und betrachteten ausgiebig die Teppiche. Diese waren auf der Oberseite mit Seide fein geknüpft und glänzend, an der angefügten Unterseite aber mit Flachs oder Wolle weich geknotet. Die Oberseite zeigte farbenfrohe, ineinander verschlungene, mystisch anmutende Muster.
»Das ist doch zu schade zum Sitzen!«, protestierte Olrig.
Nun war es an Schneemond, zu lachen. »Sie halten eine Menge aus, denn sie sind aus feiner Spinnenseide, nahezu unzerstörbar, und selbst die Farben bleichen kaum. Macht euch
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