Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Schulter zu schlagen, hielt sich aber gerade noch zurück. Allmählich gewann sein kühler Verstand die Herrschaft zurück. Seine Schultern sanken nach unten. Erschöpft nickte er. »Ist schon gut, Olrig, es ist vorbei.«
»Schön.« Der Zwerg drückte seine Schulter noch einmal und zog die Hand dann zurück.
Noïrun blickte zu Angmor. »Und was hast du mit Heriodon zu schaffen?«, fauchte er. So erregt und wütend auf den Visionenritter war er doch noch, dass ihn ehrenvolle Anreden und Distanz nicht mehr kümmerten. »Und Arlyn?«
»Dein Blick reicht tief«, sagte der Visionenritter und nahm den geänderten Umgangston an.
Noïrun winkte zornig ab. »Ein Opfer erkennt Seinesgleichen. Und ich glaube, es gibt kaum jemanden, der nicht bei der Nennung dieses Namens zusammenzuckt. Also, erklär es mir!«
»Heriodon ist ein besonders mächtiger Warine«, fing Angmor an. »Sein Vater gehörte zu den Ersten, die den Blutsbund mit den Dämonen eingingen, und er wurde damals zum Herrscher des neuen Volkes. Heriodons menschliche Mutter kam viele Jahre später als Sklavin zu ihm ins Schloss. Der alternde Herrscher tat ihr auf die übliche Weise Gewalt an, doch mit weitreichenden Folgen, die sich zehn Mondwechsel später in Gestalt des neugeborenen Bastards offenbarten. Trotzdem erkannte der Herrscher seinen Spätgeborenen als Sohn an und erzog ihn so grausam, wie es bei Warinen Sitte ist. Heriodon wuchs an dieser Härte mehr als alle anderen, und er sah eine große Zukunft vor sich. Er entwickelte ein besonderes Talent, das ihn zum Herrn der Schmerzen machte. Das Dämonenblut half ihm, geistigen Einfluss auf seine Opfer auszuüben, sobald er sie durch Angst und Schmerz in seine Gewalt bekam.«
»Wann war das?«
»Vor etwa einhundertfünfzig Jahren. Als Heriodon alt genug war, brachte er seinen Vater um. Doch zuvor machte er ihm noch ein besonderes Geschenk und erstattete ihm all die Grausamkeit zurück, die er von ihm die Jahre über erhalten hatte. Das war sein Gesellenstück. Für die Herrscherkrone interessierte er sich nicht, sondern überließ sie einem Bruder. Dann zog er durch die Lande, verdingte sich als Söldner und verfeinerte seine Kunst, bis er zum Meister wurde. Doch plötzlich geschah etwas, das ihn zu läutern schien.«
Angmor machte eine kurze Pause. Es war ihm unangenehm, weiterzusprechen. »Er suchte einen meiner Ordensbrüder auf und bat um Aufnahme. Er versprach, alle Prüfungen auf sich zu nehmen, sah dies als Sühne für seine schrecklichen Taten an. Und zugleich wollte er beweisen, dass die Warinen, erst recht die Mischblütigen, nicht verdammenswert sind.«
Olrig kratzte sich den Bart. »Habt ihr ihm geglaubt?«
»Nein. Heriodon versuchte es mehrmals, aber er wurde abgewiesen. Schließlich musste er einsehen, dass ihm der Beitritt für immer verwehrt sein würde. Da nahm er furchtbare Rache.« Angmor machte eine unbestimmte Geste. »Das war vor etwa hundert Jahren. Er bot Femris seine Dienste an und verlangte den Rang eines Generals. Im Gegenzug wollte er Femris den Orden auf dem Silbertablett servieren.«
»Bei Lugdurs Essen«, stieß Olrig entsetzt hervor. » Er war es?«
Angmor nickte. »Er fand heraus, wo der Sitz des Ordens lag, und hat sie alle umgebracht. Arlyn war die Einzige, die entkam. Sie war damals acht oder neun Jahre alt. Ich selbst war nicht anwesend, was ich mir vorwerfen muss, andernfalls wäre das nicht passiert.«
»Wie ... war das möglich ...« Olrig konnte es kaum glauben.
»Das habe ich nie herausgefunden. Femris und Heriodon mussten sich zu einem gewaltigen Kraftaufwand zusammengeschlossen haben, um sie alle überwinden zu können. Ich erlebte das Sterben aus der Ferne mit, eilte zum Ordenshaus, konnte aber nur noch die Leichen bergen. Arlyn fand ich erst einen Tag später und konnte es kaum glauben, dass sie noch lebte. Sie hat zwei Jahre kein einziges Wort gesprochen, und als sie sich dann dem Leben zuwandte, hat sie weitere fünfzehn Jahre gebraucht, bis sie mit mir darüber reden konnte. Wobei sie zwar den Tod der Eltern miterlebt hatte, nicht aber das Gemetzel an den anderen. Doch das war unendlich grausam genug, um sie fürs Leben zu zeichnen.«
»Dann bist du also tatsächlich der Letzte deines Ordens?«, sagte Noïrun.
»Ich bin der letzte Visionenritter, wie es allgemein verbreitet wird«, bestätigte Angmor.
»Und nun ist Heriodon Femris’ Heermeister«, erklang unerwartet Rowarns Stimme, und sie wandten sich überrascht zu ihm um. Er war
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