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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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trottete außer Sicht.
    Ray Mosely trat hinter Sue und fasste sie beim Ellbogen. »Man kann es irgendwie fühlen«, sagte er. »Finden Sie nicht?«
    Wenn er die Tau-Turbulenz meinte, dann war ich immun dagegen. Es hing vielleicht ein schwacher Ozongeruch in der Luft, doch das Einzige, was ich mit Gewissheit spürte, war die kühle Brise im Rücken.
    »Der Ort hat was«, sagte Sue. »Aber hier sagen sich die Präriehunde Gute Nacht.«
    Im Laufe des Morgens rückten wir ihm mit Baggern und Planierraupen zu Leibe und radierten weg, was er hatte.
     
    Wie so viele öffentliche Systeme stand auch die zivile Telekommunikation kurz vor dem Blackout. Satelliten fielen aus dem Orbit und wurden nicht ersetzt; Glasfaserkabel wurden alt und brüchig; die alten Kupferleitungen korrodierten. Ich konnte von Glück sagen, dass ich nachts darauf eine Telefonverbindung mit Ashlee bekam.
    Der erste Tag war hektisch, aber erstaunlich produktiv verlaufen. Sues Techniker hatten durch Triangulation das Zentrum der Landung bestimmt, wo zur Zeit die Pioniere planierten und eine Betonplatte gossen, die als Fundament für die tau-empfindliche Apparatur, den sogenannten »Reaktor«, dienen sollte. Es handelte sich natürlich nicht um einen nuklearen Reaktor, jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne, aber das Quäntchen an exotischer Materie, das er produzieren sollte, erforderte ganz ähnliche Abschirmungen, thermische wie magnetische.
    Viele kleinere Fundamente wurden gegossen: einmal für die Dieselgeneratoren, die Strom für den Reaktor bereitstellen sollten, und dann noch für die kleinen Generatoren, die unsere Lampen und die Elektronik versorgen sollten. Bis zum zweiten Sonnenuntergang hatten wir unser abgeschiedenes Stück Hochland in eine Großbaustelle von beinah viktorianischer Trostlosigkeit verwandelt und eine erstaunliche Anzahl an Eselhasen, Präriehunden und Schlangen vertrieben. Unsere Lampen glühten in der Finsternis wie die Wachfeuer der Crow, Blackfoot, Sioux oder Cheyenne; allgegenwärtig die Gerüche von flüchtigen Substanzen und Kunststoff.
    Sue hatte mich zum Beobachtungsposten befördert, doch das war so offensichtlich eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, dass ich den Job gegen den nicht so bezaubernden, aber unendlich viel nützlicheren des Latrinenaushebens und Kalkschleppens eingetauscht hatte. Knapp vor Sonnenuntergang und betäubt vor Erschöpfung, ging ich mit meinem Palmtop unter den Felssturz, wo der Boden anstieg, und stellte die Verbindung mit Ashlee her. Für eine Bildübertragung reichte die Bandbreite nicht, was aber weiter nicht schlimm war. Wenn ich nur ihre Stimme hörte.
    Alles sei in Ordnung, sagte sie. Mit dem Geld, das Hitch vorgeschossen hatte, waren längst überfällige Rechnungen bezahlt worden, und sie hatte Kaitlin zweimal ins Kino eingeladen. Sie verstehe nicht, warum es nötig gewesen sei, ihr Morris Torrance als Aufpasser dazulassen – er sitze draußen vor dem Apartment in seinem Wagen. Nicht, dass er ihr zur Last falle, aber sie fühle sich überwacht.
    Sie wurde überwacht. Sue hatte geargwöhnt, kuinistische Elemente könnten ihr bis Minneapolis nachgespürt haben, und ich hatte mir daraufhin Schutz für Ash ausbedungen – der die Gestalt des ehrwürdigen, aber gut geschulten Morris Torrance angenommen hatte, der ohne zu jubeln seine Pflicht tat. Solange auch nur der leiseste Zweifel an Ashlees Sicherheit bestand, wollte ich sie nicht schutzlos ausgeliefert wissen; Sue hatte Morris damit beauftragt.
    »Er ist ja ganz nett«, meinte Ash. »Trotzdem nervt es, wenn du von früh bis spät beschattet wirst.«
    »Wenn ich zurück bin, ist der Spuk vorbei.«
    »Und wenn ich das nicht aushalte?«
    »Denk an meinen Seelenfrieden.«
    »Und du an meinen.«
    »Ich tu, was ich kann.«
    »Und? Wie… denn Wyoming?«
    Der Signalausfall verschluckte ein, zwei Silben, aber ich wusste, was gemeint war. »Schade, das du es nicht sehen kannst. Eben ist die Sonne untergegangen. Es riecht nach Beifuß.« Es roch nach Kreosot und Kalk und heißem Metall, doch ich zog es vor zu lügen. »Der Himmel ist fast so schön wie du.«
    »…ödsinn.«
    »Ich habe den ganzen Tag Latrinen ausgehoben.«
    »Das klingt…istischer.«
    »Du fehlst mir, Ash.«
    »Du mir auch.« Sie hielt inne, und ich hörte ein Geräusch wie von einem Bewegungsmelder; dann sagte sie: »Ich glaube, da ist jemand an der Tür.«
    »Ich rufe morgen wieder an.«
    »… morgen«, hörte ich noch, dann riss die Verbindung endgültig ab.
    Am

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