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Die Chronolithen

Die Chronolithen

Titel: Die Chronolithen Kostenlos Bücher Online Lesen
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keine alte Schuld, Hitch. Du hast mir das Geld vorgeschossen, damit ich Thailand verlassen konnte. Und dafür sollte ich dir diesen einen Gefallen tun, und dazu ist es nicht gekommen.«
    »Jaja, aber du hast es doch versucht, oder?«
    »Ich war da, wo du gesagt hast.«
    »Easy’s Packages and Parcels?« Hitch grinste dieses Grinsen, das mich früher schon immer aufgebracht hatte.
    Ich sagte: »Ich bin hin, aber dann…«
    »Du hast dem Burschen meinen Namen genannt?«
    »Ja sicher…«
    »Älter, graues Haar, ziemlich groß, kaffeebraun?«
    »Kann schon sein. Aber da war kein Paket, Hitch.«
    »Was? Das hat er gesagt?«
    »Hm.«
    »War er freundlich?«
    »Im Gegenteil.«
    »Er war also gereizt, richtig?«
    »Hat praktisch zur Waffe gegriffen.«
    Hitch nickte mehrmals. »Gut… gut.«
    »Gut? Dann hatte das Paket Verspätung, oder was?«
    »Nein. Scotty, es hat nie eins gegeben.«
    »Das, was ich für dich abholen sollte?«
    »Hat es nicht gegeben. Tut mir Leid.«
    Ich sagte: »Aber das Geld, das du mir…«
    »Nimm’s mir nicht krumm, aber ich fand, dass du in Minneapolis besser aufgehoben warst. Ich meine, wie du da am Strand herumgelungert bist, Janice und Kaitlin auf und davon; du hast ganz schön gesoffen, mein Lieber, und Chumphon war nicht der richtige Ort für einen betrunkenen Amerikaner, zumal die ganzen Pressefritzen ringsherum auf legale Art geplündert wurden. Ich hatte Mitleid mit dir. Ich hab dir die Kohle gegeben. Ich hatte genug davon: Die Geschäfte liefen gut. Aber schenken, das war nichts für dich. Und leihen, das war nichts für mich. Ich wollte nicht, dass du mir auflauerst, nur um deine Schulden zu bezahlen. Was du getan hättest, gib es ruhig zu. Also hab ich mir die Sache mit dem Paket ausgedacht.«
    »Du hast dir das ausgedacht?«
    »Tut mir Leid, Scotty, du hast bestimmt gedacht, du wärst so was wie ein Trojaner für Drogen, und das fand ich nun wieder amüsant. Ich weiß doch, welchen Wert du auf deinen gebildeten, moralinklaren Lebenswandel legst. Ich dachte, ein kleines Dilemma brächte ein bisschen Abwechslung in dein Leben.«
    »Nein«, sagte ich, »das ist Stuss. Der Bursche in dem Laden kannte deinen Namen… und du hast ihn mir vorhin beschrieben.«
    Ich fuhr in den Sonnenuntergang hinein, und eben gingen die Lichter der Armaturen an. Die Luft, die durchs offene Fenster hereinwehte, war kühl und roch relativ frisch. Hitch ließ sich Zeit mit der Antwort.
    Dann sagte er: »Ich will dir eine kleine Geschichte erzählen, Scotty. Meine Kindheit fand in Roxbury statt, bei meiner Mom und meiner kleinen Schwester. Wir waren arm, aber das war noch, als die Stütze gerade ausreichte, um über die Runden zu kommen, vorausgesetzt man ging gut um mit den Sachen. Ich hab das nicht als schlimm empfunden, ich wusste es nicht anders und war glücklich mit dem, was ich hatte und… na ja, so hab mitgehen lassen, du weißt schon. Aber meine Mom war eine einsame Frau, und als ich sechzehn war, hat sie diesen toughen Scheißkerl namens Easy G. Tobin geheiratet. Easy betrieb einen Zustelldienst und dealte hintenherum mit Koks und Methamphetaminen. Ich will ihm zugutehalten, dass er sie nicht ein einziges Mal geschlagen hat – oder mich oder meine Schwester. Er war kein Monster. Er hat auch die Drogengeschäfte von uns fern gehalten. Aber er war hundsgemein. Ich meine, in dem, was er sagte. Er brauchte nicht laut zu werden, mit ein paar Worten konnte er einen fertigmachen, weil – er wusste immer ganz genau, was man auf den Tod nicht ausstehen konnte. Er tat das mit mir und er tat das mit meiner Schwester, aber wir waren zweite Liga. Hauptsächlich machte er es mit Mom. Bis ich ein paar Jahre später von zu Hause fort wollte, hatte ich mehr Tränen gesehen, als mir lieb war. Mom wollte ihn loswerden, aber wie? Easy hatte noch ein paar Ladies in Reserve. Eines Tages sind wir ihm nachgegangen – also ich und ein paar Kumpels – und sind rein in das Haus der Freundin und haben ihm ein bisschen auf die Finger geklopft. Wir haben ihn nicht bewusstlos geschlagen, aber wir haben ihm Angst gemacht und ihm ordentlich was verpasst und ihm geraten, sich ja nicht wieder blicken zu lassen oder wir würden beim nächsten Mal etwas kräftiger zulangen. Er war einverstanden, er habe mich und meine Schwester satt und Mom sei verbraucht – seine Worte – und er habe sowieso abhauen wollen, und ich sagte, ich würd ihn im Auge behalten. Er sagte: ›In einer Woche weiß ich nicht mehr, wie du heißt, du kleines

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